Die Versuchung der Hoffnung
ohne grob unhöflich zu werden, aber irgendwie scheint meine Körpersprache heute überaus missverständlich zu sein. Ehe ich weiß, wie mir geschieht, hat er mich an sich gezogen und küsst mich. Dabei schiebt er mir ohne Vorwarnung seine Zunge tief in den Mund. Erschrocken über diesen Angriff ziehe ich die Luft scharf ein, was Ron völlig falsch zu verstehen scheint und weshalb er seine Bemühungen noch intensiviert. Seine Hände begrapschen meinen Po und er presst sich noch ein bisschen näher an mich. Dann lässt er endlich von meinem Mund ab und ich will schon erleichtert aufatmen, als er sich meinem linken Ohr zu widmen beginnt. Auch hier setzt er seine Zunge ein, die er tief in meinen Gehörgang zu stecken versucht. Ich kann mich der Assoziation einer glitschigen Nacktschnecke einfach nicht erwehren.
Nun sollte i ch wirklich ganz dringend gehen! Ich seufze tief, was Ronald jedoch auch wieder als Aufmunterung aufzufassen scheint.
„Komm schon, Baby, sag mir, was du willst“, flüstert er in mein Ohr, was zumindest dazu führt, dass er seine Zunge vorher dort herausnehmen muss. „Komm schon, sag mir etwas Schmutziges!“ Jetzt leckt er nass an meinem Hals herum und ich kann ein Schaudern nicht unterdrücken.
„Deine Fingernägel“, antworte ich dann, ohne darüber nachzudenken.
„ Häh?“ Irritiert hält er inne und ich nutze die Chance und mache mich entschlossen von ihm los.
„Nichts“, beeile ich mich zu sagen. „Aber ich muss jetzt wirklich dringend gehen. Ich melde mich!“, rufe ich ihm im Weggehen zu, in der festen Absicht, das niemals zu tun.
Dann rette ich mich schnell in mein Auto und verlasse fluchtartig den Parkplatz.
Kurz bevor ich zu Hause bin, fallen die ersten Schneeflocken vom Himmel, und als ich die Haustür aufschließe, haben sich die paar Flocken zu einem immer dichteren Schneegestöber entwickelt.
Kapitel 2
Zu Hause angekommen, rufe ich kurz bei der Mutter von Sams Freund an, um zu sagen, dass ich wieder zurück bin und um mich zu erkundigen, ob alles in Ordnung ist. Ich weiß selbst, dass das vermutlich völlig übertrieben ist, er ist immerhin schon acht Jahre alt und es ist nicht die erste Nacht, die er woanders schläft. Trotzdem fühle ich mich nach dem Telefonat besser.
Gemächlich gehe ich anschließend ins Bad und ziehe mich langsam aus. Meine Haare stecke ich hoch, damit sie beim Duschen nicht nass werden. Die Dusche allerdings habe ich bitter nötig. Zum einen bin ich mittlerweile völlig durchgefroren, zum anderen habe ich das Gefühl, Rons Spucke überall an mir kleben zu haben.
Ich drehe das Wasser so heiß, dass ich es gerade noch ertragen kann, und stelle mich unter den Strahl. Ich schließe einen Moment lang die Augen, um die reinigende Hitze zu genießen.
Als ich mit der Dusche fertig bin, ziehe ich mir Leggings und ein Top an, meine wärmsten Socken und eine lange, graue Strickjacke aus grober Wolle darüber. Dann gehe ich in die Küche, setze Wasser für Tee auf und nehme eine Packung Kekse aus dem Schrank, um sie in eine Schale zu schütten.
Wenn ich schon freiwillig auf Nachtisch in jeglicher Form verzichtet habe, dann will ich wenigstens jetzt etwas Süßes haben.
+++
Bei so einem Wetter mit dem Motorrad unterwegs zu sein, grenzt an den puren Irrsinn. Aber als er heute Morgen losgefahren ist, war der Himmel klar, die Sonne schien und die Temperaturen lagen im Plusbereich. Wenn das Wetter mitgespielt hätte, wäre er noch ewig weitergefahren, aber der Schnee wird immer dichter und nimmt ihm völlig die Sicht. Zurückfahren wird heute nicht mehr drin sein. Seufzend hält er nach einem Motel oder einer Pension Ausschau, aber in dieser dämlichen Einöde hier gibt es einfach nichts. Nichts, nichts und wieder nichts. Außer Schnee und Bäume. Er hätte sich hier ja einfach abholen lassen können. Aber zum einen hat er gerade überhaupt keine Ahnung, wo er ist, und zum anderen hat er sein Handy nicht mitgenommen, weil er keinen Bock auf Störungen hatte.
Was für eine grandiose Idee!
Allerdings käme bei diesem Wetter wohl auch mit dem Auto niemand weit. So oder so: Jetzt ist er auf sich allein gestellt.
Vor ihm taucht auf der Straße eine scharfe Linkskurve auf und er geht vom Gas, aber zu spät. Aufgrund des Schnees kommt er ins Rutschen und die schwere Maschine beginnt erheblich zu schlingern. Erst in letzter Sekunde gelingt es ihm, sie wieder unter Kontrolle zu bekommen.
„Scheiße! So eine verdammte Scheiße!“
An eine
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