Die Mädchen (German Edition)
dass die
Fahrt so schnell wie möglich zu Ende ging.
„Was ist? Willst du nicht
losfahren?“
Das tat er und setzte sie zehn
Minuten später bei sich zu Hause ab. Er schwor sich, niemals wieder ein Mädchen
mitzunehmen und hatte das auch nicht mehr gemacht. Er hatte überlegt, Marina
davon zu erzählen, sich dann aber dagegen entschieden, weil er nicht sicher
war, wie sie darauf reagieren würde. Sie hätte ihm sicherlich eine Mitschuld an
der Sache gegeben. Die ersten Tage und Wochen danach hatte er jeden Tag damit
gerechnet, dass die Polizei bei ihm vor der Tür stand und ihn wegen Belästigung
eines Minderjährigen anklagte, aber das war nicht geschehen. Als er das erste
Mal danach wieder zum Training ging, hatte er solche Magenschmerzen, dass er es
kaum aushielt. Und dann war sie nicht mal da. Er hatte erfahren, dass sie
seitdem überhaupt nicht mehr beim Training erschienen war. Und jetzt war sie
tot.
Was von dieser Geschichte konnte er
den beiden erzählen, ohne sich verdächtig zu machen? Gar nichts. Und deshalb
ließ er es auch.
„Wir haben über nichts Besonderes
gesprochen. Das Training, das Spiel am Samstag, dass sie am nächsten Morgen zur
Schule musste. Das war’s.“
„Sie wissen, dass es nicht gut
aussieht für Sie, weil Sie uns gestern nicht gleich die Wahrheit gesagt haben?“
Was dachte sie denn? Er war nicht
bescheuert. „Sie müssen das verstehen. Mein Sohn war dabei und meine Frau. Sie
waren wegen Merle Grothe da und das mit Sina hatte ich gar nicht so richtig
wahrgenommen.“
„Ihre Frau weiß nicht, dass Sie das
Mädchen trainiert haben?“
„Nein.“
„Und sie weiß natürlich auch nicht,
dass Sie mal eine Ihrer Schützlinge mitgenommen haben.“
Er schüttelte stumm den Kopf.
„Warum nicht?“
Gute Frage. „Ich fand es nicht
wichtig.“
„Wirklich? Oder haben Sie ihr
nichts erzählt, eben weil es wichtig war?“
Tja, das war jetzt natürlich schwer
zu sagen. „Hören Sie. Was wollen Sie mir eigentlich unterstellen? Dass ich Sina
getötet habe? Ich hab sie seit damals nicht mehr gesehen.“
„Ganz ehrlich? Sie sind unsere
heißeste Spur.“
„Was?“
„Passen Sie auf. Wir haben ein
ermordetes Mädchen und ein Mädchen, das verschwunden war und jetzt wieder da
ist. Beide kennen sich nicht, es gibt keinerlei Berührungspunkte zwischen
ihnen, außer dass sie beide blond und etwa gleich alt sind und beide in letzter
Zeit äußerst freizügig gekleidet und stark geschminkt herumlaufen. Und dann
tauchen Sie auf, der beide Mädchen kennt. Ist das ein Zufall?“
„Ich würde sagen, ja.“
„Wir sind uns da nicht so sicher.“
Er zuckte mit den Achseln und gab
sich damit gleichgültiger, als ihm zumute war. „Sie können glauben, was Sie wollen.“
„Wo waren Sie am Mittwoch zwischen
vierzehn und siebzehn Uhr?“
Er konnte es nicht fassen. „Sie
sind echt verrückt, wissen Sie das? Ich habe gearbeitet.“
„Hier?“
„Natürlich hier. Wo sonst?“
„Wir werden das natürlich
überprüfen.“
„Tun Sie sich keinen Zwang an.“
Luisa Bartelt sah zu, wie Timo sich
fertig machte. Sie bemerkte, dass seine Hände zitterten, als er versuchte, die
Krawatte zu binden, stand auf und nahm ihm die Sache aus der Hand. Er ließ es
wortlos über sich ergehen und vermied es, sie dabei anzusehen.
„Fertig“, sagte sie und klopfte ihm
auf die Brust.
„Danke“, murmelte er und zog sich
sein schwarzes Jackett über. Er atmete tief durch, als er einen letzten Blick
in den Spiegel warf. Mit der rechten Hand fuhr er sich durch das Haar, um eine
widerspenstige Strähne glatt zu streichen.
„Und du bist sicher, dass ich nicht
mitkommen soll?“
Sie sagte es ganz ruhig,
aber innerlich brodelte es in ihr. Sie hätte ihn liebend gern angebrüllt, um
ihrem Frust Luft zu machen. Sah er denn nicht, dass er alles kaputt machte?
Merkte er nicht, dass sie kurz davor war, ihn endgültig zu verlassen? Dabei
hatte sie nach dem Treffen mit der Siewers tatsächlich neue Hoffnung geschöpft.
Ihren Worten
n
ach hatte es nie eine echte Beziehung gegeben, sie
hatte
ja
noch nicht einmal seine Eltern
kennen gelernt.
Also
Sie hatte
sie
sich
ihren
den
Rat der Siewers zu Herzen genommen und war
nach ihrem Treffen zu Timo gefahren
. Er
schien erfreut, sie zu sehen und sie
hatten eine harmonische Nacht
verbracht
,
sodass sie wirklich daran geglaubt
hatte, dass sie noch eine Chance hatten.
A
ber
sobald sie aufgestanden waren, war wieder alles
beim Alten und
er
hatte sich wieder in
Weitere Kostenlose Bücher