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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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würde ihn von seiner Lehre ablenken. Die Aussicht darauf erfreute mich nicht gerade.
    Angezogen verließ ich meine Kammer und trat in Fürst Leuenfarbs Wohngemach. Ich wankte nicht länger, aber es war mir angenehmer, langsam und vorsichtig zu gehen. Der Page hatte das Frühstück noch nicht gebracht. Der Tisch war leer. Fürst Leuenfarb saß am Kamin und sah müde aus. Ich nickte ihm zu und legte dann die in ein Tuch gewickelten, hölzernen Federn auf den Tisch. »Ich glaube, die hier waren für dich bestimmt«, sagte ich in teilnahmslosem Tonfall. Als ich das Tuch aufschlug, stand Fürst Leuenfarb auf und trat zu mir. Schweigend schaute er zu, wie ich die Federn in einer Reihe auslegte.
    »Die sind sehr außergewöhnlich. Wo hast du die her, Tom Dachsenbless?«, fragte er schließlich, und ich fühlte, dass ihm mein Schweigen diese Frage entlockt hatte. Es tat mir weh, dass er noch immer mit Fürst Leuenfarbs jamaikanischem Akzent sprach.
    »Als Pflichtgetreu und ich durch den Gabenpfeiler gegangen sind, hat dieser uns an einen Strand gebracht. Die hier habe ich an der Flutlinie gefunden. Sie lagen wie Treibgut zwischen den Algen. Eine nach der anderen habe ich sie im Sand gefunden.«
    »In der Tat. Solch eine Geschichte habe ich noch nie gehört.«
    Sein teilnahmsloser Kommentar enthielt eine unausgesprochene Frage. Hatte ich sie absichtlich vor ihm verborgen oder sie schlicht als unwichtig abgetan? Ich antwortete ihm, so gut ich konnte: »Die Zeit, die wir am Strand verbracht haben, kommt mir immer noch seltsam vor. Irgendwie losgelöst von allem anderen. Als ich wieder zurückgekehrt bin, ist so viel zugleich geschehen: der Kampf, um Pflichtgetreu zurückzugewinnen, Nachtauges Tod und die Reise hierher, während der wir nicht unter vier Augen miteinander sprechen konnten. Als wir dann wieder in Bocksburg waren, war da die Verlobung und all das Drumherum.« Diese Entschuldigungen kamen mir sofort armselig vor. Warum hatte ich ihm nicht von den Federn erzählt? »Ich habe sie in Chades Arbeitszimmer gelegt. Irgendwie war die Zeit nie reif dafür, sie dir zu zeigen.«
    Er starrte sie einfach an. Ich betrachtete sie erneut. In einer Reihe auf dem groben Tuch ausgelegt, wirkten sie mit ihrer grauen Farbe noch weit weniger bemerkenswert als sonst. Gleichzeitig stellten sie jedoch etwas von Grund auf Fremdartiges dar, viel zu perfekte Artefakte, als dass sie von Menschenhand hätten geschaffen werden können, und doch waren sie künstlich. Ich empfand einen seltsamen Widerwillen, sie zu berühren.
    »Ich verstehe«, sagte Fürst Leuenfarb schließlich. »Nun. Danke, dass du sie mir gezeigt hast.« Er drehte sich um und ging wieder zum Kamin zurück.
    Ich begriff nicht, was gerade geschehen war. Ich versuchte es erneut. »Narr. Ich glaube, sie gehören zur Hahnenkrone.«
    »Da hast du ohne Zweifel Recht«, erwiderte er in nüchternem Tonfall. Er saß vor dem Feuer und streckte die Beine aus. Dann verschränkte er die Arme vor der Brust, senkte das Kinn und starrte in die Flammen.
    Ein Anflug von Wut überkam mich. Einen Augenblick lang wollte ich ihn packen und schütteln und von ihm verlangen, wieder der Narr für mich zu sein. Dann war die Wut wieder verschwunden, und ich zitterte, und mir war schlecht. In diesem Augenblick hatte ich das Gefühl, als hätte ich den Narren irgendwie umgebracht, dass ich ihn zerstört hatte, als ich Antworten auf die Fragen verlangt hatte, die so lange unbeantwortet zwischen uns gewesen waren. Ich hätte wissen müssen, dass ich ihn niemals würde verstehen können, wie ich andere Leute verstand. Erklärungen hatten bei uns nie wirklich funktioniert, Vertrauen aber schon, und ich hatte dieses Vertrauen zerbrochen, so wie ein Kind etwas auseinander nimmt, um zu sehen, wie es funktioniert, und es dann nicht mehr zusammenbekommt. Vielleicht konnte er nun nicht mehr der Narr sein, so wie ich nie wieder Burrichs Stallbursche sein konnte. Vielleicht hatte unsere Beziehung sich viel zu grundsätzlich verändert, als dass wir je wieder der Narr und Fitz sein konnten. Vielleicht waren Fürst Leuenfarb und Tom Dachsenbless alles, was uns noch geblieben war.
    Plötzlich fühlte ich mich wieder müde und schwach. Ohne ein weiteres Wort wickelte ich die Federn wieder ein. Ich trug sie in meine Kammer zurück und schloss die Tür hinter mir. Dann ging ich durch die Geheimtür und begann den langen Aufstieg zu meinem Arbeitszimmer.
    Als ich mein Bett erreichte, zitterte ich vor Erschöpfung. Ohne

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