Aus der Welt
Babysitteragentur anzurufen und eine sehr nette Kolumbianerin namens Julia einzustellen, damit sie mich unterstützte. Wir vereinbarten, dass sie Emily jeden Tag aus der Krippe abholte und bis sieben Uhr abends betreute. In dieser Zeit würde sie auch kochen und sich um die Wäsche kümmern. Julia war fünfunddreißig, verheiratet, hatte drei Kinder und lebte in Jamaica Plain. Sie besaß seit zehn Jahren die amerikanische Staatsbürgerschaft, sprach aber immer noch nicht richtig Englisch. Sie bemühte sich sehr, es mir recht zu machen, und bot an, so viel wie möglich für mich zu arbeiten. »Ich brauche das Geld«, sagte sie mir ohne Umschweife. Und ich ließ sie gern Überstunden machen – zum Teufel mit den Kosten! –, da ich so jeweils den ganzen Nachmittag frei und mehr Zeit hatte, die Arbeiten meiner Studenten durchzulesen, Verwaltungskram zu erledigen und mein nächstes Buch zu konzipieren – wenn alles gut ging, eine große kritische Studie über Sinclair Lewis.
Also einigten wir uns auf ein Gehalt von 350 Dollar für zwanzig Wochenstunden. Plötzlich musste ich direkt nach meinen Nachmittagsseminaren nicht mehr quer durch die Stadt rasen, um Emily abzuholen. Und Theo musste keinen Finger mehr im Haushalt krumm machen.
Kurz nachdem ich Julia eingestellt hatte, rief ich ihn in seiner Wohnung an und hinterließ eine Nachricht: »Na gut, du hast gewonnen. Wir haben eine Tagesmutter, die die Nachmittage abdeckt. Wann und ob du zu uns zurückkehren willst, ist allein deine Entscheidung.«
An jenem Abend war er wieder in der Wohnung, brachte Blumen mit, eine entzückende Jeansjacke für Emily und eine Flasche Champagner. Aber er entschuldigte sich mit keinem Wort für sein Verschwinden. Wie ich bald merkte, war das typisch Theo. Er wurde nie laut. Wenn ihm etwas missfiel oder er sich durch irgendwelche häuslichen Zwänge eingeengt fühlte, verschwand er einfach oder teilte mir durch seine Verweigerungshaltung mit, dass es keinen Sinn hatte, mit ihm diskutieren zu wollen.
Als ich ihn fragte, ob dieses Verschwinden jetzt zu unserem Alltag gehörte, machte er mir deutlich, dass er nicht darüber reden wollte. Ja, er wollte mir nicht einmal seine Sicht der Dinge schildern. Friss oder stirb.
»Warum regst du dich so auf, Jane?«
»Weil wir eine Beziehung haben – und damit auch eine gemeinsame Verantwortung.«
»Es gibt keine Beziehung, in der die Verantwortung genau geteilt wird. Wir hatten das Problem, wer Emily nachmittags von der Krippe abholt, und das ist jetzt gelöst. Darüber hinaus beteilige ich mich gern mit 175 Dollar an Julias Gehalt. Und wenn ich mich nicht verrechnet habe, ist das genau die Hälfte.«
»Ich werde nicht zulassen, dass du einfach so verschwindest.«
»Weißt du, Jane, solche Drohungen bekommen dir einfach nicht.«
Als ich versuchte, die Unterhaltung fortzusetzen, ging er einfach aus dem Zimmer und spielte in der Kinderecke mit Emily. Als er eine halbe Stunde später zurückkam, sagte ich: »Ich kann so nicht leben.«
»Wie meinst du das?«
»Du verlässt jedes Mal den Raum, wenn wir …«
Er ging wieder aus dem Zimmer zu Emily. Ich rannte ihm nach und schrie: »Würdest du wenigstens so viel Anstand besitzen und mir zuhören!«
Mit dem Ergebnis, dass Emily einen Heulkrampf bekam. Meine laute Stimme hatte sie erschreckt. Theo schwieg, nahm nur seine Tochter auf den Arm, wiegte sie hin und her und warf mir einen vorwurfsvollen Blick zu. In diesem Moment begriff ich, dass ich es nie schaffen würde, mich gegen diesen Mann durchzusetzen.
Aber was wollte ich eigentlich durchsetzen? In jeder Wohngemeinschaft gibt es irgendwann Machtkämpfe. Selbst, wenn man sich bemüht, niemanden zu bevormunden, versucht man doch, seine Interessen durchzusetzen. Was mich an Theo wahnsinnig machte, war, dass er mir nie entgegenkam, sondern es jedes Mal schaffte, mich lächerlich zu machen und seinen Willen durchzusetzen. Wenn ich Einwände erhob, verschwand er einfach. Er spielte ein Spiel, das mich sehr an das erinnerte, was mein Vater sein Leben lang mit mir gespielt hatte: Entweder es läuft so, wie ich es will, oder ich gehe. Nur dass sich Theo anders als Dad still und heimlich durchsetzte. Wie auch immer, in diesem Fall musste ich zugeben, dass die Regelung mit der Tagesmutter auch für mich Vorteile besaß.
Theo kam wieder nach Hause, meist so gegen acht. Er kochte oft und verbrachte viel Zeit mit Emily. Wir blieben bis Mitternacht auf und liebten uns nach wie vor zweimal die Woche.
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