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143 - Rulfan von Coellen

143 - Rulfan von Coellen

Titel: 143 - Rulfan von Coellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Hinter ihnen ertönte ein donnergleiches Brüllen, dann brachen Äste und der Boden erzitterte.
    Im selben Moment begann der Halbwüchsige zu schreien – so schrill, so anhaltend und so jämmerlich, dass Calundula die Tränen in die Augen schossen. Und schließlich, während sie den schweren Geliebten über den Trampelpfad schleppte, hörte sie von fern das Splittern von Knochen zwischen Rottmardfängen.
    Das war der Augenblick, in dem Sharan an ihre Brust griff, nach dem kleinen Metallkasten fasste und ihn mit ausgestrecktem Arm in den Wald richtete.
    Gleichzeitig spurtete sie los. Schnell wie ein Hirsch war sie, und im Vorbeispringen versetzte sie Calundula einen Stoß. Sie und der verletzte PXL torkelten zur Seite, konnten sich aber am Stamm einer alten Eiche festhalten.
    Licht blitzte plötzlich bis hinauf zur Kuppe des Waldhangs.
    Die Druckwelle schleuderte Calundula und PXL ins Unterholz.
    Die Detonation hallte in vielfachem Echo von allen Seiten aus dem Wald.
    Sekunden später richtete Calundula sich auf. Zehn Schritte entfernt stand die Silhouette der Königin, breitbeinig und noch immer den Sender in den Wald gerichtet. Zweihundert Schritte entfernt brannten Unterholz und Baumstämme auf einer Fläche von vielleicht vierzig Metern Durchmesser.
    Guur schritt an Calundula und PXL vorbei zu Königin.
    Gemeinsam legten sie ihre Hochenergiewaffen an und näherten sie sich dem Flammeninferno. Calundula stemmte sich aus dem Gestrüpp und wankte hinter ihnen her.
    In den Flammen lagen die Reste des Halbwüchsigen zwischen drei zuckenden und sich in der Glut krümmenden Rottmards. Der vierte Hundemutant versuchte sich auf den Vorderläufen aus dem Feuer zu schleppen. Doch seine Verletzungen waren zu schwer. Nach einem Meter etwa gab er auf. Sein Schädel und sein Oberkörper sackten zu Boden und die Flammen hüllten ihn ein…
    ***
    Allmählich zeigten sie sich wieder außerhalb ihrer Hütten. Erst die Kinder, dann die jüngeren Erwachsenen, schließlich die Älteren. Die Dysdoorer erwiesen sich als zähe Gewächse. Nur drei Tagen nach der Injektion hatte auch der letzte die Nebenwirkungen des Antivirenmittels überwunden. Überhaupt kam es Rulfan vor, als würde der »Kater« bei den Dysdoorern wesentlich milder verlaufen, als er selbst es erlebt hatte.
    Übelkeit, Magen- und Kopfschmerzen hatten ihn fast umgebracht, bei den Dysdoorern jedoch hielten diese Symptome sich in Grenzen. Möglicherweise lag es auch einfach daran, dass gleich am Tag nach der Masseninjektion Ankela aus dem Wald aufgetaucht und mit einem Schlauch voll Tee von Hütte zu Hütte gezogen war, um den Dysdoorern ihren Heiltrank aufdrängen.
    Im feuchten Rheinwald südlich der Pfahlhüttensiedlung zeigte die Schamanin Rulfan den Baum, aus dessen Rinde sie den heilsamen Tee kochte.
    »Der Silberschleierbaum«, sagte sie. »Die Wandernden Völker in den Westländern nennen ihn ›Weißweid‹.«
    Ankela war eine mittelgroße, kräftig gebaute Frau von vielleicht vierzig Jahren. Ihr graues Haar war dünn und ohne Glanz, ihr runder Kopf saß fast übergangslos auf ziemlich breiten Schultern. Sie hatte Hängebacken, ein Doppelkinn und ausgeprägte Tränensäcke. Selbst wenn sie sprach und einen dabei anschaute, schienen ihre Augen immer halb geschlossen zu sein.
    »Seine Rinde enthält ein Wundermittel, das schon die Alten kannten. Es hilft gegen Entzündungen und Schmerzen.«
    Sie schälte ein langes Stück Rinde ab und erklärte dabei, wie man diese behandeln und wie der Tee aus ihr zubereitet werden musste. Rulfan nahm sich vor, ihr ein Säckchen getrockneter und zu Pulver zerstoßener Rinde abzukaufen, um sie im Labor der Community Salisbury untersuchen zu lassen.
    Zwei junge Männer begleiteten Ankela auf Schritt und Tritt, ihre Leibwächter angeblich. Die Schamanin hatte die Burschen vor Monaten in ihrer Waldhütte aufgenommen, als sie nach Coellen reisen wollten. Ursprünglich stammten sie wohl aus den ausgedehnten Ruinenstädten im Westen.
    Es waren stattliche Männer mit sorgfältig geschmiedeten und mit Edelsteinen verzierten Kurzschwertern in ihren Gurten.
    Über Kettenhemden trugen sie Umhänge, die auf der Schulter von kunstvoll gefertigten Gemmen zusammengehalten wurden.
    Ihr Heimatstamm gehörte angeblich zu dem großen Volk der Poruzzen.
    Rulfan glaubte ihnen. Nur ein oder zwei Mal hatte er einen Poruzzen zu Gesicht bekommen, und das war viele Jahre her.
    Er wusste jedoch, dass der große Stamm aus dem ehemaligen Ruhrgebiet die

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