Das Geheimnis der schönen Catherine
sie sich doch so leidenschaftlich an ihn geklammert hatte? Wie ungestüm sie ihm die Arme um den Hals gelegt hatte. Wie fest sie ihren Mund auf den seinen gepresst hatte, ohne Zögern, ohne … Doch, dachte er zärtlich. Anfangs hatte sie gezögert. Er hatte gemerkt, wie sie zusammengezuckt war, als er ihre Lippen das erste Mal berührte – als ob sie überlegte, was sie jetzt tun sollte. Und dann hatte sie ihn plötzlich voll Inbrunst geküsst, und er war so glücklich gewesen, dass sich der Knoten in seinem Herzen endlich gelöst hatte. Aber sie hat gesagt, dass sie mich nicht will, dachte er. Ich bin nichts für Leute wie Sie. Ein Mädchen, das am Abgrund stand, wies ihn zurück.
Beim Gedanken daran fühlte sich Hugo so zerschlagen, als hätte er ein Dutzend Runden geboxt. In aller Stille verließ er das Opernhaus. Es war eine feuchte, traurige Nacht, und das Wetter passte zu seiner Laune. Er beschloss, zu Fuß nach Hause zu gehen. Seine Tritte hallten von den Pflastersteinen wider, und ganz in der Nähe hörte er ein leises, verdächtig klingendes Schlurfen. Über einen Überfall würde er sich fast freuen. Ein echter Kampf wäre jetzt schön. Verflucht, warum hatte sie ihn nur abgewiesen? Es war ja nicht so, als hätte sie viele Heiratsanträge bekommen. Und es gab auch keine Diamantenmine, dessen war er sich sicher. Und er hatte nicht um ihre Liebe gebeten. Nur darum, dass sie ihn heiratete. Wenn es dir um Geld geht – das ist kein Problem. Ich bin reich. Er lehnte sich an eine Mauer und stöhnte. Hatte er das wirklich gesagt? Was für einfühlsame Worte! Welche Raffinesse!
Welch romantisches Liebeswerben! Ich bin reich … Heirate mich! Mehr oder weniger hatte er ihr angeboten, sie zu kaufen! Natürlich hatte sie ihn abgewiesen – ihn und sein verfluchtes Kaufmannsblut. Aber er hatte gedacht, er könne sie damit in Versuchung führen. Schließlich hatte sie ihr Leben wieder und wieder für Geld aufs Spiel gesetzt. Für Penningtons schwarze Perlen, Alcornes Diamanten, Grantleys Smaragde und die Bronzinos der Brackbournes. Und trotzdem wollte sie ihn nicht des Geldes wegen heiraten. Fast hätte er noch einmal laut gestöhnt. Er hatte ein neues Haus, alles, was man mit Geld kaufen konnte. Es war trostlos. Leer. Eine Vitrine für seinen Reichtum. Und sein Leben war genauso trostlos, erkannte er jetzt. Ein Haus, Geld – das genügte nicht. Catherine hatte von einem Zuhause gesprochen. Von Liebe und einer Familie, die sich ums Kaminfeuer versammelte.
Das wollte er auch. Er wollte sie. Er wollte, dass ihre Gegenwart sein Haus und sein Leben mit Lachen erfüllte und … und mit Kindern. Er wollte sie, er brauchte sie! Sie brauchte ihn ja nicht zu lieben – so viel würde er gar nicht von ihr verlangen. Nur dass sie den Rest ihres Lebens mit ihm verbrachte. Dass sie immer bei ihm blieb, sich von ihm beschützen ließ, nachts in seinen Armen lag, seine Kinder zur Welt brachte und sie liebte. Und dass sie ihn das Lachen lehrte. Das musste doch besser sein, als für Einbruchdiebstahl gehängt zu werden. Wenn er sie nur davon überzeugen könnte! Dieses störrische Ding! Er würde schon einen Weg finden, um sie zu beschützen. Sollte sie ihn ruhig zurückweisen, sie konnte ihn nicht davon abhalten, seinen Instinkten zu folgen. Und sein Instinkt hieß ihn, sie zu beschützen, ob sie das nun wollte oder nicht. Sie wollte vielleicht sein Geld nicht, aber er würde dieses Geld und alles, was ihm zur Verfügung stand, nutzen, um sie vor den schlimmsten Auswirkungen ihres Wahnsinns zu bewahren. Er eilte nach Hause, setzte sich an seinen Schreibtisch und schrieb einen Brief an Captain Patchett. »Bist du sicher, dass du mit aufs Land kommen willst, Kindchen?«
fragte Rose. »Ich denke, es würde dir gut tun, denn ohne dich kränken zu wollen: Du siehst ein bisschen blass aus. Bewegung und frische Seeluft würden sicher etwas Farbe in deine Wangen zaubern. Allerdings sind die anderen fast alle erheblich älter als du. Ich weiß nicht, ob überhaupt junge Leute da sein werden – es ist mehr ein Familientreffen, keine rauschende Gesellschaft, wie du sie vielleicht erwartest.«
»Ach, das macht nichts. Ganz im Gegenteil, es wäre eine willkommene Abwechslung für mich. Aber bist du sicher, dass ich deinen Freunden auch willkommen bin?« Rose lächelte vergnügt. »Aber natürlich. Sie werden dich gern haben. Julia Marsden ist eine Jugendfreundin von mir – wir haben in Bath dasselbe Mädchenpensionat besucht, weißt du.
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