Der silberne Falke - Fox, K: Der silberne Falke: Historischer Roman
es Robert nicht anders ergangen war. Darüber gesprochen hatten sie jedoch mit keiner Silbe. William fand, dass »G race « dem Merlinweibchen wegen seines besonders eleganten Fluges gerecht wurde, und hatte sich deshalb für diesen Namen entschieden, auch wenn er zu einem Vogel, der Odon gehören sollte, nicht so recht passen wollte.
»P rächtig, prächtig! « Sir Ralph lachte laut.
Die Namen der beiden Vögel zeigten nicht nur, wie ähnlich sich die beiden Falken waren, sie unterstrichen auch, wie nah sich die jungen Falkner standen.
»G race geht also an Odon und Willowy an meine Tochter. Komm her, Sibylle! « , rief er das Mädchen zu sich. Und während Odon noch mit Prahlereien vor seinen Freunden beschäftigt war, eilte Sibylle freudig auf den Burgherrn zu und knickste vor ihm.
»V ater. « Ihr Blick war züchtig gesenkt.
»D er Falke, den ich dir versprochen habe … Robert! « Er nickte dem Jungen zu.
Robert trat näher und hielt Sybille seinen Merlin hin. Er verbeugte sich vor der Tochter seines Herrn, als wäre sie eine Fremde und hätte nicht gestern noch mit ihnen herumgetollt. »D as ist Willowy, Euer Merlin, Mistress « , sagte er ergeben.
Mit rosigen Wangen streckte Sybille ihre Faust aus, die bereits in einem für ihre Hand passenden Falknerhandschuh aus Hirschleder steckte. Ihr Vater hatte ihn für sie anfertigen lassen.
»W illowy « , wiederholte sie zärtlich und hielt Robert die Hand so geschickt hin, dass der Merlin, ohne zu zögern, darauf übertrat. Sie trug den zierlichen Falken, genau wie Robert und William es ihr gezeigt hatten. »D u hast zu viel gegessen, Pardon, gekröpft. « Sibylle lachte leise. »D u bist viel zu schwer für einen so hübschen kleinen Vogel. « Der Blick, mit dem sie Robert bedachte, wirkte nicht minder liebevoll als der für den Falken.
William schmunzelte, weil sich Robert geniert abwandte. Dass Sibylle sich in seinen Freund verguckt hatte, war ihm schon länger aufgefallen, aber Robert wollte davon nichts wissen. Als William ihn einmal damit aufgezogen hatte, war Robert wütend geworden und hatte sich einen halben Tag lang beleidigt von ihm ferngehalten.
Als Odon sah, dass seine Base ihren Vogel bereits auf der Hand hielt, kam er mit großen Schritten auf William zu. Die Faust mit dem Falknerhandschuh hielt er ungewöhnlich hoch und weit nach vorn gestreckt.
Er kann es nicht verwinden, ein Mal nicht im Mittelpunkt zu stehen, dachte William geringschätzig und sah mit Absicht an ihm vorbei.
Grace blieb ruhig auf seiner Faust stehen, obwohl Odon viel zu schnell und mit klirrenden Sporen auf sie zukam.
William war mächtig stolz, weil er den Merlin so gut abgetragen hatte, trotzdem spürte er hilflosen Zorn in sich aufsteigen. Odon hatte keine Ahnung von Falken und verdiente Grace nicht! Sie hergeben zu müssen, war schlimmer, als William es sich vorgestellt hatte. Doch er wollte Falkner werden und wusste, dass er nicht immer alle von ihm abgetragenen Falken würde behalten können. Mit ein wenig Glück würde er Grace ja auch nicht für immer verlieren. Während der Mauser würde sie in der Falknerei in der Mauserkammer stehen und vor der darauf folgenden Jagdsaison erneut abgetragen werden müssen. Trotzdem fiel es ihm schrecklich schwer, sie nun hergeben zu müssen. Vielleicht, wenn es nicht ausgerechnet Odon gewesen wäre …
Doch der trat nun ohne ein einziges Wort des Lobes über den Falken oder die Jagd hinzu, sah William nur hochnäsig an und wartete darauf, dass er ihm den Falken auf die ausgestreckte Hand stellte.
»D u hältst dich für etwas Besonderes, aber du bist nichts weiter als ein Knecht, vergiss das nicht « , knurrte er leise.
»D as ist Grace « , erklärte William, so gefasst er konnte, obwohl ihm zum Heulen zumute war, und ließ den Vogel auf Odons Faust übertreten, bevor er selbst ein paar Schritte zurücktrat. Der Merlin fasste noch einige Male nach, dann schien er einigermaßen bequem zu stehen. Odon mangelte es jedoch an Erfahrung. Er hielt die Hand nicht sicher, und als er sich bewegte, spürte auch Grace, wie ungeschickt er war. Sie stürzte sich beunruhigt von seiner Faust und baumelte, nur von der Fußfessel gehalten, kopfüber von ihr herab. Ärgerlich rief Odon nach dem Falkner.
»L ogan, sieh her, der Vogel taugt nichts! Er ist krank. « Odon klang wie ein verzogenes Kind. »I ch will ihn nicht. «
»U nsinn, der Falke ist kerngesund. Du musst ihm in den Stand zurückhelfen, na los! « , fuhr sein Onkel Sir Ralph
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