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Der kalte Schlaf

Der kalte Schlaf

Titel: Der kalte Schlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Hannah
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war die wahrheitsgemäße Antwort auf eine Frage, die mir gestellt worden war. Ich hätte es nicht unaufgefordert erzählt, aber wir waren ausdrücklich gefragt worden, ob jemand von uns schon mal in einen Verkehrsunfall verwickelt war, und ich sah nicht ein, warum ich mir die Mühe machen sollte, es zu verbergen.«
    Simon verstand ihn vollkommen, genauso hatte er sich gefühlt, nachdem Charlie ihm von ihrer Begegnung mit Amber Hewerdine vor der Praxis der Hypnotherapeutin erzählt hatte, als sie ihn gebeten hatte, seine Zeit damit zu verschwenden, sich unnötige Lügen auszudenken. »Die Wahrheit zu sagen ist vielleicht nicht immer am besten für die Leute, die sie sich anhören müssen«, meinte er, »aber es ist normalerweise das Beste für den, der sie ausspricht.«
    »Ganz Ihrer Meinung«, bekräftigte Ormston. »Wollen Sie etwas wissen, das kaum jemand weiß?«
    Simon malte sich aus, was Ormston in einer idealen Welt gleich sagen würde: Wollen Sie wissen, wer Kat Allen ermordet hat? Wollen Sie wissen, was die Worte »Lieb, Grausam, Liebgrausam« bedeuten?
    »Wenn man das tut, was am besten für einen selbst ist, wird man immer erstaunt feststellen, dass es auch das Beste für alle anderen war. Es gibt nicht viele Leute, die das erkannt haben, mir selbst war es lange Zeit nicht klar. Wir stellen uns ja immer vor, dass wir auf Widerstand stoßen werden, wenn wir klar und deutlich sagen, was wir wollen und brauchen. Dass es zu einer persönlichen Konfrontation kommen wird, vielleicht sogar zu einem Kampf, den wir nicht gewinnen können. Aber in Wahrheit entstehen nur dann Probleme und Konflikte, wenn wir uns zwingen, irgendwas zu tun, was unserer Meinung nach am besten für andere ist.«
    Simon war nicht überzeugt davon, fand aber, dass er schlecht widersprechen konnte, nachdem Ormston ihm gerade eben zugestimmt hatte. Er wusste nur, dass ihm leichter zumute war, seitdem er beschlossen hatte, geradeheraus und direkt zu sein, weil das am besten für ihn war – sogar besser, als einen Job zu haben. Sonst wäre er das Risiko nicht eingegangen.
    »Eine Sekunde«, rief Ormston und kniff die Augen zusammen. »Amber. Wissen Sie, ich glaube, da war eine Amber. Doch.« Er nickte. »Ich glaube, das war die, die die große Ansprache gehalten hat. Sie hatte eine glasklare Aussprache, soweit ich mich erinnere, wie ein Mitglied des Königshauses. Und … eine ungewöhnliche Ausdrucksweise. Alle schauten sich mit erhobenen Augenbrauen an, als sie zu sprechen begann.«
    Simon runzelte die Stirn. Amber Hewerdine sprach mit reinstem Culver Valley-Akzent. »Eine Ansprache?«, fragte er.
    »Todesfälle im Straßenverkehr seien unvermeidbar in der modernen Welt, und wenn wir wirklich nicht wollten, dass jemand auf der Straße stirbt, sollten wir alle Autos verschrotten. Ich gebe es sinngemäß wieder – sie drückte sich schillernder und exzentrischer aus. Und da niemand bereit sei, aufs Auto zu verzichten, verkündete sie, sollten wir lieber mit dem Jammern aufhören.« Ormston gluckste leise. »Alle schienen furchtbar besorgt, dass ich mir das zu Herzen nehmen könnte, aber ich habe mich nicht darüber aufgeregt. Es war etwas befriedigend Todesverachtendes an ihren Ansichten. Sie war gegen Radarfallen und Verkehrserziehungskurse, gegen Temposchwellen und Zwanzig-Meilen-Zonen. Niemand sollte sein Fahrverhalten auf Angst und Worst-Case-Denken ausrichten, erklärte sie. Man könne immer sterben, wenn man ins Auto steige, also könne man das ebenso gut akzeptieren und fahren, so schnell es einem gefällt, frei von Angst und Schuldgefühlen. Ich glaube, das war ihre Philosophie.«
    Ormston warf einen Blick in den Garten. Seine Frau tobte nicht mehr so herum, die Hunde schon. Sie warf Stöckchen, und die beiden rasten los und brachten sie ihr zurück. »Ich kann nicht behaupten, dass ich dieser Ansicht zustimme – dass freie Fahrt für freie Bürger etwas ist, für das man mehr Verkehrstote gern in Kauf nehmen sollte –, aber ich habe ihre Chuzpe bewundert.«
    »Könnte diese Frau irgendwann während des Kurses das Konferenzzentrum verlassen haben?«, fragte Simon.
    Ormston schüttelte den Kopf. »Wir waren alle die gesamte Kursdauer über da. Sogar in der Mittagspause sind wir alle im Raum geblieben, abgesehen von ein paar Leuten, die kurz zur Toilette sind.«
    »Ist sie das – Amber, die Frau, die die Ansprache gehalten hat?« Simon reichte Ormston ein weiteres Foto. Dieses stammte aus den Rawndesley Evening News . Amber stand

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