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Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift

Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift

Titel: Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elinor Lipman
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Zeit, in der ihr zusammengewohnt habt.«
    »Nicht so schnell mit der Vergangenheit«, ging Leo dazwischen. »Noch wohnen wir zusammen.«
    Meredith lächelte, stand auf, strich Leo zum Abschied zärtlich über die Schulter. »Ich bin Weltmeisterin im Umziehen«, sagte sie zu mir. »Berühmt dafür, Freunden beim Einpacken, Übersiedeln und Wiederauspacken zu helfen. Sagen Sie einfach Bescheid.«
    »Ich habe nur Kleider, Bücher und einen Toastofen. Trotzdem danke.«
    Sie streckte mir die Hand entgegen. »Hat mich wirklich gefreut, Sie kennen zu lernen. Ich weiß, ich war so was wie ein Geist, eine Art unsichtbare Mitbewohnerin. Aber jetzt müssen wir ja keine Fremden mehr bleiben. Wir könnten vielleicht zusammen zu Mittag essen, wenn Sie einmal mehr Zeit haben.«
    »Ich bin der Geist«, antwortete ich. »Und was das Mittagessen angeht, ich habe nie mehr Zeit.«
    Meredith’ strahlendes Lächeln erlosch. Leo sagte: »Keine Zeit und keine Manieren.«
    Sobald sie gegangen war, sagte ich: »Ihr werdet mich nicht vermissen. Ich war ohnehin nie da. Ich hab nur ein Schlafzimmer besetzt und Schecks ausgestellt. Eine richtige Hausgenossin war ich nie.«
    »Ich habe versucht, dir zu helfen. Dir ein Freund zu sein. Mir war nicht klar, dass ich keine Freundin haben durfte.«
    » Das glaubst du also? Dass ich ihretwegen ausziehe? Sie hat damit überhaupt nichts zu tun. Die heutige Schlagzeile lautet: ALICE ERGATTERT PERSONALWOHNUNG.«
    »Wenn du meinst.« Leo knüllte sein Sandwichpapier zusammen und verbeulte seine Limodose.
    Ich blieb am Tisch stehen. Schließlich fragte ich ihn, wie lang er mir böse sein wolle - er, Leo, der ewige Optimist. Er, dessen Glas nicht nur halb voll, sondern auch noch mit Vitaminen angereichert war.
    Er machte ein mürrisches Gesicht, in das sich aber nach einigen Sekunden eine gewisse Nachsicht schlich.
    »Ich bezahle natürlich meinen Anteil an der Miete weiter. Was soll ich sonst mit meinem Geld anfangen? Eine Zeit lang kann ich beides stemmen. Für die neue Wohnung gibt es einen Zuschuss.«
    »Die Miete dürfte kein Problem sein. Wir haben schon mal darüber gesprochen.«
    » Wir ?«
    »Dass sie als Hebamme immer von Winchester herein muss, ist ein Witz.«
    Ich sagte, ich müsse jetzt wirklich los. Ich könne die Mannschaft nicht warten lassen. Das Team wolle wissen, ob Mrs. Jacobs an Azidose litt.
    »Und was ist mit den anderen Bereichen deines Lebens? Wirst du neue Freundschaften schließen in dem neuen Haus? In der Waschküche vielleicht? Ich hatte nämlich den Eindruck, dass wir auf diesem Gebiet gewisse Fortschritte gemacht haben.«
    »Auf welchem Gebiet?«
    »Zwischenmenschliche Beziehungen. Unterhaltung. Spaß.«
    »Ich werde schon nicht allein bleiben. Auf jeden Fall werde ich neue Leute kennen lernen. Und außerdem gibt’s da noch Ray. Der hatte noch gar keine richtige Chance. Wenn ich meine eigene Wohnung habe, lerne ich ihn vielleicht besser kennen.«
    » Ray? «, wiederholte Leo. » Ray? Sagst du das, um mich auf die Palme zu bringen? Ich meine, ist es so absolut unerlässlich, einen Freund zu haben, dass du dir so einen Schleimbeutel antust, nur weil er sich nicht abwimmeln lässt? Das glaube ich einfach nicht!«
    Man fing an, zu uns herüberzusehen. Kaum jemand hatte Leo Frawley je anders als heiter gesehen, finstere Blicke gab es nicht, und laut wurde er nur, wenn er einen Freund begrüßte oder einem Patienten Mut machte.
    Ich sagte, ich sei ihm dankbar für alles, für jede Freundlichkeit, jeden Krümel von seiner Seite des Kühlschranks, aber dass er so ein Snob sei, das hätte ich nicht gedacht. Und wie käme er dazu, mich als ungesellig und eigenbrötlerisch hinzustellen? Ich wäre doch bei ihm - dem Liebling aller - in die Lehre gegangen, oder etwa nicht? War es nicht logisch, dass ich mich unter seinen Fittichen zu einem umgänglichen Menschen entwickelt hatte?
    »Von einem Tag auf den anderen?«
    Ich warf ihm miserables Timing vor. Die letzten vierundzwanzig Stunden seien ein Alptraum gewesen, vielleicht wisse er das ja noch. Und mit erstickter Stimme fügte ich hinzu: »Mir war speiübel nach dem Gespräch mit Kennick. Ich habe Blut und Wasser geschwitzt. Und jetzt, wo ich mich gerade zusammenreiße und meinen Einstand als Kuli gebe, wäre es mir sehr lieb, wenn ich mir keine so genannten Ratschläge betreffend Ray Russo oder sonst jemanden mehr anhören müsste.«
    »Das darf doch nicht wahr sein«, sagte Leo. »Wie konnte es so weit kommen, dass wir uns streiten? Ich

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