Dolly - 05 - Dollys großer Tag
vielleicht nicht mehr.
Martina zeigte die eigene Schwester bei der Lehrerin an
Fräulein Wagner regte sich nicht besonders über die Angelegenheit auf. Sie schrieb sich die beiden Namen auf, die Martina ihr nannte, und nickte. „Gut. Ich werde mit ihnen sprechen.”
Das war alles. Martina wünschte, sie hätte nichts gesagt. Ihr war nicht wohl, wenn sie an Birgits Drohung dachte. Birgit war manchmal unberechenbar. Zu Hause hatte sie einmal jede einzelne von Martinas Puppen zerschlagen, nur weil Martina eine ihrer Spielsachen zum Fenster hinausgeworfen hatte…
Margret war durch Martinas plötzliches Auftreten im Übungsraum ziemlich erschreckt. Als sie die ärgerlichen Stimmen im Zimmer nebenan hörte, bekam sie noch mehr Angst.
Sie schlüpfte eilig aus dem Raum und begab sich ins Klassenzimmer, um letzte Hand an ihre Zeichnungen zu legen. Am Abend wollte sie sie den anderen zeigen.
Im Gemeinschaftsraum wartete die ganze Klasse auf Margret, obwohl weder Katja noch Evelyn von dem Komplott wußten, das der Rest der Klasse geschmiedet hatte.
Margret strahlte. „Jetzt werdet ihr gleich etwas sehen”, rief sie fröhlich und kicherte. „In Haus Müseling war ich dafür bekannt, daß ich alles konnte. Denkt bitte nicht, daß ich mich brüsten will… aber ehrlich, obwohl ich selber es sage, kann ich fast alles!”
Margret wunderte sich, daß ein paar Mädchen in heiteres Gelächter ausbrachen.
„Du machst solche guten Witze, Margret”, sagte Alice anerkennend. „Du hast wirklich Humor.”
Das war etwas Neues für Margret! Humorvoll hatte sie noch niemand gefunden. Sie stieg sofort in ihrer Selbstachtung.
„Ich werde euch zuerst die Zeichnungen zeigen”, sagte sie. „Dies hier ist ein Entwurf für Cinderellas Ballkleid. Wie ihr seht, habe ich dafür etwas aus dem sechzehnten Jahrhundert ausgesucht.”
Kreischendes Gelächter kam aus allen Kehlen. „Unbezahlbar!” sagte Dolly und tat, als wische sie sich die Tränen aus den Augen. „Wie kamst du nur auf die Idee, Margret?”
„Zum Totlachen”, sagte Margot und hielt die grobe Zeichnung mit der armseligen Bemalung hoch. „Was für ein Scherz! Ich wußte gar nicht, daß du so einen Sinn für Humor hast, Margret.”
Margret war verwirrt. Die Zeichnung war gar nicht komisch gemeint. Sie hielt sie für sehr hübsch. Schnell wollte sie die nächste vorlegen, aber die Mädchen rissen sie ihr aus den Händen und betrachteten die Blätter unter großem Gelächter und Heiterkeitsausbrüchen.
„Seht mal das hier! Ich habe nie in meinem Leben so etwas Komisches gesehen!”
„Das hier ist unbezahlbar! Mensch, Margret ist wirklich eine Humoristin!”
Dann nahm Irene ein Blatt mit Noten auf. „Hallo! Hier sind die Melodien, die sie geschrieben hat! Wetten, daß die genauso witzig sein werden? Ich spiel sie schnell mal runter.”
Sie trat an das Klavier und spielte die Melodien mit einem so drolligen Ausdruck, daß sie noch alberner klangen.
Alle drängten sich rund um das Klavier und lachten. „Ist Margret nicht einmalig? Sie kann komische Zeichnungen machen und auch noch lächerliche Melodien schreiben!”
Margret begann sich zu fürchten. Meinten die Mädchen das wirklich im Ernst? Es schien so. Aber sie konnten doch nicht ihre hübschen Arbeiten für komisch halten? Waren sie wirklich überzeugt, sie seien komisch gemeint?
Sie drehte sich um, um Evelyn zu suchen. Evelyn würde es verstehen, sie war ihre Freundin, ihr hatte sie alles erzählt… Aber Evelyn sah sie an, und es war kein freundlicher Blick. Hochmut kommt vor dem Fall, mein Mädchen! sagte dieser Blick. Und: Ich freue mich darüber; geschieht dir recht.
Margret war sehr erschrocken. Evelyn lachte laut mit den anderen. „Irrsinnig komisch! Einmalig, Margret! Wer hätte das von dir gedacht?”
„Singe jetzt”, bat Margot und drückte ihr ein Notenblatt in die Hand. „Laß dich hören. Du hast so eine schöne, geübte Stimme. Es macht dir sicher eine große Freude. Singe!”
Margret wagte nicht, abzulehnen. Ihre Augen füllten sich mit Tränen, als sie zu singen begann. Ihre laute Stimme griff diesmal noch mehr daneben als sonst. Sie zitterte vor Enttäuschung, als die Mädchen wiederum zu klatschen und zu lachen begannen.
„Ha, ha, ha! Hört doch! Haben wir für Margret nicht eine komische Rolle in dem Stück? Habt ihr je schon so einen komischen Gesang gehört?”
Margret brach ab. Tränen kullerten ihr über die Wangen. Sie warf Evelyn einen verzweifelten Blick zu, dann wandte sie sich ab, um
Weitere Kostenlose Bücher