1044 - Die Braut des Engels
das ist…«
»Mach schon!«
Der Vierschrötige gehorchte. Er lag dort flach wie ein Flunder und traute sich nicht einmal, den Kopf anzuheben und in Sukos Richtung zu schauen. Der Blick war auf den schmutzigen Boden gerichtet.
Suko war froh, daß er nicht unter Beobachtung stand, denn ihm ging es ebenfalls nicht gut. Er hatte mit den Folgen der Schläge zu kämpfen. Immer noch wallten heiße Schauer in ihm hoch. Sein Gesicht rötete sich, er atmete durch den offenen Mund und war längst nicht frei von Schwindel. Doch seine Einstellung und auch die Energie, die ihn vorantrieb, machten sich jetzt bezahlt. Wo andere längst aufgegeben hätten, fing ein Mann wie Suko erst an.
»Du weißt, wo ich sitze. Ich möchte, daß du jetzt zu mir kommst. Langsam und vorsichtig.«
»Soll ich aufstehen?«
»Nein. Du bleibst auf dem Bauch liegen. Du kriechst zu mir wie ein dicker, häßlicher Käfer. Und denk daran, jede falsche Bewegung kann auch deine letzte gewesen sein.«
»Ich weiß, Bulle, ich weiß. Aber freu dich nicht zu früh. Ich bin hier nicht allein im Tempel. Du wirst anderen Kräften begegnen, die stärker, viel stärker sind. Und dann wirst du dir wünschen…«
»Komm her!«
Der Vierschrötige verstummte. Er hatte eingesehen, daß es besser für ihn war, wenn er sich nicht mehr querstellte.
Der Winkel war günstig und für Sukos Aktionen schräg genug. Er würde diesen Hundesohn ausschalten müssen, um freie Bahn zu haben. Der Mann keuchte. Er fluchte auch. Er kroch tatsächlich mit ungelenken Bewegungen über den Boden und schaffte es nicht immer, den Kopf in die Höhe zu halten. Ab und zu sackte er nach unten, so daß er dann mit dem Kinn über die rauhe Fläche hinwegglitt.
Suko sagte nichts. Das Sprechen strengte ihn an. Er hatte mit sich selbst genug zu tun. Er durfte sich auf keinen Fall von den immer wiederkehrenden Schwächeanfällen überraschen lassen. Vor allen Dingen durfte dieser Totschläger nichts merken.
»Weiter, Meister, weiter!«
Keuchend robbte der Typ heran. Sein Gesicht war verzerrt, die Augen zuckten, sie schimmerten feucht. Er hielt nach wie vor die Arme und Beine gespreizt und konnte sich nur deshalb bewegen, weil er sich immer wieder mit den Schultern abstützte.
Suko zielte nach wie vor auf ihn. Nur gut, daß der andere nicht sah, wie sehr die Arme des Inspektors zitterten. Die Zeit wurde ihm lang, die Waffe schien ihr Gewicht verdoppelt zu haben. Er sehnte den Augenblick herbei, an dem der Vierschrötige nahe genug an ihn herangekommen war. Zu riechen war er schon. In seinen normalen Geruch hatte sich noch ein Schweißgestank gemischt, der Suko beinahe den Atem raubte.
Er veränderte seine Position. Die Wand stützte jetzt nicht mehr seinen Rücken an, sondern die linke Schulter an der linken Seite. Dann hob er beide Arme und holte aus.
Der Vierschrötige kroch weiter. Er mußte gesehen, haben, daß er sich bereits Suko sehr stark genähert hatte. Er wollte etwas sagen und öffnete den Mund.
Da schlug Suko zu.
Es war ein wuchtiger Hieb. Ein Treffer, der den Kopf des anderen traf. Der Waffenlauf hinterließ ein dumpfes Geräusch beim Aufprall, und der Schläger zuckte zusammen. Er stöhnte auf. Das Zucken verschwand. Er kroch auch nicht mehr weiter, sondern blieb bewegungslos auf dem Bauch liegen, ohne einen Laut von sich zu geben.
Suko war geschwächt. Dennoch kannte er die Kraft seiner Schläge, und er wußte auch, daß er kein zweites Mal zuschlagen mußte. Die Sache war erledigt.
Tief atmete er durch.
Es tat ihm nicht gut, denn bei jedem Luftholen erwischte ihn wieder der Schwindel. Da bewegte sich der Raum vor seinen Augen hin und her, und aus seinen Poren drang der Schweiß wie kalter Leim.
Er kämpfte gegen die Schwäche an. Er erinnerte sich wieder an die alten Lehren, die ihm in seiner Jugend und Kindheit beigebracht worden waren.
Nur wer sich selbst besiegt, ist auch in der Lage, andere zu besiegen.
Diese Weisheit gab ihm die Kraft, so daß Suko endlich damit beginnen konnte, sich wieder normal hinzustellen. Er brauchte die Wand als Stütze. Er spürte die Schmerzen. Bei jedem Atemzug brandeten sie durch seinen Körper und kamen ihm vor wie lange Feuerzungen, die bis hoch in seinen Kopf schossen.
Zwar wurde ihm noch einmal schwarz vor Augen, aber die Schwäche riß ihn nicht um. Er blieb stehen und erholte sich. In seinem Kopf schlugen die Hämmer, das Gefühl hatte er jedenfalls. Sie trafen immer die gleichen Stellen, doch ihre Nachwirkungen breiteten sich
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