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48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko

48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko

Titel: 48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Überbringer groß zu beachten. Als er die Zeilen aber gelesen hatte, klärte sich seine ernste, fast finstere Miene zusehends auf. Er reichte Kurt die Hand und sagte:
    „Herr von Magnus empfiehlt Sie mir in sehr freundlicher Weise. Er sagt mir, daß Sie in einer Angelegenheit zu mir kommen, in welcher es mir möglich sein dürfte, Ihnen einen Dienst zu erweisen. Darf ich Sie ersuchen, mir mitzuteilen, in welcher Weise ich mich Ihnen nützlich machen kann?“
    „Es ist eine Angelegenheit zunächst privater Natur“, antwortete Kurt, „kann aber leicht eine Wendung annehmen, welche sie vor das Forum des Kriminalrichters bringt.“
    „Das ist ja das meinige. Es handelt sich also wohl um ein Verbrechen?“
    „Um eine ganze Reihenfolge davon.“
    „Welche erst zu entdecken sind? Ich vermute dies nämlich aus Ihrer Äußerung, daß die Angelegenheit eine Wendung annehmen kann, welche sie vor dem Strafrichter bringt.“
    „In gewisser Beziehung haben Sie sehr richtig geraten, Señor. Welche Verbrechen geschehen sind, das ist so ziemlich festgestellt. Um dieselben zu verdecken, sollen aber neue verübt werden. Den Tätern bin ich auf der Spur, und ich hoffe, sie mit Ihrer freundlichen Beihilfe überraschen zu können.“
    „Ich stelle mich Ihnen zur Verfügung“, meinte der Beamte unter einer sehr freundlichen Verbeugung. „Wenn auch leider gerade jetzt meine Amtsbefugnisse von den gegenwärtigen Verhältnissen sehr tangiert werden, so steht es doch vielleicht in meiner Macht, Ihnen behilflich zu sein. Sagen Sie mir nur, um was es sich handelt.“
    „Es handelt sich um die Angelegenheit einer Familie, die Ihnen wohl bekannt sein dürfte. Oder soll Ihnen Graf Ferdinande Rodriganda unbekannt gewesen sein?“
    „Don Ferdinande? O nein. Ich habe mit ihm sehr oft zu konferieren gehabt.“
    „So kannten Sie vielleicht auch seinen Verwalter oder Geschäftsführer?“
    „Meinen Sie diesen Cortejo?“
    „Ja.“
    „Welcher die Lächerlichkeit begangen hat, eine politische Rolle spielen zu wollen?“
    „Denselben.“
    „Auch dieser ist mir bekannt. Er hat ja sehr dafür gesorgt, daß jedes Kind von ihm wissen muß. Stehen diese beiden Personen in einem Verhältnis zu der Ursache Ihres Besuches bei mir?“
    „Gewiß. Es sind die Hauptpersonen, um welche es sich handelt.“
    „Sie meinen da doch wohl nur Cortejo, da Don Ferdinande doch nicht mehr lebt?“
    Kurt schüttelte den Kopf und antwortete:
    „Ich meine alle beide, denn Don Ferdinande lebt noch; er ist nicht tot, er ist nicht gestorben.“
    Der Beamte blickte erstaunt und überrascht empor.
    „Sie irren“, meinte er. „Oder sollten Sie von diesem Todesfall noch gar keine Kenntnis haben? Ich selbst bin ja bei dem Begräbnis des Grafen zugegen gewesen!“
    „Das glaube ich gern, aber dennoch lebt der Graf. Sie haben nicht eine Leiche, sondern einen Scheintoten begraben helfen.“
    „Das wäre ja ein ganz und gar außerordentliches Vorkommnis. Aber, selbst wenn der Graf scheintot gewesen wäre, könnte er nicht mehr leben, er müßte in seinem Sarg längst gestorben sein. Und dann, wie hätte man erfahren können, daß er lebendig begraben wurde?“
    „O, Señor, er ist nicht in seinem Sarg gestorben, sondern man hat ihn aus demselben genommen, um ihm ein Schicksal zu bereiten, welches noch schlimmer ist, als der Tod. Er ist lange Jahre Gefangener oder vielmehr Sklave gewesen, hat aber doch endlich Gelegenheit gefunden, sich zu retten. Kaum aber ist er in sein Vaterland zurückgekehrt, so scheint ein neues Verbrechen an ihm begangen worden zu sein. Er ist abermals verschwunden.“
    Es war ein eigentümlicher Blick, welchen der Alkalde auf den Sprecher warf. Er schien große Lust zu haben, an dessen Unzurechnungsfähigkeit zu zweifeln, und sagte unter einem sehr unglaublichen Schütteln des Kopfes:
    „Was Sie da behaupten, Señor, das klingt ja fast wie ein Märchen. Darf ich um Aufklärung bitten?“
    „Es ist ja mein Wunsch, Ihnen dieselbe zu geben, vorausgesetzt, daß Sie die nötige Zeit dazu zur Verfügung haben.“
    „Ich habe sie. Nehmen Sie Platz und sprechen Sie!“
    Er setzte sich in seine Hängematte und brannte sich als echter Mexikaner eine Zigarette an. Kurt mußte sich auch eine solche in Brand stecken, und dann, nachdem er sich auf einen Stuhl niedergelassen hatte, begann er zu erzählen. Der Alkalde hörte ihm zu, ohne ihn mit einem einzigen Wort zu unterbrechen. Selbst, als Kurt geendet hatte, machte er keine Bemerkung; er schnellte

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