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Die Widmung: Roman (German Edition)

Die Widmung: Roman (German Edition)

Titel: Die Widmung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brunonia Barry
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Normalerweise senkte sich der Nebel in Neuengland eher flächig, als dass er hereinrollte.
    »Herrgott«, sagte ein Mann von der Besatzung.
    Um 18 Uhr lag ganz Cape Ann im Nebel. Nach Newburyport würden sie es an diesem Abend nicht mehr schaffen.
    Sie gingen gemeinsam in die Stadt. Bis vor kurzem hatte es in Rockport keinen Alkohol gegeben. Selbst jetzt noch bekam man nur in der örtlichen Kneipe etwas zu trinken, und dorthin machte sich die Besatzung nun auf den Weg. Als sie oben an der High Street ankamen, löste sich Hawk von der Gruppe.
    »Wo willst du denn hin?«, fragte sein Freund Josh.
    »Nach Salem«, antwortete Hawk. »Ich bin morgen früh wieder da.«
    »Und wie kommst du da hin? Fliegen?«, fragte jemand anders.
    »Klar«, meinte er. »Ich lass mir kleine Flügel wachsen.«
    »Würde mich gar nicht wundern«, sagte einer der anderen. Sie alle hatten über seine Kletterkünste gestaunt und konnten sich kaum vorstellen, dass es jemandem wirklich gefiel, so weit oben in der Luft zu sein.
    Hawk beschloss, zum Bahnhof von Rockport zu trampen. Die ersten beiden Autos fuhren einfach weiter, aber das dritte, ein Auto voller College-Schülerinnen, hielt an, und die Tür ging auf.
    Sie waren unterwegs nach Newburyport auf eine Party und wollten ihn gleich mitnehmen.
    »Das nun lieber nicht.« Hawk schüttelte den Kopf. »Das bringt nur Schwierigkeiten.«
    »Ach, komm schon«, sagte eines der Mädchen lächelnd. »Das wird lustig.«
    Am Bahnhof wartete er auf den Zug nach Salem. Heute Abend war fast niemand unterwegs. Hawk saß alleine im letzten Waggon.
    Der Zug fuhr durch den Nebel in Beverly. An den Piers sah er Leute stehen, die auf das Feuerwerk warteten: Familien mit Decken oder Zuschauer, die sich mit Essen und Getränken aus dem Kofferraum versorgten.
    Als er in Salem ankam, waren die Straßen trocken. Er ging die Washington Street entlang, durch Gruppen feiernder Touristen hindurch, dann kürzte er über die Front Street zur Derby Street ab. Am Pier blieb er nicht stehen, ging nicht einmal zu seinem Boot, um sich umzuziehen. Auf der Rasenfläche am Ende der Turner Street drängten sich die Menschen, und beim Haus mit den sieben Giebeln saßen die Leute im Garten. Heute Nacht schien kein Mond, deshalb würde die Show gut zu sehen sein. Er schaute sich kurz um, um sicherzugehen, dass ihn niemand beobachtete. Glücklicherweise war die alte Straßenlaterne neben dem alten Haus durchgebrannt. Dann kletterte er die Ranken hinauf in den ersten Stock und stieg durch das offene Fenster zu Zee ins Zimmer.

27
    Zee hörte Jessina unten aufräumen, Besteck klapperte. Das Frühstück war vorbei, und sie backte gerade etwas.
    Zee fielen die Kratzer auf, die sie auf Hawks Rücken hinterlassen hatte. Sie hatte ein schlechtes Gewissen und hoffte, er würde heute bei der Arbeit sein T-Shirt nicht ausziehen. Aber als sie ihn halb angezogen auf dem Bettrand sitzen sah, regte sich wieder etwas in ihr, und sie wollte ihn nicht gehen lassen.
    »Musst du wirklich los?«, fragte sie. Er lachte und wandte sich zu ihr um.
    »Ich muss zurück nach Rockport«, sagte Hawk.
    Sie streckte die Arme aus und zog ihn auf das Bett, öffnete den Reißverschluss seiner Hose und senkte sich auf ihn. Er stöhnte.
    »Sch«, machte sie, denn sie hörte Finchs Rollator unten auf dem Weg zur Küche.
    »Ich bin nicht derjenige, der still sein muss, oder?« Er grinste, als er sich langsam über sie schob. Und als er ganz nah war und sie zu stöhnen begann, legte er ihr die Hand auf den Mund und drückte fest. Sie bog den Rücken durch, rollte sich auf ihn und biss ihn fest in die Hand, die er nicht wegzog. Und ihr war es jetzt egal, ob Jessina sie hörte oder sogar Finch, denn sie war nicht mehr hier.
    Sie schliefen seit fast einem Monat miteinander. Zee wusste, dass Mattei ihr sagen würde, das sei obsessiv, besonders so bald nach Michael. Mattei würde ihr außerdem sagen, Hawk sei die Droge ihrer Wahl. Aber sie wollte nicht über Mattei nachdenken oder über Michael oder Finch, der dort unten von Jessina gefüttert wurde, ohne dass Zee eingriff. Zee wusste, dass sie das nicht erlauben dürfte, weil er weiterhin selbstständig essen können und sich diese Fähigkeit bewahren sollte. Sie war nun seit sechs Wochen hier, und mit Finch entglitt ihr alles zusehends. Sie konnte das nicht verhindern, denn sie musste sich um so viele Kleinigkeiten kümmern. Alltäglichste Aufgaben, vom Zuknöpfen eines Hemds bis zum Aufstehen aus einem Stuhl, mussten

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