Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)
einen ersten Strauß Frühlingsblumen hatte sie besorgt. Der zarte Duft betörte die Nase, das frische Blau, Rot, Gelb und Grün erfreute die Augen. Urban nickte zufrieden.
»Ihr habt Glück«, Dora nahm die Kanne und goss ihm Bier in den bereitstehenden Zinnbecher. »Erst heute Nachmittag hat mir Matas ein Fass des frisch gebrauten Bieres von letzter Woche gebracht. Es ist das erste, das ich zusammen mit meiner Schwägerin Gret gebraut habe.«
»Ihr habt eine Schwägerin?« Erstaunt horchte Urban auf. »Aber das heißt, dass Euer …«
»Dass mein Bruder Jörg endlich aus Nürnberg zurückgekehrt ist«, ergänzte sie. »Zu unser aller Überraschung hat er sich eine Ehefrau aus der Fremde mitgebracht.«
»Das ist eine wundervolle Nachricht! Es freut mich für ihn und natürlich auch für Euren Vater. Nun gibt es wieder eine richtige Hausfrau in seinem Haus in der Domgasse. Das wird einiges erleichtern, auch für uns. Wer ist sie? Vielleicht kenne ich die Familie. Nürnberg ist schließlich auch meine Vaterstadt.«
»Ihre Eltern sind früh verstorben, der Vater wohl noch vor ihrer Geburt, die Mutter im Wochenbett. Sie ist bei ihrem Oheim Wolf Wurfbein im Gasthaus beim Frauentor aufgewachsen.«
Täuschte sie sich, oder erblasste Urban ob ihrer Worte? Verlegen wich er ihrem Blick aus, tat, als kostete er das Bier, räusperte sich mehrmals, bevor er wieder etwas zu sagen bereit war. »Ich erinnere mich dunkel. Wurfbein war Einspänniger. Gelegentlich habe ich mich seiner Dienste bedient. Ein sehr zuverlässiger Mann. Er wird seine Nichte gut erzogen haben. Was aber noch besser ist, sie ist das Bierbrauen also gewohnt. Das wird Euch hoffentlich bald dieser leidigen Pflicht im Haus Eures Vaters entledigen.«
Er tätschelte ihre Wange, dann setzte er von neuem den Becher an die Lippen und nahm einen weiteren tiefen Zug. Dora sah, wie sich der spitze Kehlkopf bei jedem Schlucken über den Rand seines schwarzen Faltrocks schob. Im Profil zeichneten sich die Züge von Urbans Gesicht noch schärfer ab als sonst. Die Wangen waren leicht eingefallen, die Augenlider geschwollen. Müde und ziellos blickte er umher. Die Reise musste ihn sehr angestrengt haben. Ehe sie ihn nach den genaueren Umständen fragen konnte, öffnete sich die Tür, und die vierzehnjährige Magd trat mit einem großen Tablett herein. Das irdene Geschirr klirrte gegeneinander, so eng standen die vielen Schüsseln darauf aneinander. Elßlins Zungenspitze blitzte zwischen den Lippen hervor, ihre Wangen waren gerötet. Man sah ihr die Anstrengung an, die es sie kostete, das schwere Tablett mit den dampfenden Schüsseln heil auf dem Tisch abzustellen. Dora gab ihr ein Zeichen, schnell wieder aus der Stube zu verschwinden. Urban ließ sich an seinem angestammten Platz am Kopfende des Tisches nieder und sah erwartungsvoll zu, wie Dora ihm zunächst von der Suppe in eine Schale schöpfte. Voller Genuss machte er sich daran, zuerst die Suppe, dann den gebratenen Hasen, das geschmorte Hirschfleisch und die verschiedenen Gemüse zu kosten. Den Kapaun sparte er sich wie stets bis zum Schluss auf.
»Wie ich sehe, habe ich Euren Geschmack getroffen.« Mit einem zufriedenen Lächeln betrat Mathilda die Stube. Umständlich wischte er sich die Lippen, bevor er sich erhob und die Arme zum Gruß ausbreitete.
»Wie immer ist Euch alles bestens gelungen. Ihr seid eine hervorragende Köchin. Selbst der Herzog neidet mir Eure Künste.« Herzlich schloss er sie in die Arme, was sie mit einem siegesgewissen Blick auf Dora gern geschehen ließ.
»Ich gebe mein Bestes, um es Euch in Eurem Heim recht zu machen. Elßlin hat saure Bohnen, Erbsen, Linsen sowie zweierlei Sorten Kohl gekocht. Das mögt Ihr doch gern zum Wildbret. Seht, das helle Brot dampft sogar noch. Erst wenige Augenblicke vor Eurer Ankunft hat es der Knecht von Bäckermeister Zells ins Haus gebracht. Mir ist, als hätte ich genau geahnt, wann Ihr zu Hause eintrefft.« Sie beugte sich derart galant über den Tisch, dass ihr wohlgeformter Leib dicht vor Urbans Angesicht gelangte. Er konnte nicht anders, als jede einzelne ihrer Bewegungen mit einem bewundernden Blick zu verfolgen. Behende rückte sie die Platte mit dem würzigen Käse und die Schalen mit verschiedenem Mus zurecht. »Sogar Nüsse und getrocknete Pflaumen habe ich noch herbeigezaubert«, säuselte sie. »Gegen Ende des Winters sind die Vorräte im Keller erschreckend dünn. Dennoch habe ich noch einige Schätze in der Hinterhand. Im eigenen Haus
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