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Die Würde der Toten (German Edition)

Die Würde der Toten (German Edition)

Titel: Die Würde der Toten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Pons
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Rücken, ins Gesicht. Keine Auszeiten, auch wenn einer zu Boden ging. Würgegriffe. Keine Gnade.
    Als der Kampfrichter schließlich einen zum Sieger erklärte, war Adrians Hemd schweißnass und seine Hände zu verkrampften Fäusten geballt. Das war kein Film. Für die Kämpfer war es eine blutige Realität, die zwischen den Seilen des Ringes wartete.
    In der kurzen Pause wurden Gewinne ausgezahlt, Wettscheine zerrissen, Gläser aufgefüllt. Die nächsten Quoten kursierten. Adrian quetschte sich durch die Menge, während zwei weitere Männer sich zum Duell bereit machten, und flüchtete zur Toilette . Im harten Licht einer nackten Glühbirne starrte er in den Spiegel. Das da draußen war animalisch. Er legte die Brille auf den Rand des fleckigen Waschbeckens und klatschte sich kaltes Wasser ins Gesicht. Und es war auf eine unbegreifliche Art erregend. Notdürftig trocknete er sich an seinen Ärmeln ab und vermied es, sich selbst in die Augen zu sehen.
    Er besorgte sich etwas zu trinken und bewegte sich ziellos und ein wenig abseits des Geschehens durch die Halle. Schließlich lehnte er sich gegen eine Wand in der Ecke, von der er sowohl den Eingangsbereich, als auch den Zugang zu zwei Nebenräumen überblicken konnte.
    Die Distanz zum Ring, in dem das Treiben wieder eingesetzt hatte, half ihm, zur Ruhe zu kommen und seine Sinne für Details zu schärfen. Er befand sich tatsächlich in der ehemaligen Autowerkstatt. Bei genauerer Betrachtung konnte er die abgedeckte Grube erkennen, eine Hebebühne, Ölflecken auf dem Beton, große Haken und Aufhängevorrichtungen an der Decke. Im Büro, vom Publikum durch einen Tresen mit Scheibe getrennt, zählten und bündelten der Buchmacher und seine Hel fer große Mengen an Banknoten. Bewacht von bewaffneten Body guards.
    Aus dem anderen, seitlich von ihm gelegenen Nebenraum, der offenbar den Kämpfern zur Vorbereitung diente, hörte Adrian gedämpfte Stimmen, konnte aber nichts verstehen. Vorsichtig schob er sich näher, bis in der geöffneten Tür eine schwarze Schuhspitze sichtbar wurde. Abrupt hielt Adrian inne, richtete seine Aufmerksamkeit zum Schein wieder auf den Kampf und versuchte gleichzeitig, aus den Augenwinkeln weiterzuverfolgen, was passierte. Zu dem Lackschuh gehörte ein Mann im Nadelstreifenanzug, der nun heraustrat und ihm dabei den Rücken zuwandte. Links und rechts flankierten ihn zwei bullige Kerle. Er sprach mit einem mageren Typen in einer schlabberigen Sporthose, der sich immer wieder mit dem Handrücken über die Nase wischte und nervös lachte. So wie der herumtänzelte, stand für Adrian eindeutig fest, dass er irgendetwas eingeworfen hatte. Und was auch immer es war, es begann gerade erst, seine Wir kung zu entfalten. Das hyperaktive Gezappel sprach nicht gerade für Tranquilizer. Also wohl doch eher Pulver als Pillen.
    Prüfend kniff einer der Klötze die Augen zusammen und stierte Adrian an. Dann neigte er den Kopf und flüsterte dem Nadelgestreiften etwas zu. Der nickte und tippte dem Kokser auffordernd gegen die Brust, ehe er sich kurz umdrehte und Adrian seinerseits abschätzig musterte. Wieder nickte er, woraufhin sich der Klotz zwischen ihm und Adrian aufbaute und unmissverständlich die Arme vor der Brust überkreuzte. Er schob die Hände unter die Achseln. Unter seiner Jacke zeichnete sich deutlich ein Schulterholster ab.
    Hastig führte Adrian das Glas zum Mund. Seine Hand bebte, und er beobachtete den letzten Rest des leicht angetrockneten Schaums, der ganz langsam herausrann und kaum ausreichte, seine Lippen zu befeuchten. Ruckartig bewegte sich sein Adamsapfel auf und ab, als er schluckte. Über den Glasrand hinweg spähte er zum Ring, wo wieder ein Kampf zu Ende ging. Der Klotz ließ ihn nicht aus den Augen, und die Kälte, die aus dem Beton in seinen Rücken kroch, verstärkte das Gefühl des Unbehagens. Er stieß sich mit dem Fuß von der Wand ab und begab sich äußerlich betont gleichgültig zurück ins Getümmel.
    Eigentlich war es längst Zeit, den Bereitschaftsdienst zu alarmieren und den Laden hochgehen zu lassen. Illegale Kämpfe, Wetten, Drogen – Gründe gab es ausreichend. Aber ohne Vorbereitung konnte er das vergessen. Die Chance, mitten in der Nacht genügend passende Einsatzkräfte mobilisieren zu können, war gering. Bis er alles erklärt und das Okay der nötigen Instanzen hätte, wäre die Show längst vorbei.
    Grübelnd drängte Adrian sich bis unmittelbar an den Ring heran, erwog das Für und Wider. In seinem Kopf

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