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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Mount Washington. Ihr Vater war wie ein Weltklasseschachspieler, der einem talentierten Amateur eine Chance gegeben hatte und ihm jetzt das Fell über die Ohren zog.
    »Du könntest auch mitkommen, Tom – Jessie würde mitgehen, wenn du mitgehen würdest.«
    Das war gefährlich. Jessie hielt den Atem an.
    »Ich kann nicht, Liebes – ich erwarte einen Anruf von David Adams wegen dem Aktienportefeuille von Brookings Pharmaceuticals. Ziemlich wichtige Sache … und ziemlich riskant. Momentan mit Brookings zu handeln ist, als würde man mit Sprengsätzen hantieren. Aber ich will ehrlich zu dir sein, selbst wenn ich könnte, ich weiß nicht, ob ich wollte. Ich bin nicht besonders scharf auf diese Gilette, aber mit der könnte ich leben. Sleefort dagegen, dieses Arschloch …«
    »Pst, Tom!«
    »Keine Sorge – Maddy und Will sind unten, und Jessie ist draußen auf der Veranda … siehst du sie?«
    In diesem Augenblick war Jessie plötzlich davon überzeugt, dass ihr Vater genau wusste, wie es um die Akustik des Wohn- /Esszimmers stand; er wusste, dass seine Tochter jedes Wort der Unterhaltung hörte. Er wollte, dass sie jedes Wort hörte. Ein warmes Kribbeln lief ihr den Rücken hinab und die Beine hinauf.
    »Ich hätte wissen müssen, dass es wieder auf Dick Sleefort hinausläuft!« Ihre Mutter hörte sich wütend und erheitert an, eine Kombination, bei der sich Jessies Kopf drehte. Ihr schien, als könnten nur Erwachsene Gefühle auf so mannigfaltige Weise miteinander verbinden – wenn Gefühle Essen wären, dann wären die Gefühle von Erwachsenen Sachen wie Steaks mit Schokoladenguss, Kartoffelpüree mit Pfirsichscheiben, Kuchen mit Chilipulver statt mit Staubzucker. Jessie dachte nicht zum ersten Mal, dass es mehr eine Strafe als eine Belohnung war, erwachsen zu sein.
    »Du kannst einem wirklich den letzten Nerv töten, Tom – der Mann hat mich vor sechs Jahren belästigt. Er war betrunken. Damals war er immer betrunken, aber darüber ist er hinweg. Polly Bergeron hat mir gesagt, dass er zu den A.A.’s geht und …«
    »Schön für ihn«, sagte ihr Vater trocken. »Sollen wir ihm eine Glückwunschkarte oder einen Orden schicken, Sally?«
    »Werd nicht schnippisch. Du hast dem Mann fast die Nase gebrochen …«
    »Ja, richtig. Wenn ein Mann in die Küche kommt und seinen Drink nachfüllen will, und dort den Trunkenbold aus der Straße findet, der eine Hand auf dem Po der Frau des Hausherrn und die andere in ihrem Ausschnitt hat …«
    »Lass das«, sagte sie pikiert, aber Jessie fand, dass sich ihre Mutter aus einem unerfindlichen Grund fast zufrieden anhörte. Es wurde immer seltsamer. »Du solltest langsam herausfinden, dass Dick Sleefort kein Dämon aus der Tiefe ist, und Jessie sollte allmählich herausfinden, dass Adrienne Gilette nur eine einsame alte Frau ist, die ihr einmal bei einer Gartenparty eine Ohrfeige gegeben hat, was ein kleiner Scherz sein sollte. Und jetzt werd nicht wütend auf mich, Tom; ich behaupte nicht, dass es ein guter Scherz war; nein. Ich sage nur, dass Adrienne es nicht gewusst hat. Sie hat es nicht böse gemeint.«
    Jessie sah nach unten und stellte fest, dass sie ihr Taschenbuch mit der rechten Hand fast umgeknickt hatte. Wie konnte ihre Mutter, eine Frau, die ihren Abschluss cum laude gemacht hatte (was immer das auch heißen mochte) nur so dumm sein? Die Antwort leuchtete Jessie ein: gar nicht. Entweder wusste sie es besser, oder sie weigerte sich, die Wahrheit zu sehen, und welche Antwort auch die richtige sein mochte, man kam immer zur selben Schlussfolgerung: Vor die Wahl gestellt, ob sie einer hässlichen alten Frau glauben sollte, die im Sommer in derselben Straße wohnte, oder ihrer eigenen Tochter, hatte sich Sally Mahout für Mrs. Mundgeruch entschieden. Toll, was?
    Weil ich Papas Liebling bin, darum. Das und alles anderes, was sie in der Hinsicht sagt. Genau darum, aber das könnte ich ihr nie sagen, und sie würde es von selbst nie einsehen. In einer Million Jahren nicht.
    Jessie zwang sich, das Taschenbuch loszulassen. Mrs. Gilette hatte es ernst gemeint, sie hatte böse Absichten gehabt, aber die Vermutung ihres Vaters, dass sie keine Angst mehr vor der alten Krähe hatte, war dennoch weitgehend zutreffend gewesen. Aber sie würde ihren Willen bekommen und bei ihrem Vater bleiben dürfen, und daher war die ganze Ess-ze-ha-ei-ess-ess-e, die ihre Mutter verzapfte, eigentlich unwichtig.
    Oder? Sie würde hier bei ihrem Daddy bleiben, sie musste sich nicht mit der alten

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