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Das 6. Buch des Blutes - 6

Das 6. Buch des Blutes - 6

Titel: Das 6. Buch des Blutes - 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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zumachen wollte.
    »Scher dich zum Teufel«, antwortete Locke und schlug dem Kind die Tür vor der Nase zu.
    Als Locke nach zwei Stunden und einem unbeholfenen, leidenschaftslosen Geschlechtsakt die Tür wieder aufmachte, stellte er fest, daß das Kind, um sich zu rächen, seine Fäkalien auf der Schwelle hinterlassen hatte.
    Das Krankenhaus Sacrado Coraçã Maria war kein Ort, um krank zu werden. Während er die schmutzigen Flure entlangschritt, dachte Locke, daß es besser sei, im eigenen Bett zu sterben, mit dem eigenen Schweiß als Begleiter, als hierher zu kommen. Der Gestank der Desinfektionsmittel konnte den Geruch menschlichen Leids nicht völlig überdecken. Die Wände waren vollgesogen davon, auf den Lampen bildete er einen Fettfilm und auf den schmutzigen Böden eine glitschige Schicht. Was war Stumpf zugestoßen, daß er hier gelandet war? Schlägerei in einer Bar, Streit mit einem Zuhälter über den Preis für eine Frau? Der Deutsche war dumm genug, wegen so einer Nebensächlichkeit Ärger zu bekommen.
    »Senhor Stumpf?« fragte er schließlich eine weißgekleidete Frau, der er auf dem Flur begegnete. »Ich suche nach Senhor Stumpf.«
    Die Frau schüttelte den Kopf und deutete auf einen gehetzt aussehenden Mann ein Stück entfernt im Flur, der sich einen Augenblick Zeit nahm, um eine kurze Zigarre anzuzünden.
    Locke ließ den Arm der Schwester los und ging auf den Burschen zu. Er war in eine stinkende Rauchwolke eingehüllt.
    »Ich suche nach Senhor Stumpf«, sagte Locke.
    Der Mann musterte ihn prüfend. »Sind Sie Locke?« fragte er.
    »Ja.«
    »Aha.« Er zog an der Zigarre. Der Gestank des ausgeatmeten Rauches hätte sicherlich selbst beim zähesten Patienten einen Rückfall verursacht. »Ich bin Doktor Edson Costa«, sagte der Mann und streckte Locke die klamme Hand entgegen. »Ihr Freund hat die ganze Nacht darauf gewartet, daß Sie kommen.«
    »Was fehlt ihm denn ?«
    »Er hat sich das Auge verletzt«, antwortete Edson Costa, dem Stumpfs Zustand sichtlich einerlei war. »Und er hat kleinere Schürfwunden an Händen und Gesicht. Aber er läßt niemanden in seine Nähe. Er hat sich selbst verarztet.«
    »Warum?« fragte Locke.
    Der Doktor sah ihn verblüfft an. »Er bezahlt für ein sauberes Zimmer. Bezahlt viel. Also habe ich ihm eins gegeben. Wollen Sie ihn sehen? Ihn vielleicht mitnehmen?«
    »Vielleicht«, sagte Locke ohne Begeisterung.
    »Sein Kopf…« sagte der Arzt. »Er leidet an Halluzinationen.«
    Ohne ein weiteres Wort ging der Mann mit erheblicher Geschwindigkeit voraus, wobei er Tabakqualm hinter sich herzog.
    Der Weg, der durch das Hauptgebäude und über einen kleinen Innenhof führte, endete vor einem Zimmer mit verglaster Tür.
    »Hier«, sagte der Doktor. »Ihr Freund. Sagen Sie ihm«, fügte er als abschließende Gehässigkeit hinzu, »er soll mehr bezahlen, sonst muß er morgen gehen.«
    Locke sah durch die Glasscheibe. Der schmutzigweiße Raum war leer, abgesehen von einem Bett und einem kleinen Tisch, und er wurde von demselben trüben Licht erhellt, das jeden verfluchten Zentimeter dieses Gebäudes strafte. Stumpf lag nicht auf dem Bett, sondern kauerte in einer Ecke auf dem Boden. Sein linkes Auge war mit einem dicken Bausch bedeckt, der von einer unsachgemäß um den Kopf gewickelten Binde gehalten wurde.
    Locke sah den Mann eine ganze Weile an, bis Stumpf merkte, daß er beobachtet wurde. Er sah langsam auf. Sein gesundes Auge schien, wie um den Verlust des anderen auszugleichen, zu doppelter Größe angeschwollen zu sein. Es lag genügend Angst für beide darin, sogar für ein ganzes Dutzend Augen.
    Vorsichtig, gleich einem Mann, dessen Knochen so spröde sind, daß er befürchtete, ein heftiger Windstoß könnte sie zerschmettern, richtete sich Stumpf an der Wand auf und kam zur Tür. Er machte sie nicht auf, sondern sprach Locke durch das Glas an.
    »Warum bist du nicht gekommen?« fragte er.
    »Ich bin doch hier.«
    »Aber früher « , sagte Stumpf. Sein Gesicht war geschwollen, als wäre er verprügelt worden. »Früher.«
    »Ich hatte zu tun«, erwiderte Locke. »Was ist mit dir passiert?«
    »Es stimmt, Locke«, sagte der Deutsche. »Es stimmt alles.«
    »Wovon redest du?«
    »Tetelman hat es mir gesagt. Cherricks Gestammel. Über die Vertriebenen. Es stimmt. Sie wollen uns vertreiben.«
    »Wir sind hier nicht im Dschungel«, sagte Locke. »Hier mußt du keine Angst haben.«
    »O doch«, sagte Stumpf, dessen großes Auge größer denn je wirkte. »O doch! Ich habe

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