Der silberne Falke - Fox, K: Der silberne Falke: Historischer Roman
faulen Stummelzähnen, das um Odon herumscharwenzelte. » E r scheint eine neue Liebe gefunden zu haben. Arme Maud! « , frotzelte er und erntete ein tadelndes Kopfschütteln von William dafür. »S chon gut, ich bin ja still. « Robert zog den Kopf ein und seufzte leise.
Odon blickte immer wieder zu ihnen herüber. Sobald sein Blick sich jedoch mit Williams kreuzte, wandte er sich ab. Erst am Nachmittag, als sie durch Zufall nebeneinanderstanden, raunte Odon ihm boshaft zu: »L ass Robert lieber nie allein mit ihr! « Odons Mund war nun ganz dicht an Williams Ohr. Sein Atem roch nach Bier. »E s ist immer der beste Freund, mit dem das eigene Weib fremdgeht, deshalb habe ich keinen. « Er nickte in Marguerites Richtung und grinste anzüglich. »S ieh nur, wie vertieft sie in die Unterredung mit ihm ist und wie vertraut sie wirken! «
Marguerite und Robert hatten in der Tat die Köpfe zusammengesteckt, tuschelten und lachten. Wie zufällig lag Roberts Hand dabei auf ihrer Schulter.
William sah Odon unwirsch an. »W as soll das? Glaubst du wirklich, ich misstraue ihnen? «
Statt einer Antwort zuckte Odon nur mit den Schultern und wandte sich ab.
William schüttelte den Kopf. Wie kommt er nur darauf, ich könnte so ein aberwitziges Geschwätz glauben?, dachte er und versuchte, das unbehagliche Gefühl, das seinen Nacken hinaufkroch, nicht weiter zu beachten.
Roford Manor, Januar 1201
N ach dem Weihnachtsfest, das sie mit König John und seiner Gemahlin verbracht hatten, waren William, Marguerite und Robert nach Roford Manor zurückgekehrt. William musste sich erst noch daran gewöhnen, nun Gutsherr zu sein. Die Angst, der Verantwortung für die vielen Menschen, über die er nun zu bestimmen hatte, nicht gerecht werden zu können, lastete schwer auf ihm. Er wusste zu wenig über das, was von ihm erwartet wurde, und fürchtete, sich und die, die er liebte, ins Unglück zu stürzen, weil ihm die Aufgaben und Pflichten eines Gutsherrn so fremd waren.
Zum Glück erwies sich Marguerite als überaus fähige Mitstreiterin. Sie konnte lesen, schreiben und hervorragend rechnen. Im Gegensatz zu William war sie bestens auf ihre Position vorbereitet und wusste genau, was von ihr erwartet wurde.
Als Erstes ließ sie sich vom Steward die Bücher zeigen und hieß ihn über Einnahmen und Ausgaben, die Erträge von Feldarbeit und Viehzucht berichten. William stand nur bewundernd und aufmerksam dabei und hörte zu. Marguerite erklärte ihm, dass es zu den Aufgaben des Stewards gehörte, jeden Abend gemeinsam mit dem Priester die Bücher zu führen und Ein- und Ausgaben zu überwachen.
Hin und wieder jedoch überprüfte sie die Rechnungen selbst, damit der Steward nicht glaubte, er könne nach Belieben schalten und walten. Ein Steward hatte wichtige Aufgaben, darum konnte es nicht schaden, wenn er merkte, dass die Herrschaft genau nachvollziehen konnte, was er tat. Mit dem Koch hatte er die Speisepläne und die Vorratshaltung zu planen; außerdem hatte er dafür zu sorgen, dass für den Winter genügend Vorräte eingekellert waren, und zu überwachen, dass sie während der kalten Jahreszeit nicht zu rasch verbraucht wurden.
Marguerite erfasste die Vorzüge des Gutes ebenso schnell wie die Schwierigkeiten, auf die man in den vergangenen Jahren gestoßen war. Sie erkannte, dass Ackerbau und Viehzucht ordentliche Erträge brachten, der Wald jedoch zu wenig genutzt wurde. Die Falknerei, so wusste William, würde zusätzliche Einkünfte bringen, nicht zuletzt, weil der König ihnen die Pflege seiner Vögel großzügig bezahlen würde.
William war heilfroh, dass er Marguerite die Führung des Haushalts und dem Steward die Aufsicht über die Ländereien überlassen konnte, denn auf Robert und ihn wartete ebenfalls eine Menge Arbeit.
Als Erstes musste er die verwaiste Falknerei, die sich unweit des Gutshauses befand, wieder aufbauen. Während das Gut selbst immer wieder ausgebessert und sogar erweitert worden war, hatte man die Falknerei seit Jahren vernachlässigt. Das Dach war schadhaft und musste neu gedeckt werden. Die hohe Reck und die Blöcke waren nicht mehr zu gebrauchen und mussten erneuert werden. Auch die Wände des Mauserhauses waren instand zu setzen, einige morsche Bretter, durch die der Wind pfiff, die herunterhängenden Fensterläden und die herausgerissenen Beschläge der Tür auszutauschen.
Als William sich genauestens vom Zustand des Mauserhauses überzeugt hatte und bei Marguerite seinen Unmut über dessen
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