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Die neue Historia des Dr. Faustus 01 - Der Engelspakt

Die neue Historia des Dr. Faustus 01 - Der Engelspakt

Titel: Die neue Historia des Dr. Faustus 01 - Der Engelspakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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demütig entgegen. Ihre Worte klangen fest und furchtlos.
    Die übrigen Gaukler standen unsicher und erwartungsvoll hinter ihrer Anführerin. Nun sah ich auch, was der Müller gemeint hatte: Da war eine Frau, fett wie ein Weinfaß, die einen dürren, knochigen Kerl an der Hand hielt. Im Hintergrund standen die beiden verwachsenen Mädchen, und auch das bärtige Weib war in der Gruppe zu erkennen. Hinzu kam ein gutes Dutzend weiterer exotischer Gestalten; die meisten verdankten ihre Auffälligkeit jedoch eher Farbe und Schnitt ihrer Kleidung, bunte Gecken in Flickenmänteln, weiten Glitzerstoffen, einer gar mit Turban. Auch sah ich einen, der nur ein Auge besaß, das beachtlich weit auf die Stirn gerückt war; das andere war zugewachsen. Einen dritten Arm, wie Friedbert berichtet hatte, entdeckte ich wohl nicht an ihm. Auch von dem Mädchen mit der Ledermaske war von meinem Platz aus nichts zu sehen.
    Kardinal DeAriel überließ das Reden dem Inquisitor. In seiner Stellung war er nur dem Heiligen Vater verpflichtet. Es war nicht seine Aufgabe, sich mit minderem Volk abzugeben.
    Das Gespräch zwischen Asendorf und der Gauklerin war bereits weit fortgeschritten, als wir unbemerkt unser Versteck bezogen. Offenbar verdächtigte der Hexenjäger die Zirkusleute, zwei Ketzern Unterschlupf zu gewähren – keine Frage, wen er damit meinte. Die junge Frau stritt alle Vorwürfe ab. Asendorf wurde ihrer Unschuldbeteuerungen allmählich müde und gab seinen Leuten einen Wink. Der Ring der Landsknechte brach auseinander, als die Männer von ihren Pferden sprangen und sich daranmachten, die Planwagen zu durchsuchen.
    Ein Gaukler wollte ihnen den Weg verwehren, doch einer der Soldaten holte mit dem Schwert aus und versetzte dem Mann im Narrenkostüm einen Hieb mit der flachen Klinge. Obwohl der Schlag nicht tödlich war, ging der Mann blutend zu Boden. Die Waffe hatte ihn über dem Ohr getroffen, und ein roter Schleier legte sich über seine Züge. Ein lautstarkes Murren ging durch die Reihen der Gaukler, doch keiner wagte, sich den Landsknechten zu widersetzen. Asendorf war im recht; die Jagd nach Ketzern rechtfertigte vor dem Gesetz selbst die schmutzigsten Mittel. Die Gaukler konnten froh sein, wenn der Inquisitor ihnen die Folter ersparte, um Faustus’ und meinen Aufenthaltsort zu erfahren.
    Auch die Anführerin der Gaukler hielt sich mühevoll zurück. Ihr war anzusehen, mit welcher Wut und Verachtung sie das Tun der Soldaten erfüllte, doch sie war klug genug, nicht zu widersprechen. Statt dessen ging sie mit zweien ihrer Gefährten neben dem Verletzten in die Knie und lenkte sich mit seiner Pflege vom brutalen Treiben der Landsknechte ab.
    Asendorfs Männer nahmen sich jeweils zu dritt einen Planwagen vor, warfen Kleidung und Utensilien der Gaukler ins Freie und wüteten wie Barbaren. Im letzten der Wagen wurden sie offenbar fündig, denn einer stieß einen Ruf aus, und sogleich eilten ihm zwei andere zur Hilfe. Gemeinsam zerrten sie eine schlanke Gestalt ins Freie.
    Es war ein junges Mädchen, gekleidet nur in ein leinenes Nachtgewand. Sie sackte sogleich zusammen, als ihre Füße das Gras berührten. Ihr Kopf war vollständig von einer engen, dunkelbraunen Ledermaske bedeckt. Weder Haar noch Gesicht waren zu erkennen. Allein ihre zierlichen Arme und die sanften Rundungen unter dem Hemd verrieten Jugend und Geschlecht.
    Zweifellos war dies die verletzte Tänzerin, von der Friedbert gesprochen hatte. Ich blickte zu Faustus hinüber, doch er zuckte mit den Schultern. Er vermochte selbst nicht zu erkennen, ob dies das Mädchen vom Wittenberger Schloßplatz war. Offenbar war es mit der Gedankenleserei des Doktors doch nicht soweit her, wie ich bislang vermutet hatte.
    Die Anführerin der Gaukler ließ jetzt von dem Niedergeschlagenen ab und trat schützend vor das Mädchen mit der Maske.
    »Ihr sucht Männer, oder?« rief sie den Landsknechten wütend entgegen. »Selbst ihr müßt erkennen, daß dies kein Mann ist. Und ganz sicher ist sie nicht Doktor Faustus.« Sie hatte beide Hände zu Fäusten geballt und sah aus, als wolle sie sich jeden Augenblick auf den erstbesten der Soldaten stürzen.
    »Er ist ein Gestaltwandler«, behauptete einer der Landsknechte, wohl in der niederen Absicht, einen Blick unter das Hemd des Mädchens zu werfen.
    Die Anführerin erkannte sein Trachten. »Wagt es nicht!« brüllte sie ihm ins Gesicht.
    Der Kerl packte eines ihrer Handgelenke, wollte sie an sich reißen und hatte die Zähne schon zum

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