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Der Tod des Bunny Munro

Der Tod des Bunny Munro

Titel: Der Tod des Bunny Munro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Cave
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Grund ein völlig geistesgestörtes Grinsen auf dem Gesicht hat.
    »Wirklich, Dad? Ein Hotelzimmer!«
    »Bingo! Und weißt du, was wir uns dort kommen lassen?« Gelbe Lichtstreifen gleiten über das Gesicht des Jungen, der große, runde Augen bekommen hat, und Bunny sagt mit der angemessenen Ehrfurcht: »Den Zimmerservice.«
    »Was ist denn der Zimmerservice, Dad?«
    »Alter Schwede, Bunny Boy, du kennst die Hauptstadt der Mongolei, aber hast keine Ahnung, was Zimmerservice ist?«
    Bunny hat Hausverbot auf Lebenszeit in drei McDonald’s und einem Burger King, und bei Kentucky Fried Chicken an der Western Road ist er einmal in so hohem Bogen rausgeflogen, dass er sich zwei Rippen gebrochen hat. Das war an einem Samstagnachmittag, als der Laden brummte. Außerdem wurde er im Großraum Sussex in vier unabhängigen Fällen wegen antisozialen Verhaltens verwarnt.
    »Zimmerservice funktioniert so: Du liegst in einem Hotelzimmer auf dem Bett, schließt die Augen und denkst an irgendwas auf der Welt, das du gern hättest, also wirklich ganz egal, was, und dann rufst du die Rezeption an und bestellst es, und irgendein Aushilfspage mit Fliege bringt es dir aufs Zimmer.«
    »Ganz egal, was, Dad?«, fragt Bunny Junior, wirbelt seinen Darth Vader herum und kapiert in diesem Moment, dass er sich die ganze Zeit eigentlich völlig unnötig Sorgen gemacht hat.
    »Sandwiches, eine Tasse Tee, Fish and Chips, eine Flasche Vino … äh … Kippen … eine Massage … ganz egal, was. Und noch was, Bunny Boy …«
    Der Punto fährt an einem schemenhaften Mann mit tätowierten Armen vorbei, der in einer Parkbucht am Straßenrand das Hinterrad eines braunen Zementmischers wechselt (auf der Motorhaube steht in riesigen, cremefarbenen Buchstaben das Wort ›DUDMAN‹). Ein panischer Schrecken durchfährt Bunny Junior, als er sieht, dass die Scheibenwischer des Trucks in einem Affenzahn hin und her wedeln, obwohl es gar nicht regnet.
    »Wenn wir ins Hotel kommen, zeig ich dir die abgefahrenste Sache auf der ganzen Welt!«
    Der Junge sieht zu seinem Vater hoch und fragt: »Was denn, Dad?«
    Bunny verdreht die Augen. »Völlig balla balla!«
    »Was soll das sein, Dad?«, fragt Bunny Junior noch einmal und unterdrückt ein Gähnen.
    »Ich meine, total Banane, Juliane!«
    »Da-ad!«, sagt der Junge.
    »Also, volle Kanne Hund in der Pfanne!«
    Bunny Junior lacht. »Da-a-ad!«
    Bunny wechselt die Spur, setzt einen ehrfürchtigen Blick auf und wendet sich, um es richtig spannend zu machen, Bunny Junior direkt zu.
    »Die kleinsten Seifen, die du je im Leben gesehen hast.«
    »Seifen?«
    »Ja, Seifen, kleiner als Streichholzschachteln.«
    »Echt«, sagt Bunny Junior und presst die Lippen zu einem Lächeln zusammen.
    »Und einzeln verpackt«, fügt Bunny hinzu.
    Bunny Juniors Gesicht leuchtet auf, trübt sich wieder, leuchtet wieder auf, und das tut es noch eine ganze Weile so weiter. Er streckt die Hand aus und hält Daumen und Zeigefinger so, dass eine Streichholzschachtel dazwischenpassen würde.
    »Echt? So klein?«, sagt er verblüfft. »Was denn?«
    »Die Seifen«, antwortet Bunny Junior.
    »Noch kleiner.«
    Bunny hält Daumen und Zeigefinger ungefähr dreieinhalb Zentimeter auseinander und flüstert seinem Sohn zu: »Sie sind winzig.«
    Bunny Junior riecht den Fischgeruch, den der salzige Wind vom Meer heraufträgt. Nebel zieht vom dunklen Wasser hoch und wogt gespenstisch weiß um den Punto. Bunny Junior wackelt mit seiner schwarzen Plastikfigur.
    »Seife für Darth Vader«, sagt er.
    Bunny schaltet das Fernlicht ein und sagt: »Bingo, Bunny Boy.«

18
    Bunny erinnert sich noch an den Tag, als er mit Libby und dem Baby aus dem Krankenhaus kam. Sie legten den Winzling in sein Bettchen, und seine Augen, die noch keine richtige Farbe hatten, guckten aus einem krebsroten Knetfigurengesicht.
    »Ich hab keine Ahnung, was ich zu ihm sagen soll«, gestand Bunny seiner Frau.
    »Das ist auch eigentlich egal, Bun. Er ist drei Tage alt.«
    »Du hast wahrscheinlich recht.«
    »Sag ihm, dass er schön ist«, schlug Libby vor.
    »Ist er aber nicht. Er sieht aus, als wäre jemand auf ihn draufgetreten.«
    »Na, dann sag ihm halt das«, entgegnete sie. »Nur in einem liebevollen Ton.«
    Bunny beugte sich über das Bettchen. Das Kind wirkte auf ihn beängstigend präsent und tausend Lichtjahre weit entfernt, beides gleichzeitig. Mit irgendetwas an ihm kam er nicht klar; seine Mutter überschüttete ihn so mit Liebe.
    »Du siehst aus, als hätte dich jemand durch

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