Du weckst mein Verlangen
Meer!“ Holly kam aufgeregt in Emmas Zimmer gerannt. „Es ist ganz blau!“ Sie presste die Nase gegen die Fensterscheibe.
„Fast so blau wie der Himmel. Wunderschön, nicht wahr?“ Emma stellte sich neben ihre Tochter. Sie konnte nicht umhin, das strahlend blaue Wasser der Bucht von Tigullio mit den stahlgrauen Wellen an Northumberlands Küste zu vergleichen.
Roccos Villa lag an einem Berghang, deshalb hatte man eine fantastische Aussicht auf das malerische Örtchen Portofino, die Bucht und dicht bewaldete smaragdgrüne Hügel. Direkt vor dem Anwesen erstreckte sich ein Park, der in sanften Terrassen abfiel. Den Abschluss bildete ein riesiger Pool, dessen funkelndes Wasser zum Baden einlud. Im Hintergrund konnte man den natürlichen Hafen sehen, in dem bunte Boote sanft im Wind schaukelten. Pastellfarbene Häuser säumten das Ufer der halbrunden Bucht. An den Ladenfronten flatterten gestreifte Markisen in der lauen Brise.
„Gehen wir jetzt schwimmen?“
Emma sah lächelnd in das hoffnungsvolle Gesicht ihrer Tochter. „Das dauert noch ein paar Tage – zumindest was das Meer betrifft. Weißt du noch, wie Rocco sagte, dass dort das Wasser noch zu kalt ist? Aber wenn dein Husten besser geworden ist, kannst du im Pool schwimmen. Dort ist das Wasser geheizt.“
„Da! Da ist Bobbo!“ Holly hatte das Thema Schwimmen beim Anblick des schokoladenbraunen Labradors schlagartig vergessen. „Rocco hat gesagt, ich darf Bobbo sein Frühstück geben.“
„Nachdem du dein Frühstück gegessen hast!“
Es war Liebe auf den ersten Blick, als Holly gestern Abend, nach der Ankunft in der Villa Lucia, den Hund sah. Und ihre Zuneigung zu Rocco grenzte an Verehrung. Das bereitete Emma bereits jetzt Kopfzerbrechen. Wie sollte das werden, wenn sie Portofino wieder verließen? Aber Schluss mit den Sorgen, sagte sie sich. Kommt Zeit, kommt Rat! Sie blickte ebenso gefesselt wie Holly auf den grünen Rasen unter ihrem Fenster. Allerdings galt ihre Aufmerksamkeit weniger dem Hund als dem hochgewachsenen athletischen Mann, der mit dem Tier spielte.
Seinem Outfit nach zu urteilen kam Rocco gerade vom Joggen zurück. In den Shorts sah man die muskulösen Schenkel, und das eng anliegende Trikothemd betonte seine breiten Schultern und die festen Bauchmuskeln. Seine samtene Haut war bereits gebräunt, und das schwarze Haar glänzte im Sonnenschein.
Perfekt wie eine Skulptur von Michelangelo . Aber leider war er ein Mann aus Fleisch und Blut, dessen Anblick in Emma schlagartig die Erinnerungen an seinen Kuss weckte. Und allein bei dem Gedanken, wie er sie in seinen Armen gehalten hatte, überlief sie eine Gänsehaut.
Als Rocco plötzlich zu ihnen hochsah und grüßend die Hand hob, winkte Holly begeistert, Emma zuckte jedoch zurück. Es wäre zu peinlich, wenn er wüsste, was sie sich gerade vorgestellt hatte: Wie sie ihm die verschwitzen Kleidungsstücke abstreifen, sich nackt mit ihm unter die Dusche stellen und langsam seinen Körper einseifen würde …
„Komm, Holly! Wir müssen zu Cordelia. Sie braucht vielleicht unsere Hilfe, und dann geht es zum Frühstück!“ Wenn wir Glück haben, hoffte Emma, sind wir fertig, bevor Rocco herunterkommt.
Bis jetzt war es ihr ziemlich erfolgreich gelungen, ihm aus dem Weg zu gehen. Sogar so gut, dass sie insgeheim den Verdacht hegte, er wolle ihren Umgang auf die rein geschäftliche Ebene reduzieren. Während des Fluges nach Genua in seinem Privatjet hatte er sich Emma gegenüber zwar ausgesprochen höflich, aber deutlich distanziert verhalten. Diesmal gab es keine charmanten Komplimente, keine vielsagenden Blicke, und wenn er lächelte, galt es Holly oder seiner Großmutter.
Aber genau so will ich es ja. Ich bin aus rein beruflichen Gründen hier und froh, dass Rocco dies respektiert! Dass Emma jetzt doch eine gewisse Enttäuschung empfand, hatte sicher mit dem Stress der letzten vierundzwanzig Stunden zu tun. Immerhin musste sie binnen kürzester Zeit entscheiden, was sie mitnehmen wollte.
Sie griff nach Hollys Hand und ging mit dem Kind zu Cordelia, der sie tatsächlich helfen musste, ihr Kleid zuzuknöpfen. „Die Verbrennung ist gut geheilt. Ich glaube, morgen können wir den Verband abnehmen. Dann kannst du wenigstens die Finger der einen Hand bewegen. Bei der anderen wird es noch ein bisschen dauern.“
„Das habe ich nun davon. Es ist wirklich nicht schön, alt zu werden. Man fällt nur jedem zur Last.“ Cordelia klang regelrecht verzagt.
„Du fällst doch niemandem zur
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