Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)
»Gehörst du dann mir? Ich meine, wenn der Prinz fällt und du Alleinerbin bist, wer hindert uns dann noch …?«
»Niemandem gehöre ich!« Sie trank ihren Wein aus und starrte in den leeren Kelch. »Doch wir werden sehen.« Sie hob den Blick, sah ihm wieder in die Augen. »Wenn diese Gefahr von uns beiden abgewendet ist, wird manches möglich sein.«
Maria stand auf, kam zu ihm und küsste ihn auf die Stirn. »Suche deine Chance, Max, und wenn du sie siehst, zögere nicht länger und greif zu. Das Schicksal ist auf unserer Seite, ich fühle es.« Grußlos verließ sie den Raum. Maximilian musste allein in sein Schlafzimmer gehen und dort liegen, ohne ein Auge schließen zu können.
*
Die Lunte brannte.
Zum Jahresende die erste Explosion: Bei Hannover schlugen Tillys Regimenter ein dänisches Heer. Ob der König Christian daraus lernen würde, dass er doch noch nicht ganz der großartige Kriegsmann war, für den er sich hielt? Hannes machte sich keine Hoffnungen. Nach dem Sieg jedenfalls feierten die Bayern sich selbst, wie man hörte, und einige Tagesritte weiter südwestlich in Halle feierten rings um Hannes auch Wallensteins Kaiserliche. »Tillys Heer wird ohne unsere Hilfe mit den Dänen fertig!«, hörte er den verhassten von Herzenburg rufen. »Wenden wir uns also Wichtigerem zu!«
Das Jahr endete, Januar und Februar des neuen Jahres brachten Schnee und Eis. Die Lunte brannte weiter. Hannes wartete auf seine Stunde.
Christian von Dänemark lernte gar nichts, und zum Ende des Winters hin gaben England und die Niederlande ihm neues Geld für neue Landsknechte und stellten das Heer des Grafen Mansfeld unter sein Kommando. Der Däne eroberte ein paar Städte in Westfalen, und schon brannte das schönste Feuer im Land. Und in Hannes’ Kompanie brannten die Reiter auf Beute und Kampf.
Der Frühling kam, und mit den Temperaturen stieg auch die Kriegslust: Gerüchte machten die Runde, wonach der Mansfelder mit dem Herzog von Sachsen-Weimar nach Südosten ziehen wollte, um sich mit dem Heer des rebellischen Fürsten von Siebenbürgen zu vereinigen. Gemeinsam wollten sie über Österreich herfallen und den Kaiser das Fürchten lehren. Wallenstein, so rechneten die evangelischen Feinde des Kaisers sich aus, würde Mansfeld verfolgen müssen, und der dänische König könnte sich mit Unterstützung des Tollen Halberstädters und des Landgrafen von Hessen-Kassel ganz der Vernichtung von Tillys Armee widmen.
Eine schöne Rechnung, aufgestellt von lauter jungen Hitzköpfen – sie ging nicht auf: Der Friedländer hatte die Brücke bei Dessau nicht umsonst befestigen lassen, und als der Graf von Mansfeld mit seinen Heerscharen auf ihr die Elbe überqueren und nach Südosten Richtung Siebenbürgen und Österreich ziehen wollte, stellten sich ihm die Kaiserlichen in den Weg und machten einen Strich durch die schöne Rechnung. Und die jungen fürstlichen Hitzköpfe rieben sich die Augen.
Der Kampf um die Elbbrücke geriet zu einer großen Schlächterei. Mehr als einmal sah Hannes dem Tod in die Augen, am letzten Tag der Schlacht tiefer als je zuvor.
Mit allem, was sie hatten, rannten da die Mansfelder gegen die Brücke an und hätten sie wohl auch genommen, wenn nicht im letzten Moment der Kroatenobrist Isolano seine Reiterkompanien gegen die Flanke des Gegners geführt hätte. Die Mansfelder mussten in ihre Gräben und Schanzen zurückweichen. Die Reitereien Isolanos und von Herzenburgs setzten ihnen nach, und Hannes erhielt den Auftrag, mit zwei Rotten den Munitionswagen des Gegners anzugreifen und so lange zu beschießen, bis er explodierte. Das gelang, und das Feuer, das dadurch ausbrach und Wald und Schanzen in Flammen setzte, trieb die Mansfelder aufs freie Feld hinaus, wo die kaiserlichen Dragoner und Infanteristen schon auf sie warteten.
Hannes und seine Reiter aber wurden umzingelt und mächtig bedrängt. Hannes sah einen nach dem anderen fallen, und ihm selbst brach im Kampf das Seitengewehr ab, und das Pulver ging ihm aus. Hätte sein Rappen ihn nicht in gestrecktem Galopp durch Feuer und feindliche Linien getragen, wäre jener Tag spät im April des Jahres 1626 wohl sein letzter gewesen. So aber entkam er mit nur zwei Reitern seiner Rotte.
Tausende starben an jenem blutigen Tag oder gerieten in Gefangenschaft. Mit den geschlagenen Überresten seiner Armee – fünftausend Mann alles in allem – floh der Graf Mansfeld die Elbe hinauf nach Süden.
Am nächsten Morgen ritt der Friedländer die Reihen
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