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Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ...

Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ...

Titel: Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manesse-Verlag
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hatte. Was tat nun dieser Junge, als ich ihm eines meiner Abenteuer erzählte hatte? Er hieß mich einen Spitzel und Denunzianten und bat mich, ihn nicht länger mit Du anzureden, wie es unter jungen Männern vertrauten Umgangs üblich ist. Es blieb mir nichts anderes übrig, als ihn zu fordern, obwohl ich keinen Groll gegen ihn hegte. Ich entwaffnete ihn im Nu, ließ seinen Degen über seinen
Kopf hinwegwirbeln und sagte: «Kurz, hast du je erlebt, dass einer, der sich schändlicher Dinge schuldig gemacht hat, das kann, was ich gerade tue?» Das brachte die übrigen Lästerer zum Schweigen, und danach hat mich keiner mehr scheel angeschaut.
    Niemand wird erwarten, dass es für einen Kerl meines Schlags angenehm war, in Vorzimmern herumzustehen und mit Lakaien und Schmarotzern zu plaudern. Es war aber auch nicht entwürdigender als die Kaserne, die ich von Herzen satthatte, wie ich wohl nicht zu betonen brauche. All meine Beteuerungen, dass ich die Armee liebte, sollten lediglich meinem Dienstherrn Sand in die Augen streuen. Ich verzehrte mich danach, der Knechtschaft zu entrinnen. Ich wusste, dass ich geboren war, in der Welt etwas darzustellen. Als Angehöriger der Garnison zu Neiße hätte ich mir an der Seite des kühnen Franzosen mit dem Säbel den Weg in die Freiheit gebahnt; hier jedoch konnte mir allein die List helfen, mein Ziel zu erreichen – stand es mir also nicht zu, mich ihrer zu bedienen? Dies war mein Plan: Ich will mich Monsieur de Potzdorff so unentbehrlich machen, dass er meine Freiheit bewirkt. Sobald ich frei bin, werde ich dank meiner ansehnlichen Person
und guten Familie tun, was bereits zehntausend irische Gentlemen vor mir getan haben: eine vermögende Dame von Rang heiraten. Und dies ist der Beweis dafür, dass ich zwar nicht selbstlos, wohl aber aus edlem Ehrgeiz handelte. In Berlin gab es eine fette Krämerwitwe mit jährlichen Einkünften von sechshundert Talern und einem gut gehenden Geschäft, die mir zu verstehen gab, sie werde mich aus dem Dienst freikaufen, wenn ich sie heiratete; ich sagte ihr jedoch ganz offen, ich sei nicht zum Krämer geboren, und verwarf damit rundweg die von ihr angebotene Möglichkeit, freizukommen.
    Ich war meinen Dienstherren dankbar, dankbarer als sie mir gegenüber. Der Hauptmann war verschuldet, machte Geschäfte mit den Juden und stellte ihnen Wechsel aus, die nach dem Tod seines Onkels fällig werden sollten. In Anbetracht des Vertrauens, das sein Neffe mir entgegenbrachte, wollte mich der alte Herr von Potzdorff bestechen, um zu erfahren, wie es wirklich um die Geschäfte des jungen Mannes stand. Aber was tat ich? Ich setzte Monsieur Georg von Potzdorff davon in Kenntnis, und gemeinsam fertigten wir eine Liste geringer, so bescheidener Schulden an, dass sie den alten Onkel keineswegs verärgerte, sondern sogar beschwichtigte,
und froh darüber, so billig wegzukommen, beglich er sie.
    Und diese Treue zahlte sich für mich wahrlich aus. Eines Morgens befand sich der alte Herr im Zwiegespräch mit seinem Neffen – er kam zuweilen vorbei, um zu erfahren, was die jungen Offiziere des Regiments taten, ob dieser oder jener spielte, wer mit wem intrigierte, wer an einem bestimmten Abend einen Maskenball besucht hatte, wer verschuldet war und was sonst noch alles, denn der König wollte über jeden einzelnen Offizier seiner Armee Bescheid wissen. Ich wurde mit einem Brief zum Marquis d’Argens 180 geschickt (später heiratete er Mademoiselle Cochois, 181 die Schauspielerin), und da ich den Marquis bereits nach ein paar Schritten auf der Straße traf, übergab ich die Botschaft und kehrte zur Unterkunft des Hauptmanns zurück. Er und sein werter Oheim waren eben mit einem unwürdigen Gesprächsthema befasst: mit mir.
    «Er ist adlig», sagte der Hauptmann.
    «Pah!», erwiderte der Onkel (ich hätte ihn für seine Dreistigkeit erwürgen mögen). «Alle irischen Hungerleider, die sich je haben anwerben lassen, erzählen dasselbe.»
    «Galgenstein hat ihn entführt», fuhr der andere fort.

    «Ein entführter Deserteur», sagte Monsieur Potzdorff. «La belle affaire!» 182
    «Nun ja, ich habe dem Kerl versprochen, mich um seine Entlassung zu bemühen, und ich bin sicher, dass du eine sinnvolle Verwendung für ihn finden kannst.»
    «Du hast ja wirklich um seine Entlassung ersucht», antwortete der Ältere; er lachte. « Bon Dieu! Du bist ein Vorbild an Rechtschaffenheit! Wenn du nicht klüger wirst, Georg, wirst du niemals meinen Platz einnehmen. Zieh aus dem

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