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999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition)

999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition)

Titel: 999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlo Adolfo Martigli
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verschlossen bleiben und sein Inhalt direkt in einen englischen Trust übergehen. Giovanni hatte bislang noch nicht erfahren, dass sich in dem Sicherheitsfach nur ein Schlüssel und ein Zugangscode für eine Schweizer Bankgesellschaft in Lugano befanden. Von der Schweizer Neutralität bewacht, befand sich das Buch dort tief unter der Erde. »Bewacht von der Schweizer Garde – wenn das der Vatikan wüsste!«, hatte der letzte Hüter vor ihm, sein Vater, einmal scherzhaft gesagt und gelacht.
    Das Sicherheitsfach gehörte zu einem Konto, auf dem ungefähr zwei Millionen Schweizer Franken lagen – eine Reserve, auf die er nun zurückgreifen musste. Das Ende des Antiquariates bereitete ihm jedoch den größten Schmerz. Sobald er das Buch hätte, würde er Notar Lamberti bitten, den Umschlag mit der Schenkungsurkunde, die das Geschäft und alle Bücher der Georgofili-Akademie überließ, zu öffnen. Und dann würde Giacomo für immer von der Bildfläche verschwinden.
    Aber auch Giovanni musste verschwinden. Momentan war er in Sicherheit, aber nicht mehr lange: Die, die ihm die Falle gestellt hatten, mussten Giovanni nun für immer zum Schweigen bringen, wenn sie nicht entdeckt werden wollten. Giacomo musste so schnell wie möglich diese Elena finden, bevor es Giovanni tat – sollte er sie überhaupt noch sehen wollen. Die Frau würde ihm ansonsten bestimmt helfen, einigen Dingen auf die Spur zu kommen …
    Die Bank hatte geöffnet, und Giacomo trat in die schwach beleuchtete Eingangshalle. Der grüne Marmor, mit dem die Wände vom Boden bis unter die Decke verkleidet waren, hielt die Temperatur angenehm kühl. Er ging zu einem der Bankschalter und füllte ein Formular aus, mit dem er den gesamten Betrag seines Kontos auf das von Giovanni überwies. Obwohl es keine enorme Summe war, schaute ihn die Bankangestellte leicht überrascht an – verhielt sich aber wie immer sehr professionell und sagte nichts. Sie führte die Überweisung aus und gab Giacomo den Beleg. Dieser nickte zufrieden und bat sie dann freundlich, ihn in den Tresorraum zu führen. Als sie aufstand, sah er, dass sie einen cremefarbenen Rock und eine weiße, spitzenbesetzte Bluse trug, deren Kragen von einer Perlenbrosche zusammengehalten wurde. Obwohl es warm war, trug sie Seidenstrümpfe mit schwarzer Naht, die ihre schön geformten Beine betonten. Wie sich wohl Elena kleidete und was für eine Figur sie hatte?
    »Guten Morgen, Dr. de Mola, ich freue mich, Sie zu sehen.«
    Der Bankdirektor der Mayer Bank und Enkel des Gründers, Maurizio Mayer, kam ihm entgegen.
    »Ganz meinerseits. Aber ich möchte Sie nicht aufhalten«, sagte Giacomo. »Ich muss nur an mein Sicherheitsfach.«
    »Sofort. Wenn Sie erlauben, werde ich mich persönlich darum kümmern.«
    »Danke, aber ich bin sicher, dass Sie sich mit wichtigeren Dingen beschäftigen müssen.«
    »Glauben Sie das nicht«, lächelte Mayer. »Außerdem kann es sein, dass ich mich bald mit nichts mehr beschäftigen muss.«
    Giacomo schaute ihn über die Ränder seiner Brille hinweg an. Das war nicht einfach so dahergesagt ... Er zog es vor, nichts darauf zu erwidern – wenn der Direktor diese kryptische Andeutung näher ausführen wollte, würde er es bestimmt tun. Und das machte er auch:
    »Es kann sein, dass ich Sie in Ihrem Geschäft um eine Stelle als Bote bitten muss«, sagte er mit einem bitteren Lächeln, während sie die cremefarbene Marmortreppe hinab in den Tresorraum stiegen.
    »Ich verstehe nicht, was Sie meinen, Dr. Mayer.« Diesmal musste Giacomo antworten. Sich weiter diskret zurückzuhalten, hätte totales Desinteresse signalisiert.
    »Ich weiß, dass ich mit Ihnen sprechen kann, und ich bitte Sie für diese Vertraulichkeit um Nachsicht. Aber die Banca d’Italia hat ein Ermittlungsverfahren gegen uns eingeleitet. Nein, nicht wegen der Bank. Die Konten sind in Ordnung, und der Bank geht es so gut wie nie zuvor. Es ist, weil wir Juden sind, Dr. de Mola.«
    Sie hatten den Tresorraum durch eine massive Stahltür betreten, die fast einen halben Meter dick war. Mayer öffnete das Eisengitter, hinter dem sich die Sicherheitsfächer befanden, mit einem großen Schlüssel. Es war offensichtlich, dass er reden wollte, und de Mola hörte ihm aufmerksam zu.
    »Die Abteilung ›zum Schutz des italienischen Sparers‹, die direkt dem Finanzministerium unterstellt ist, hat die Banca d’Italia gebeten, eine akkurate Kontrolle vorzunehmen«, berichtete Mayer. »Sie sind oben und kontrollieren gerade unsere

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