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Die Tochter des Teufels

Die Tochter des Teufels

Titel: Die Tochter des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sie, lagerten ein, säuerten den Kohl, vergruben die Kartoffeln, versteckten das Vieh und prügelten die amtlichen Kontrolleure von den Höfen. Ab und zu wurden Kosaken eingesetzt … die plünderten dann im Namen des Zaren einige Dörfer, brannten die Hütten nieder, folterten die Bauern, bis sie sagten, wo sie ihre Schätze versteckt hatten, schändeten nebenbei die Frauen, trieben das Vieh weg und hinterließen eine verwüstete Landschaft.
    Das sprach sich herum, das flog wie der Wind in alle Gebiete. Und das bisher ruhige russische Volk, geduckt gehalten seit Jahrhunderten, gebeugt unter der Nagaika der Großgrundbesitzer, der Adeligen, der Wucherer und bestechlichen Beamten, besann sich auf seine unverbrauchte Urkraft: Es leistete Widerstand. Es schlug zurück. Es schluckte die Thesen von einer Revolution wie Rauschgift.
    Am 18. Februar 1917 rotteten sich zum erstenmal Menschenmengen zusammen und zogen durch Petersburg. Niemand wußte, wer die Massen dazu aufgerufen hatte …
    Zum erstenmal kochte der Kessel über. Fensterscheiben wurden eingeschlagen, Geschäfte gestürmt und geplündert. Ein Bäcker, der seit Tagen nichts mehr verkauft hatte, wurde auf der Straße totgetrampelt. In seinem Keller hatte man zehn Säcke Mehl entdeckt.
    Einige Hundertschaften Kosaken galoppierten durch Petersburg. Sie hatten den Befehl, die Menschen rücksichtslos zu zerstreuen, die Massen niederzureiten, mit ihren Säbeln dreinzuschlagen. Aber was taten die Kosaken? Sie ritten heran, schwenkten die Säbel und schrien: »Nein! Wir werden nicht auf unsere Brüder schießen! Wir sind keine Henker des Volkes!« Sogar die Offiziere schrien es mit, und das Volk marschierte weiter, jauchzte den Kosaken zu, brüllte »Hurra! Hurra!«, wenn eine neue Hundertschaft an ihnen vorbeiritt, statt sie zu zertrampeln, und zog vor die Paläste und Regierungsgebäude, zur Präfektur und zum Schloß.
    »Wir wollen Brot! Wir wollen Brot!«
    Innerhalb von drei Tagen stieg ein kleines Maß Kartoffeln, das früher fünfundzwanzig Kopeken kostete, auf fünf Rubel. Es gab keine Eier, für eine dicke Scheibe Brot mußte man stundenlang anstehen.
    Am 23. Februar marschierten 80.000 Arbeiter durch die Straßen Petersburgs. In den großen Putilow-Werken hatten sie die Arbeit niedergelegt, nun zogen sie, wachsend wie eine riesige Lawine, singend und mit roten Fahnen zum Gebäude der Duma, um zu protestieren. Straßenbahnen wurden angehalten, die Polizeiabsperrketten überrannt. Es gab keine Angst mehr, die heilige Scheu des Russen vor seiner Obrigkeit war verflogen. Die Kosaken ritten umher, ohne anzugreifen … nur die Polizei schlug sie. Es gab die ersten Toten.
    In Zarskoje Selo erfuhr man von alldem kaum etwas. Hier lebte man wie auf einer fernen Insel. Was das Volk dachte, wer hatte sich schon darum gekümmert? Der einzige, der jetzt seine Stimme vor dem Zaren hätte erheben können, der hätte helfen können mit seiner mystischen Macht … er lag ermordet im Park des Schlosses.
    Auch Nadja erfuhr nicht viel von der beginnenden Revolution. In Zarskoje Selo lag noch immer die Trauer um Rasputin wie eine Decke über allen, eine Decke, die jeden Laut abhielt.
    »Mein liebes Kind«, hatte die Zarin Alexandra zu Nadja am Tag nach der Beerdigung Rasputins gesagt. Nadja hatte vor der Zarin gekniet, weinend und voll kindlichem Schmerz, und die Zarin hatte ihr über die langen bronzefarbenen Haare gestrichen. »Wir alle haben unseren Vater verloren. Grigori Jefimowitsch aber lebt in uns weiter, seine Gebete im Himmel werden uns schützen. Weine nicht, mein Kind … du gehörst zu uns, du bist mir lieb wie meine eigenen Töchter. Deine Heimat ist hier bei uns.«
    Drei Tage nach dem Begräbnis Rasputins erhielt Nadja von der Zarin einen kleinen Kasten mit Edelsteinen, Brillanten, Saphiren, Rubinen und Smaragden. Der Zar schenkte ihr zwei große Perlenketten und einen Briefumschlag. Als sie ihn öffnete, lagen fünftausend Rubel darin.
    »Heb alles auf, mein Kind«, sagte die Zarin, als Nadja ihr zum Dank die Hand küssen wollte. »Wir wissen nicht, welche Zeiten kommen, was das Schicksal mit uns spielen wird … und es ist auch nur ein kleiner Teil des Dankes, den wir Vater Grigori schulden …«
    Die Revolution weitete sich aus. Die Sprechchöre wurden radikaler. »Nieder mit dem Krieg!« brüllten sie. »Nieder mit der deutschen Zarin!« Und zum erstenmal: »Es lebe die Regierung des Volkes!«
    Gegen Mittag des 25. Februar 1917 klopfte es hart an die Tür der

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