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BLUTIGER FANG (German Edition)

BLUTIGER FANG (German Edition)

Titel: BLUTIGER FANG (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Pflock
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und notierte eine Zahlenreihe, die unten rechts in der Bilderecke stand: 4738 links, 2561 rechts.
    Ringer nahm die Schlüssel, drehte sich um und ging auf den Safe zu. Es war ein AVT Wandtresor, Modell T-Block, in Grauweiß und mit einem diskreten Verschwindscharnier so in die Wand eingelassen, dass er dem gewöhnlichen Besucher des Kaufhauschefs, ja selbst den Mitarbeitern, nicht auffiel – zudem hing ja das Bild darüber. Der Tresor war, wie Ringer wusste, erstklassig. Er hatte eine doppelwandige Tür mit einem zwölf Millimeter starken Türblatt und war dreiseitig verriegelt durch vierzig Millimeter starke Rundbolzen. Alle Schließbolzen waren durch ein umlaufendes Spezialwinkelprofil gesichert und das zweiteilige, in das Türblatt eingelassene Zahlenkombinationsschloss bot die Möglichkeit von einer Million Öffnungsgeheimnissen. Der Innentresor wies zudem eine Doppelbartschließung auf, sodass schnell klar war: Wer weder die Schlüssel noch die Kombination parat hatte, konnte sich an diesem Ding die Zähne ausbeißen.
    Ringer war froh, dass er beides so schnell gefunden hatte. Für ihn war schon den ganzen Tag über klar gewesen, dass er das nur machte, weil er den Weg des geringsten Widerstands ins Innere des Tresors kannte. Es hatte sich im Laufe der Zeit beim Wachpersonal herumgesprochen, wo der Vorstand den Schlüssel aufbewahrte und auch, wo die Zahlenkombination zu finden war. Und jetzt war Ringer um Viertel nach zehn abends allein in diesem Büro, hatte den Schlüssel und die Kombination und öffnete den Tresor so leicht wie ein Fünfjähriger eine Pralinenschachtel.
    Es lagen über siebentausend Euro in bar im Safe sowie eine Reihe von Papieren. Er nahm nur das Geld, stopfte es in die Reisetasche, verschloss den Safe und machte sich daran, das Bild an seinen Platz zu hängen, was sich in seinem Zustand als nicht ganz einfach erwies. Ringer hatte Mühe, die Metallhalter zu treffen, an denen das Bild aufgehängt war. Plötzlich knallte er es an die Wand, ließ es fallen und packte den Rest seiner Sachen zusammen. Dann schickte er sich an, das Büro zu verlassen.
     
    Joel kam mit Bronco und Linda im 1. Stock an. Sie blieben auf dem Treppenabsatz stehen.
    „Frank!“ Joels Stimme klang, als wäre sie heiser. Plötzlich spürte er, wie Bronco ihn am Hinterkopf packte und ihm mit der anderen Hand den Mund zuhielt.
    „Bist du verrückt?“, sagte Bronco im Flüsterton, „wer weiß, wer noch hier ist.“ Er deutete mit dem Kopf in Richtung der Fahrstühle, wo eine der Leuchten bei 1 stehen geblieben war.
    Joel und Linda sahen hin und Joel spürte, wie auch sie erschrak.
    Kein Zweifel, es war jemand hier.
    Doch noch drängender beschäftigte Joel die Frage, wieso Frank nicht zurückgekommen war. „Da muss was passiert sein. Ob die Wachen doch schon hier sind und ihn geschnappt haben?“, sagte er sehr leise und versuchte, die Gesichter Broncos und Lindas zu erkennen. Er sah an den Konturen ihrer Köpfe, dass sie sich gegenseitig ansahen.
    „Das müssen wir rausfinden“, sagte Bronco und deutete auf den Eingang zum Restaurant, der still und schwarz vor ihnen lag. Dann schlichen sie los.
    Nach ein paar Metern hörten sie plötzlich Geräusche aus der Richtung des Chefbüros. Geistesgegenwärtig wandten sie sich im Gleichschritt um und hetzten lautlos zurück zur Rolltreppe, wo sie sich hinter dem verblendeten Geländer versteckten.
    Kaum dass die drei hinter dem Treppengeländer waren, sahen sie die Tür des Büros aufgehen. Aus dem Inneren fiel ein gelber Lichtstrahl in die Kaufabteilung hinaus, vorbei an den großen Schränken, die rechts vom Büroeingang an der Wand entlang standen.
    Joel sah jemanden im Türrahmen, der mit irgendetwas beschäftigt war. Er hörte den dumpfen Klang einer Männerstimme, den ein leises Geklimper grundierte, das wohl von Schlüsseln herrührte, mit denen der Fremde dort hantierte.  
    „Wer ist das?“, sagte Linda. Ihre Stimme war kaum hörbar.  
    Der Mann trat schwankend einen Schritt zurück, sodass er im vollen Licht des Büros stand. Jetzt war seine Gestalt sowie ein äußerst ominöser Aufzug zu erkennen.
    „Der sieht ja aus wie der Weihnachtsmann!“, sagte Bronco tonlos.
    Joel spürte, dass Bronco sich ein Kichern verkneifen musste. Und auch er selbst war nah dran. „Ich glaub, den kenn ich“, sagte er, ohne den Fremden aus den Augen zu lassen. „Das ist ein Kollege meines Vaters, da … da gibt’s so ‘n Fetten, über den macht der sich immer lustig.“

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