Das Morden ist des Mörders Lust. Geschichten.
melden.«
Lacy wischte sich mit der Hand schnell über den Mund.
»Ja«, sagte er, »Erika hat mir von Ihnen erzählt. Bitte, machen Sie die Tür zu. Hier zieht’s überall.«
»Ja, Sir.« Leise machte er die Tür zu.
»Kommen Sie doch einmal hierher«, sagte Lacy und kam um den Schreibtisch nach vorn. Dabei lächelte er merkwürdig.
Johnny ging zu ihm hin. Lacy stemmte beide Fäuste in die Hüften und sah ihn von oben bis unten an. Sein Lächeln wurde angespannter.
»So, Sie sind also Johnny, ja?«
»Ja, Sir.«
Lacy hatte keine Eile. Er schwang langsam seinen rechten Arm zurück, und Johnny hatte Zeit genug, die harte, geballte Faust wie einen Felsbrocken auf sich zukommen zu sehen. Als sie seitlich auf seinem Unterkiefer landete, flog er halbwegs bis zur Wand zurück. Er fiel über seine eigenen Füße, und als er versuchte, aufzustehen, wußte er nicht, wo oben und unten war.
Lacys Hand streckte sich ihm entgegen, und er zuckte zurück. Aber sie wollte ihm helfen. Nach kurzem Zögern nahm Johnny an. Er wurde hochgezogen, und Lacy sagte: »Das war dafür, wie Sie meiner Nichte mitgespielt haben. So, und wenn Sie jetzt noch über einen Job mit mir reden wollen, dann setzen Sie sich.«
Johnny blickte in das Gesicht. Es zeigte weder Feindseligkeit noch Bedauern.
»Okay«, sagte er wie betäubt.
Zurückblickend konnte sich Johnny nur undeutlich an das Interview erinnern. Sein Kiefer tat ihm weh, und den Fragen, die Beldon Lacy mit der Schnelligkeit eines Maschinengewehrs auf ihn abfeuerte, konnte er kaum ausweichen.
»Wie alt sind Sie?«
»Achtundzwanzig.«
»Leben Ihre Eltern noch?«
»Weiß ich nicht.«
»Das wissen Sie nicht?« »Ich meine ... ja. Ich glaube.«
»Jemals etwas anderes gemacht als Farmarbeit?«
»Ungefähr einen Monat lang habe ich bei einer Tankstelle gearbeitet.«
»Mechaniker?«
»Nein, Sir. Bloß die Scheiben geputzt, aufgetankt und so.«
»Können Sie an einer Drehbank arbeiten, eine Bohrmaschine bedienen?«
»Nein.«
»Büroarbeit? Schreibmaschine schreiben, ablegen?«
»Da hab ich nicht viel Ahnung.«
»Was können Sie denn überhaupt?«
Johnny rieb sich das schmerzende Gesicht.
»Im zweiten Stock ist eine Werksapotheke. Wenn Sie gehen, holen Sie sich dort ein Heftpflaster für die Prellung. Aber sagen Sie nicht, woher Sie die haben, ich habe hier sowieso schon einen ziemlich schlechten Ruf.«
»Ich hatte nicht vor, es jemand zu sagen.«
»Sie hätten noch sehr viel mehr verdient. Ich könnte Sie für das, was Sie getan haben, anzeigen.« Er stand auf und sah ihn finster an. »Wahrscheinlich ist es das Dümmste, was ich jemals getan habe«, sagte er, »und ich habe ne Menge Dummheiten gemacht. Ich werde Ihnen einen Job im Materiallager geben. Sie arbeiten dort unter einem alten Kauz namens Gabriel, der hat da die Leitung. Sie helfen ihm dabei, das Lager in Schuß zu halten und dafür zu sorgen, daß die Männer kriegen, was sie brauchen. Der Lohn ist sechzig Dollar die Woche. Wollen Sie den Job oder nicht?«
Johnny schluckte. »Ja«, sagte er, »ich will ihn.« »Ich erwarte von Ihnen, daß Sie sich hier ganz besonders am Riemen reißen. Erika hält Sie für so eine Art Held, bloß weil Sie es sich anders überlegt und sie nicht ausgeraubt haben. Das reicht mir aber noch nicht.«
»Den Eindruck hatte ich«, sagte Johnny, seinen Unterkiefer bewegend.
Lacy lachte plötzlich.
»Der rechte Haken war nicht schlecht, was? Mit zwanzig war ich mal ne Zeitlang Berufsboxer. Damals galt eine Karriere im Ring soviel wie eine Mitgliedschaft in der Studentenverbindung Phi Beta Kappa. Mein erster Boß in der Eisenhütte stellte mich ein, weil ihm mein Stil gefiel. Es ging damals sehr viel rauher im Geschäftsleben zu. Aber«, setzte er bitter hinzu, »auch sehr viel anständiger. Okay, das war’s. Melden Sie sich Montag früh um neun Uhr in diesem Gebäude.«
»In Ordnung«, sagte Johnny.
»Es wird Ihnen hier gefallen«, spöttelte Lacy. »Ist hier wie im Kindergarten. Sie kriegen freien Krankenhausaufenthalt, Überstundengeld, Bonusse, Pension. Sie werden sogar umsonst ärztlich untersucht. Das ist für die Kollektivversicherung. Wir tun alles für Sie, nur nicht die Nase putzen.«
»Niemand braucht mir die Nase zu putzen.«
»Lohntag ist kommenden Freitag. Haben Sie irgendwas zum Leben?«
»Nicht viel.«
Lacy zog seine Brieftasche heraus und entnahm ihr zwei Zehner. »Das ist ein Vorschuß«, sagte er. »Wir ziehen ihn von Ihrem ersten
Weitere Kostenlose Bücher