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Die Farbe der Gier

Die Farbe der Gier

Titel: Die Farbe der Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Farbe der Gier
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das Gebäude gekracht ist?«
    »Da war er schon in der Wall Street – er hatte einen Termin mit einem potenziellen Kunden, dessen einziger Vermögenswert ein Gauguin ist. Da hätte er sich nie und nimmer verspätet.«
    »Und Leapman?« Anna nahm noch einen Schluck Kaffee.
    »Immer einen Schritt hinter ihm, wie gewöhnlich«, sagte Tina.
    »Darum also wurden die Aufzugtüren offen gehalten.«
    »Die Aufzugtüren?«, wiederholte Tina.
    »Unwichtig«, sagte Anna. »Aber warum warst du heute Morgen nicht bei der Arbeit?«
    »Ich hatte einen Termin beim Zahnarzt«, erklärte Tina. »Das stand schon seit Wochen in meinem Kalender.« Sie schwieg und sah über den Tisch. »Seit dem Augenblick, als ich die Nachrichten hörte, habe ich ununterbrochen versucht, dich anzurufen. Wo bist du gewesen?«
    »Ich wurde aus dem Gebäude eskortiert«, erwiderte Anna.
    »Von einem Feuerwehrmann?«, fragte Tina.
    »Nein«, sagte Anna. »Von diesem Affen, Barry.«
    »Warum das denn?«, fragte Tina.
    »Weil Fenston mich soeben gefeuert hatte«, erwiderte Anna.
    »Er hat dich gefeuert?«, wiederholte Tina ungläubig. »Warum sollte er ausgerechnet dich feuern?«
    »Weil ich in meinem Bericht an den Vorstand empfohlen habe, dass Victoria Wentworth ihren van Gogh verkaufen sollte.
    Dadurch könnte sie nicht nur ihr Konto bei der Bank ausgleichen, sondern auch den Rest des Anwesens behalten.«
    »Aber der van Gogh war der einzige Grund, warum Fenston dem Deal überhaupt jemals zugestimmt hat«, sagte Tina. »Ich 83
    dachte, das wüsstest du. Er ist seit Jahren hinter einem van Gogh her. Das Letzte, was er will, ist ein Verkauf des Gemäldes, damit Victoria vom Haken kommt. Allerdings ist das kaum ein Grund, dich zu feuern. Welche Entschuldigung …«
    »Ich habe eine Kopie meiner Empfehlung auch an die Kundin geschickt, was meiner Meinung nach dem Berufsethos von Bankern entspricht.«
    »Ich glaube nicht, dass das Berufsethos von Bankern Fenston des Nachts wach hält. Aber das erklärt immer noch nicht, warum er dich so schnell loswerden wollte.«
    »Weil ich drauf und dran war, nach England zu fliegen und Victoria Wentworth mitzuteilen, dass ich sogar schon einen potenziellen Käufer an der Hand habe. Einen bekannten japanischen Sammler, Takashi Nakamura. Ich bin sicher, wir hätten den Deal mit ihm rasch über die Bühne bringen können, wenn wir beim Verkaufspreis einigermaßen vernünftig geblieben wären.«
    »Du hast dir mit Nakamura den falschen Mann ausgesucht«, erklärte Tina. »Für welchen Verkaufspreis auch immer, er ist der Letzte auf Erden, mit dem Fenston Geschäfte machen würde.
    Sie sind beide seit Jahren hinter einem van Gogh her und gehören regelmäßig zu den letzten Bietern bei großen Impressionisten.«
    »Warum hat er mir das nicht gesagt?«, wollte Anna wissen.
    »Weil es ihm nicht immer in den Kram passt, einen wissen zu lassen, was er vorhat«, erklärte Tina.
    »Aber wir gehören doch beide zum selben Team.«
    »Du bist sowas von naiv, Anna. Hast du noch nicht gemerkt, dass Fenstons Team nur aus einer einzigen Person besteht?«
    »Aber er kann Victoria nur dazu bringen, ihm den van Gogh zu übergeben, wenn er …«
    »Da wäre ich mir nicht so sicher«, meinte Tina.
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    »Warum nicht?«
    »Fenston hat gestern mit Ruth Parish telefoniert und sie angewiesen, das Gemälde sofort abzuholen. Ich hab gehört, wie er das Wort ›sofort‹ mehrmals wiederholt hat.«
    »Bevor Victoria die Chance hatte, meinen Empfehlungen entsprechend zu handeln.«
    »Das würde auch erklären, warum er dich feuern musste, bevor du ins Flugzeug steigen und somit seine Pläne durchkreuzen konntest«, fügte Tina hinzu. »Du bist übrigens nicht die Erste, die ihren Hut nehmen muss.«
    »Wie meinst du das?«, fragte Anna.
    »Sobald jemand herausfindet, worauf Fenston es abgesehen hat, ist er weg vom Fenster.«
    »Warum hat er dich dann noch nicht gefeuert?«
    »Weil ich keine Empfehlungen ausspreche, die ihm nicht passen«, erwiderte Tina. »Darum hält er mich nicht für eine Bedrohung.« Sie hielt kurz inne. »Na ja, momentan noch nicht.«
    Anna trommelte wütend auf die Tischplatte und wirbelte dabei eine kleine Staubwolke auf. »Ich bin ja sowas von dämlich. Ich hätte es wissen müssen. Jetzt kann ich nichts mehr daran ändern.«
    »Da wäre ich mir nicht so sicher«, entgegnete Tina. »Wir wissen noch nicht mit Sicherheit, ob Ruth Parish das Gemälde bereits von Wentworth Hall hat abholen lassen. Wenn nicht, hast du noch genug Zeit,

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