Der Triumph des 19. Jahrhunderts
eingeschaltet, daß die Forscher auf dem Gipfel des Pics den weit lebhafteren Glanz der Sterne, die leichtere Fortpflanzung des Schalles und jene Schwere der Gliedmaßen nebst Kopfschmerzen beobachteten, welche unter der Bezeichnung »Bergkrankheit« allgemein bekannt ist.
Während ein Theil des Stabes diese wissenschaftliche Promenade unternahm, durchstreiften einige andere Officiere die Stadt, in der nur eine ziemlich bescheidene, die »Alameda« genannte Alleestraße und die Kirche der Franziskaner erwähnenswerth erscheinen. Dagegen bieten die Umgebungen mehr des Interessanten, darunter die merkwürdigen Aquäducte, welche der Stadt Wasser zuführen, und der Wald von Mercedes, der, wie d’Urville wollte, eigentlich richtiger ein Dickicht genannt werden sollte, denn er besteht nur aus Gesträuch und mächtigen Farrenkräutern.
Die Bevölkerung schien heiteren Temperaments, aber entsetzlich träge, genügsam, aber über alle Maßen unsauber und von unglaublich leichtfertigen Sitten zu sein.
Am 12. October lichteten die beiden Fahrzeuge wieder die Anker, um so schnell als möglich nach den Polargebieten zu gelangen. Nur aus humaner Rücksichtnahme entschied sich d’Urville dahin, vor Rio einmal zu halten. Der Zustand eines schon brustkrank an Bord gekommenen Seecadetten verschlimmerte sich mit jedem Tage so sehr, daß ein Aufenthalt in den eisigen Regionen dessen Ende offenbar beschleunigt hätte. Das war der Grund, um dessentwillen der Commandant von seiner Reiseroute abwich.
Die beiden Schiffe ankerten am 13. November auf der Rhede von Rio, nicht in der Bai, verweilten daselbst aber nur einen Tag über, das heißt so lange, als die Landung des jungen Duparc und die Einnahme einiger frischen Nahrungsmittel Zeit beanspruchten, und segelten dann nach Süden weiter.
Schon lange wünschte d’Urville die Magellanstraße einmal zu untersuchen, weniger aus hydrographischem Interesse – denn die im Jahre 1826 von dem englischen Kapitän King begonnenen und erst 1834 von Fitz-Roy zu Ende geführten, gewissenhaften Aufnahmen ließen nach dieser Seite kaum etwas zu thun übrig – aber mit besonderer Berücksichtigung der Naturgeschichte, welche noch eine Fülle neuer Beobachtungen sammeln zu lassen versprach.
Gleichmäßig interessant erschien es, sich über die jeden Augenblick drohenden Gefahren durch Sturmböen und dergleichen zu unterrichten, von denen die früheren Seefahrer so viel erzählten.
Ferner reizte es seine Neugter, die berühmten Patagonier, über welche unzählige Fabeln und Widersprüche verbreitet waren, aus eigener Anschauung gründlich kennen zu lernen.
Noch ein anderer Grund gab den Ausschlag, daß d’Urville den Port Famine dem Staatenlande als Halteplatz vorzog. Bei dem Studium der Berichte früherer Forscher, die sich nach der Südsee begeben hatten, war der Commandant zu der Ueberzeugung gelangt, daß der geeignetste Zeitpunkt zur Fahrt nach diesen Meerestheilen das Ende des Januars und der Monat Februar sein müsse. Nur da herrschte voraussichtlich vollkommenes Thauwetter, und man vermied damit das Risico, die Mannschaften den nutzlosen Anstrengungen und Gefahren einer zur unrechten Zeit unternommenen Fahrt auszusetzen.
Sobald er sich hierüber schlüssig gemacht, theilte er dem Kapitän Jacquinot seine Pläne mit und steuerte nach dem Kanal zu. Am 12. December befanden sich beide Korvetten in Sicht des Caps der Jungfrauen, und Dumoulin begann mit Hilfe der jüngeren Officiere unter Segel die schöne Reihe seiner hydrographischen Aufnahmen.
Man mußte bis zum halben Körper im Wasser gehen. (S. 411).
In der sehr gewundenen Fahrstraße der Meerenge entwickelte d’Urville so viel Kühnheit, Kaltblütigkeit, Geschick und Geistesgegenwart – so haben Andere wörtlich über ihn geurtheilt – daß er die meisten Matrosen auf andere Gedanken brachte, denn diese hatten vorher, als sie ihn gichtleidend nur mühsam im Hafen von Toulon gehen sahen, spöttisch gerufen: »Mit dem Männchen werden wir nicht allzu weit kommen!«
Aufenthalt im Port Famine.
Als die Schiffe aber, Dank der unausgesetzten Wachsamkeit des Befehlshabers, glücklich aus der Meerenge heraussegelten, hatte sich die Anschauung der Leute gründlich verändert, und sie riefen nun:
»Dieser Teufelskerl muß toll sein! Da sind wir hart an den Felsen, Klippen und am Lande vorbeigefahren, als wäre er sein Lebelang hier hin und her gesegelt!… Und wir, wir glaubten schon, daß ihm der Tod im Nacken
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