Baphomets Bibel
Gewicht durchaus die Steigeisen verbiegen oder aus ihrem Halt reißen können.
Aus der Dunkelheit des Stollens hörte ich die Stimme des Priesters. »John, bitte, wo sind Sie? Was ist geschehen?«
Da er keine Lampe besaß, leuchtete ich ihm den Weg. Er kam langsam und ging dabei etwas schwankend.
»Es ist alles in Ordnung, Jaques.«
»Und dieses Geräusch?«
»Stammte von einem fallenden Stein.«
Er gab keinen Kommentar ab. Dafür blieb er neben dem Stein stehen und schüttelte den Kopf. Erst nach einer Weile war er fähig, wieder zu sprechen. »Allmächtiger, wenn der Sie getroffen hätte...«
»Das weiß ich. Dann hätte es übel ausgesehen. Ich wäre nur schwerlich zu identifizieren gewesen. Aber...«, ich konnte schon wieder lächeln, »... man kann ja nicht immer nur Pech haben.«
»Das stimmt allerdings.« Der Priester schaute am Brunnenrand hoch. »Wie ist es? Müssen wir ihn tragen?«
»Nein, das überlassen wir der örtlichen Polizei.«
»Und was sagen wir über den Mörder?«
Ich hob die Schultern. »Dass er uns entkommen ist. Was Sie allerdings ihren Vorgesetzten sagen, das ist...«
»Nichts werde ich sagen. Nichts den Menschen hier. Höchstens Father Ignatius in Rom.«
»Ja, mit ihm werde ich heute auch noch sprechen. So, und jetzt gehen Sie mal vor.«
»Sogar mit Vergnügen. Sie glauben nicht, wie froh ich bin, dieser Hölle entkommen zu sein...«
***
Noch in der Nacht wurde die Polizei eingeschaltet. Ich sprach auch mit Sir James, der sich sofort mit einem hohen Tier im französischen Innenministerium in Verbindung setzte und ihm einige Dinge erklärte.
Vitamin B wie Beziehungen half uns in diesem Fall weiter, und so wurde von hoher Stelle angeordnet, mir keine Fragen zu stellen, was mich natürlich freute.
Weniger erfreulich war der Besuch bei Denise Blanc. Aber das musste sein, und so erlebten wir, wie sie den Tod ihres Bruders aufnahm. Ihr dies näher zu bringen war die Aufgabe des Priesters. Er kam ihr mit einem gewissen Wortgeschick nach.
Denise hörte zu, ohne etwas groß zu sagen. Irgendwann weinte sie leise in ihr Taschentuch, und schließlich sagte sie tonlos:
»Ich will nicht sagen, dass ich es gewusst habe, aber es ist nun mal so, dass sich mein Bruder nicht zu seinem Vorteil verändert hatte. Er hat sich mit Menschen eingelassen, die nicht gut für ihn waren, und die Quittung ist der Tod.«
So drastisch musste man es wirklich formulieren.
Wir hatten bereits unsere Aussagen gemacht, die auch protokolliert worden waren und konnten uns frei bewegen. Ich wollte noch in Chartres übernachten, musste mir ein Quartier suchen, was kein Problem sein würde, aber zuvor wollte ich noch mit meinem Templer-Freund Godwin de Salier sprechen und auch mit Father Ignatius. Besonders er hatte ein Recht darauf, zu erfahren, was hier abgelaufen war.
Ich war froh, dass Jaques der Frau anbot, bei ihr zu bleiben. Zumindest in den nächsten Stunden.
Der Priester wusste, dass ich noch Pläne hatte. Ich verabschiedete mich von Denise Blanc, die dies kaum mitbekam, und Jaques brachte mich bis vor die Haustür.
»Wo kann ich hier einigermaßen gut übernachten?«
Er nannte mir ein Hotel. »Es ist klein, aber die Zimmer sind sauber.«
»Danke.«
»Sehen wir uns noch?«
»Kann sein, dass ich vor meiner Abreise morgen noch komme. Ich fliege dann von Paris aus wieder zurück.«
Der Priester nickte. Danach schaute er zum Himmel. An einigen Stellen war er aufgeklart, und genau in den Lücken funkelten die Sterne wie diamantene Splitter auf einer metallischen Unterlage.
»Unser Herrgott hat die Welt erschaffen, John. Aber er hat bestimmt nicht damit gerechnet, was die Menschen aus ihr machen würden.«
»Das sehe ich etwas anders, Jaques.«
»Wie denn?«
»Er hat ihnen einen freien Willen gegeben.«
»Ja, das stimmt auch wieder. So gut das im Prinzip ist, aber manchmal, so wie heute, könnte ich es verfluchen.«
»Ist verständlich.«
Wir reichten uns die Hände. Danach ging der Geistliche wieder zurück ins Haus.
Von Jaques hatte ich nicht nur den Namen des Hotels bekommen, sondern auch eine kurze Wegbeschreibung. Ich fand das Haus in einer der stilleren Seitenstraßen. An den Rändern waren sie zugeparkt, aber auf dem Hof gab es einen Parkplatz für Gäste.
Da fuhr ich hin.
Van Akkeren wollte mir nicht aus dem Kopf. Ich musste mich zusammenreißen, um nicht an ihn zu denken. Gelassen schritt ich auf einen Seiteneingang zu. Der Geruch von Essen umwehte meine Nase. Besonders deutlich der
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