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Der einzige Sieg

Der einzige Sieg

Titel: Der einzige Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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seinem Sofa aus.
    Das Telefon läutete. Die Wache teilte mit, sein Besucher sei erschienen und habe sich gerade ins Besucherbuch eingetragen. Carl ging hinunter, um den Mann vor den Fahrstühlen in Empfang zu nehmen. Diese Höflichkeit war vielleicht ein wenig gedankenlos, da sich zahlreiche Journalisten im Haus aufhielten, doch das fiel ihm erst ein, als es zu spät war.
    Er hatte Rune Jansson seit vielen Jahren nicht mehr gesehen. Soviel er wußte, war er ein sehr guter Polizist, jedenfalls so gut, daß er Carl vor langer Zeit fast überführt hätte. Carl hatte das Gefühl, daß es schon sehr lange her war. Er konnte natürlich nicht wissen, was dieser Polizist wollte, aber Carl hatte keinerlei Grund zu der Annahme, daß es keine wichtige Angelegenheit war. Wie Carl vermutete, rannten Polizeibeamte nicht ohne Not in der Gegend herum, um Leute zu stören.
    Rune Jansson stand in der Nähe der Fahrstühle und wurde wie bei einer Entführung fast in den Fahrstuhl gezogen. Carl schloß die Türen sofort, obwohl ein paar Nationalökonomen sich noch schnell hatten hereindrängen wollen.
    »Erbsenzähler«, erklärte Carl, als er Rune Janssons Erstaunen über sein unhöfliches Verhalten sah. »Nur Erbsenzähler, und diese Leute muß man kurzhalten. Long time no see! Wie geht’s dir denn heutzutage?«
    »Oh, danke, man schlägt sich so durch. Jedenfalls finde ich mich in der Großstadt allmählich zurecht.«
    »Ja? Du hast doch früher in Norrköping gearbeitet, nicht wahr? Was führt dich in das wilde Stockholm?«
    »Meine Frau hat hier Arbeit bekommen.«
    »Und du auch, wie gut. Und womit beschäftigst du dich heute?«
    »Meist mit Mord.«
    Carl erstarrte plötzlich und warf Rune Jansson einen forschenden Blick zu, gewann aber auch Zeit, da der Fahrstuhl hielt. Erst als sie in dem rosafarbenen Korridor schon ein Stück gegangen waren, hatte er seine Fassung zurückgewonnen.
    »Ja, wie du siehst, haben wir rosafarbene Korridore. Das liegt wohl daran, daß die Panzerglastüren dunkelgrüne Einfassungen haben. Das hat sich wohl irgendein Inneneinrichter ausgedacht. Mord, sagtest du? Du suchst mich doch nicht etwa dienstlich auf?«
    »O doch«, erwiderte Rune Jansson mit einem wölfischen Grinsen. »Selbstverständlich komme ich dienstlich.«
    »Oh, Teufel auch«, sagte Carl, ohne sich besonders beunruhigt zu fühlen. Das Wolfsgrinsen sprach für das Gegenteil.
    »Willkommen in meiner einfachen Hütte. Mal sehen, was ich zu gestehen habe.«
    Er wies auf das Sofa, setzte sich selbst in einen der Sessel und zeigte mit einer Handbewegung, daß er ganz Ohr war.
    Rune Jansson sah sich also gezwungen, schnell zur Sache zu kommen. Carl hatte die Plauderei mit einer unverkennbaren Handbewegung abgeschnitten. Rune Jansson räusperte sich leicht verlegen und begann mit einigen halb entschuldigenden Erklärungen: Er habe einem Kollegen vom Gewaltdezernat in Stockholm versprochen, sich zu erkundigen, und betonte, wie schwer es sei, nein zu sagen. Erst dann kam er zum Thema.
    »Das Gewaltdezernat in Stockholm ist im Augenblick mit einer teuflisch schwierigen Ermittlung befaßt. Es geht um Erpressung und Mord bei italienischen Gastronomen. Es hat den Anschein, als ob eine Art Mafia-Organisation dabei ist, sich in Stockholm zu etablieren. Dabei dienen die italienischen Restaurants offenbar als Einstieg. Mehrere Restaurantbesitzer sind bedroht worden. Soviel wir wissen, bezahlen sie nach klassischem Muster ›Schutzgelder‹, um nicht demoliert zu werden. Einige haben sich geweigert und wohl darauf hingewiesen, daß bestimmte italienische Traditionen in Stockholm nicht gelten dürften. Danach sind ein paar Restaurants in die Luft gejagt worden. Dabei sind zwei Menschen gestorben, und damit ist das Verbrechen zu Mord geworden.
    Das Problem für die ermittelnden Polizisten besteht darin, daß die Geschädigten plötzlich stumm geworden sind. Keiner will mehr mit der Polizei zusammenarbeiten, keiner weiß etwas, keiner hat etwas gehört oder auch nur begriffen, warum sein Laden hochgegangen ist.«
    Carl hörte ruhig zu, ohne sich desinteressiert zu zeigen, obwohl er schon zu dem Schluß gekommen war, daß er vernünftigerweise nicht in diese Geschichte verwickelt sein konnte. Er bezweifelte, daß er überhaupt etwas zur Aufklärung beitragen konnte. Rune Jansson, der Carls höfliches Desinteresse nicht durchschaute, setzte seine Darlegungen eine Weile fort, bis er endlich zur Sache kam.
    »Den Zeitungen ist im vergangenen Jahr mit einiger

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