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Der kalte Himmel - Roman

Der kalte Himmel - Roman

Titel: Der kalte Himmel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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prompt.
    » Det heißt, ick habe nüscht für Sie, Gnädigste. Ich habe leider überhaupt nüscht. «
    Marie schlug die Augen nieder. Das durfte doch nicht wahr sein. So eine Riesenstadt und ausgerechnet für sie sollte es keine Arbeit geben? Als sie wieder hochschaute, sah sie den Mann über einen Zettel gebeugt. Er schrieb eine Adresse darauf.
    » Gehen Sie da mal hin « , sagte er in unerwartet vertraulichem Ton.
    Als Marie ihn fragend ansah, zwinkerte er und nickte ihr aufmunternd zu.
    *

Irgendwo spielte Musik, dazu sang eine kehlige Frauenstimme, aber Marie verstand kein einziges Wort. Zweimal war sie an dem Haus vorbeigelaufen, dann dämmerte ihr langsam, dass ihr der Mann vom Arbeitsamt keine Gaststätte, sondern einen Nachtclub empfohlen hatte. Das Schild der Paradieso Bar wies ihr über eine Treppe den Weg in eine Souterrain-Etage.
    Nina Simone sang Trouble in Mind, und obwohl Marie die Musik noch immer wie durch eine Wand aus Watte registrierte, wusste sie, dass das kein Ort war, an dem sie arbeiten konnte. Der ganze Raum war durch rote Tischlampen in ein dämmriges Licht getaucht, plüschige Sofas und gepolsterte Barsessel gruppierten sich zu kleinen Inseln in diesem roten Meer. Auf einem hölzernen Podest schwangen leichtbekleidete Mädchen ihre endlosen Beine um lange Stangen, die meisten hatten sich irgendwelche Glitzerteile auf den blanken Busen geklebt, trugen paillettenbesetzte Slips und netzartige Strümpfe, sonst nichts. Man musste keine Großstadtpflanze sein, um zu begreifen, was hier verkauft wurde.
    Erst jetzt bemerkte Marie, dass sie beobachtet wurde.
    » Kann ich Ihnen helfen? « , fragte der Mann im dunklen Hemd und blickte Marie amüsiert an.
    Da stand sie nun, in ihrer wollenen Winterjacke, dem groben Rock und den festen Schuhen, und sah ihn beklommen an.
    » Das Arbeitsamt hat mich geschickt « , sagte sie schließlich ehrlich, » aber ich glaube, das ist nichts für mich. «
    » Sie kommen aus Bayern, wie schön « , lächelte der Mann leichthin, gänzlich unbeeindruckt von ihrer Scheu. » Mein Vater kam aus München. «
    Marie wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie war so ein leichtes Sprechen nicht gewöhnt. Dieses schwerelose Dahingleiten, scheinbar ohne Absicht und Ziel.
    » Wo kommen Sie denn her? « , wollte er wissen.
    » Aus der Hollertau « , gab Marie zurück.
    » Das Land des Hopfens « , lächelte der Barbesitzer erneut und musterte sie nun von oben bis unten.
    Marie wich seinem Blick verlegen aus. Auch das brachte den Mann nicht aus der Ruhe, er hatte seine Entscheidung längst getroffen.
    » Sie können hier sofort anfangen « , sagte er wieder in diesem leicht schwebenden Ton. » Und Sie können hier auch eine Menge Geld verdienen. Es sei denn, Sie überlegen sich das noch. «
    Für einen Moment schwiegen beide.
    » Tut mir leid « , stammelte sie schließlich. » Das ist sehr freundlich von Ihnen, aber ich glaube, das ist nichts für mich. «
    In dem Blick des Mannes lag die irritierende Gelassenheit eines Menschen, der alles, aber auch alles in seinem Leben gesehen hatte.
    » Wissen Sie was, Frau …? «
    » Moosbacher « , sagte Marie schnell. » Marie Moosbacher. «
    » Marie, das ist aber ein schöner Name « , lächelte er weiterhin. » Wissen Sie was, Marie? Hier um die Ecke ist eine Gaststätte. Kudamm-Eck. Der Wirt ist ein bisschen eigen. Aber er sucht ständig neue Bedienungen. Vielleicht weil er so eigen ist. «
    Marie verstand nicht ganz. Wollte er ihr etwa helfen? Einfach so?
    » Ich ruf da mal an « , verabschiedete er sie so gelassen, wie er sie begrüßt hatte, » und werde Sie ankündigen. «
    *

Die dunkelgetäfelte Eckkneipe hatte auch schon bessere Tage gesehen. Als Marie in den Gastraum trat, war der Wirt gerade damit beschäftigt, die übriggebliebenen Gläser des Vortags von den Tischen zu räumen. Der Mann machte sich noch nicht mal die Mühe, sich nach ihr umzudrehen.
    » Jeden Tag von fünf bis Mitternacht « , platzte er los, ohne sie begrüßt oder überhaupt angesehen zu haben. » Außer dienstags, da haben wir Ruhetag. Oder sind Sie nicht die vom Wolf? «
    Er hatte inzwischen angefangen, die Gläser ins Spülwasser zu tunken, und sah nun endlich vom Tresen aus zu ihr hin.
    » Der Besitzer der Paradieso Bar « , sagte Marie vorsichtig, » ja, der hat mich geschickt. Es ist nur so, ich kann erst abends. «
    » Na, da können Sie gleich wieder gehen! « , raunzte der Wirt.
    » Nein « , rief Marie entsetzt, » ich meine « , sagte sie leiser,

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