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Die Wacholderteufel

Die Wacholderteufel

Titel: Die Wacholderteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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um ihre Story loszuwerden. Hätte sie doch nur den Kaffee allein getrunken.
    «Wirklich, echt, ich hatte auch schon mal mit Mord zu tun», ließ sich Nina Pelikan nicht vom Thema abbringen. Fast triumphierend stellte sie sich aufrecht hin: «Ich hab schon mal jemanden getötet.»

5
    Stefan Brampeter war es gleich, wann der Feierabend begann. Im Grunde genommen ging bei ihm die Arbeit nahtlos ins Private über. Bis um sechs hatte er an einem historischen Familienwappen gearbeitet. Knifflige Detailarbeit: zwei ineinander verschlungene Efeuranken und eine Sonne, in festes Eichenholz geschnitzt. Und leider vom Anobienbefall ziemlich durchlöchert. Die Hotelierfrau wollte die Restaurierungsarbeit des über hundert Jahre alten Schnitzwerkes ihrem Mann zur Silberhochzeit schenken. In dieser Woche sollte er das Objekt abliefern. Nachdem er die alten Farbschichten entfernt und das Wappen mehrfach mit «Holzwurmtod» bepinselt hatte, waren nur noch die letzten Schönheitsfehler zu beseitigen. Es war ein guter Auftrag, und die Gastwirte gehörten schon seit langer Zeit zu seinen Stammkunden, genauer gesagt, seit Stefan einen Teil ihres denkmalgeschützten Fachwerkes restauriert hatte. Sie waren geduldig, fachlich einigermaßen versiert und zahlten vor allem pünktlich und ohne zu murren. Stefan Brampeter hatte oft genug mit Leuten zu tun, die seine Arbeit nicht zuwürdigen wussten. Und die wenigsten hatten hier in Bad Meinberg noch das Geld in der Tasche, einen Experten wie ihn zu beauftragen.
    Als er das hölzerne Wappen zum Trocknen an die Seite gelegt hatte, lag die Arbeit des Tages eigentlich hinter ihm. Doch den blauen Overall, aus dessen Brusttaschen schmale Feilen ragten, behielt er an. Jetzt wandte er sich seinem Feierabendvergnügen zu. Stefan Brampeter war kein überschwänglicher Typ, man erkannte weder an der Haltung noch am Gesichtsausdruck, dass er nun etwas tat, was ihm besonders Spaß machte. Man sah ihm eigentlich nie etwas an. Er hatte unter seinen drahtigen, dunkelblonden Haaren ein großflächiges Gesicht, auf dem sich trotz seiner fünfunddreißig Jahre erst wenige Falten niedergelassen hatten. Dies lag daran, dass Stefan sehr sparsam mit seiner Mimik umging. Er lachte nicht mit den Mundwinkeln, und er schmollte, wenn überhaupt, indem er die Augen rollte. Bei zu viel Helligkeit kniff er nicht die Augen zusammen, sondern wandte sich ab. Es gab nur wenige Spuren in Stefan Brampeters Gesicht, die verrieten, was für ein Mensch er war, was für ein Leben er führte. Und vielleicht war dies die allerbeste Charakterisierung: Er war glatt, abgehobelt, er hatte nichts, woran man bei ihm hängen bleiben konnte.
    Außer seinen Händen. Die waren erfahren und zerfurcht wie ein gepflügter Acker. Unter den kurzen Nägeln saß immer feiner Holzstaub und der Rest von Leim und Farbe. Schon als kleiner Junge waren seine schlanken, aber kräftigen Finger an ihm das Auffälligste gewesen. Oft hatte er das Gefühl, dass sie fast unabhängig von seinem restlichen Körper arbeiteten: Wie autarke Maschinen funktionierten sie reibungslos, ohne dass er darüber nachdenken musste. Sie tasteten das Holz nach kleinsten Unebenheiten ab, sie führten Nut und Feder mit souveräner Kraft zusammen, sie pressten im Druck verleimte Kanten gegeneinander, dass nichts mehr verrutschen konnte.
    Nun griffen die Hände nach dem Rad. Es war das dritte in dieser Woche. Ein Meter fünfzig im Durchmesser und aus massivem Holz, kreisrund, mit sechs Speichen, an deren Ende kleine Löcher waren. In der Mitte hatte Stefan Brampeter eine Sonne herausgearbeitet. Sie sah fast aus wie die Sonne auf einer Kinderzeichnung, denn sie hatte ein Gesicht. Der einzige Unterschied bestand darin, dass dieses Gesicht nicht lachte. Manche meinten, er übertreibe es mit der Detailgenauigkeit. Weil die Dinger doch sowieso in wenigen Tagen als Haufen Asche endeten. Doch letztlich kümmerte sich keiner weiter darum. Es kostete sie ja keinen Cent mehr, ob das Rad nun mit oder ohne Sonne geliefert wurde. So ließen sie Stefan Brampeter seine kleine Spielerei und dachten wohl bei sich, wer eben keine Familie habe und kein Haus, der müsse ja auch irgendwie die Zeit rumkriegen. Und war da nicht das Schnitzen tausendmal besser als das Saufen?
    Meistens saß er bis neun Uhr in der Werkstatt. Der Radiator strahlte heiße Luft auf seine Beine, seine Hände und Arme wurden von der Arbeit warm gehalten. Er lauschte auf die Geräusche vor seinem Haus. Ein paar Autos fuhren vorbei,

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