Der Preis des Schweigens
-Programm ist auch offen, damit jeder Idiot, der zur Tür hereinkommt, den vollen Zugriff hat. Großartig! Reiß dich ein bisschen zusammen, Marc!«
»Ich weiß, Boss, tut mir leid. Irgendwie bin ich wie blockiert, wenn es um dieses Thema geht. Aber die Renovierung macht es mir auch wirklich schwer. Während mein Einzelbüro neu gestrichen wird, hüpfe ich hier im Großraumbüro von Schreibtisch zu Schreibtisch.«
»Solche Ausreden mögen ja für einen Detective Constable gelten, aber du bist jetzt Detective Sergeant und hast eine gewisse Vorbildfunktion«, dozierte Dan und spielte die Autorität, die ihm sein höherer Dienstgrad verlieh, voll aus. »Schon mal von Datenschutz und Informationssicherheit gehört? Na also, dann geh mit gutem Beispiel voran!«
»Wird gemacht, Boss«, nickte Bodie ohne jeden Groll. Er kannte die Spielregeln.
»Böser Bodie!«, zog ihn Jimmy auf, nachdem Dan gegangen war.
»Du kleiner Detective Constable hast mir gar nichts zu sagen«, konterte Bodie gutmütig. Schon bald würde er selbst gegenüber Jimmy seine Autorität ausspielen, das wussten sie beide.
Mit einem Lächeln drehte sich Bodie zu mir um und fragte: »Schreibst du eine deiner brillanten Pressemitteilungen zu unseren beiden Verhaftungen und sorgst dafür, dass wir möglichst professionell und heldenhaft rüberkommen?«
»Gerne, aber nicht heute. Ich habe Terrorismus-Sitzung.«
»Aber du könntest es doch dazwischenschieben, oder? Weil wir es sind? Es sollte möglichst morgen in der Zeitung stehen. Der unermüdliche Kampf der Polizei gegen den Drogensumpf, und so weiter.«
Die Deadline für Pressemitteilungen, die es in die morgige Zeitung schaffen sollten, war um fünf Uhr nachmittags, und es würde eine Weile dauern, bis ich aus Jimmys wilder Story die Fakten isoliert hatte. Das meiste durfte ich ohnehin nicht erwähnen, weil Gerichtsverhandlungen anhängig waren, und den Rest würde ich gehörig zensieren müssen. Um die Geschichte in das übliche Format zu pressen, war ein langer Prozess aus Aussortieren und Zusammensetzen nötig. Zunächst verriet die Pressemeldung, was passiert war, wo es passiert war, wem es passiert war und wann es passiert war, dann folgten Namen, Alter und Adressen der Beteiligten, Informationen zu Verhaftung und Gerichtsverhandlungen, Zitate, Kontaktnummern. Alles fein säuberlich hintereinander.
Am Ende würde die Meldung keinerlei Ähnlichkeit mehr mit Jimmys Heldenepos aufweisen, aber sie würde die Wahrheit enthalten, die nackten Tatsachen – gerade so viel, wie die Reporter und die Öffentlichkeit wissen mussten.
»Ich glaube nicht, dass ich heute noch Zeit finde. Auf meinem Schreibtisch stapelt sich die Arbeit«, protestierte ich.
»Aber du nimmst dir doch sonst auch für uns Zeit! Bei dir klinge ich immer so eloquent, wenn du mich zitierst«, bettelte Bodie, der genau wusste, wie er mich um den Finger wickeln konnte.
»Der Kampf gegen das Verbrechen ist nun mal ein Fulltimejob«, fügte Doyle mit todernstem Gesicht hinzu. »Das versteht dein Verlobter schon. Schließlich musst auch du mit gutem Beispiel vorangehen. «
»Du kriegst ein Kit-Kat, wenn du es machst«, versprach Bodie und wedelte mit dem Schokoriegel vor meiner Nase herum.
»Ich esse keine Schokolade«, sagte ich lächelnd. »Also gut. Weil ihr es seid.«
»Wir nutzen dich schamlos aus, oder?«, grinste Bodie. »Das ist unsere absolute Lieblingsbeschäftigung.«
Die Pressemitteilung für Bodie und Doyle brachte meinen Zeitplan natürlich vollkommen durcheinander. Ich schrieb sie zwischen einem Update zu einem Brandstiftungsfall, das ich im Auftrag eines Inspectors herausgeben musste, und dem Versuch, mit der Lokalzeitung einen Fototermin für das neue Polizeiteam von Pontypridd auszumachen. Auf dem Heimweg musste ich noch Dans Anzug von der Reinigung mitbringen und Geld von der Bank holen, um den Milchmann zu bezahlen, der immer am letzten Donnerstag im Monat klingelte. Um zehn nach sieben saß ich mit Dan im Auto und versuchte, mir auf der Fahrt zum Restaurant das Gesicht zu pudern und ein wenig Lippenstift aufzulegen. Dan fummelte unterdessen an seinem iPod herum und schloss ihn an das Autoradio an, damit er mir die Songs vorspielen konnte, die er von iTunes heruntergeladen hatte.
Überhaupt war iTunes seine neue Leidenschaft. Er war wahnsinnig stolz auf sein hochmodernes Smartphone mit Internetfunktion. (Ich hingegen schaffte es mit Mühe und Not, auf meinem Handy eine SMS zu tippen, allerdings nur, wenn die
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