Edelsüß: Norma Tanns vierter Fall (German Edition)
erhoffe
mir Informationen über Angelas Tod«, erklärte Elisa Bennefeld, nachdem sie Platz
genommen hatte. Einen Kaffee hatte sie abgelehnt. »Ich möchte eine genaue Aufklärung
der Todesumstände.«
»Sie glauben
nicht an einen Unfall?«
»Ich weiß
nicht, was ich glauben soll. Ich will Klarheit – wie auch mein Mann. Angelas Tod
hat ihn sehr aufgewühlt. In seinem Gesundheitszustand setzt ihm jede Aufregung doppelt
zu.«
»Darf ich
fragen, worunter Ihr Mann leidet?«
»Weihnachten
1986 hatte Karl einen Unfall. Seitdem sitzt er im Rollstuhl. Damals war er mit Christina
verheiratet, Angelas Mutter. Über viele Jahre habe ich ihn als Krankenschwester
betreut und später auch Christina. Sie starb 1995 an Krebs. Im Jahr darauf haben
Karl und ich geheiratet.«
Norma schätzte
die adrette, rundliche Elisa auf Mitte 50. Auf ihre biedere Art war sie eine gut
aussehende Frau mit einem angenehm zurückhaltenden Wesen.
»Viele haben
meine Entscheidung für Karl bezweifelt«, sagte Elisa gelassen. »Karl ist 14 Jahre
älter als ich. Ich bewundere ihn für die Demut, mit der er sein Schicksal angenommen
hat. Es ist Liebe. Zumindest von meiner Seite kann ich das sagen.«
»War Angela
mit Ihrer Ehe einverstanden?«
Elisa schaute
zum Kater hinüber, der sich einen Sonnenfleck auf den Fliesen gesucht und sich darauf
zu einem blaugrauen Pelzkringel zusammengerollt hatte. »Ich habe keine eigenen Kinder.
Angela war wie eine Tochter für mich. Sie war ein junges Mädchen, als Christina
erkrankte, und kaum erwachsen geworden, als ihre Mutter starb. Ich habe mich um
sie gekümmert, obwohl sie das nicht verlangte. Angela war immer sehr eigenständig.«
»Frau Bennefeld,
warum sind Sie zu mir gekommen? Was genau erwarten Sie von mir?«
Elisa wandte
sich wieder Norma zu. »Die Polizei hat Angelas Tod im Handumdrehen abgehandelt.
So einfach machen die Beamten sich das! Was, wenn Angela ins Wasser gestoßen wurde?
Von diesem Schauspieler zum Beispiel.«
»Vorsicht!«,
warnte Norma. »Das ist eine schwere Beschuldigung.«
»Sie waren
selbst dabei, Frau Tann, als er Angela im Casino angesprochen hat. Sie wollte nichts
von ihm wissen. Er hat sich ihr aufgedrängt.«
Leopold
hatte genug geruht und stolzierte schnurrend heran. Elisa bückte sich, um ihm den
Kopf zu kraulen.
»Angela
bedeutete Karl alles. Er erträgt die Vorstellung nicht, dass sie einfach so ins
Wasser gestürzt und ertrunken ist.«
Elisa hatte
sich bisher bemerkenswert offen gegeben. Auch Norma wollte kein Blatt vor den Mund
nehmen. »Das ist nicht einfach so geschehen. Angela war stark alkoholisiert.«
Elisa zog
die Hand zurück und richtete sich auf. »Genau diesen Umstand soll mein Mann nicht
erfahren. Er weiß nichts von Angelas … kleinem Laster. Es ist auch nicht wichtig.
Auf keinen Fall ist sie gestorben, weil sie betrunken war. Angela wusste immer,
wann es genug war. Sie hatte sich im Griff. Niemals ist sie herumgetorkelt.«
Norma behielt
Angelas Stolperer auf der Treppe des Kurhausrestaurants für sich. Stattdessen sagte
sie: »Angenommen, es hat tatsächlich jemand nachgeholfen: Wie könnte diese Erkenntnis
Ihrem Mann helfen, Angelas Tod leichter zu ertragen?«
»Die Trauer
würde sich dadurch nicht lindern lassen. Trotzdem muss die Wahrheit ans Licht. Das
sind wir unserer Tochter schuldig.«
»Weiß Ihr
Mann, dass Sie hier sind?«
Elisa nickte.
»Es ist unser gemeinsamer Entschluss, einen Privatdetektiv zu beauftragen.«
»Und warum
ich?«
Elisa lächelte
und erklärte aufrichtig, keine Alternative zu kennen.
»Ich arbeite
nur«, sagte Norma, »wenn der Auftraggeber Folgendes akzeptiert: Ich werde mit vielen
Leuten sprechen und eine Menge Fragen stellen. Ich bekomme nicht unbedingt die Antworten,
die meinen Klienten gefallen.«
»Wie Sie
wissen, bin ich Krankenschwester. Wer wüsste besser als ich, dass ein Heilungsprozess
selten ohne Schmerzen verläuft? Ich habe nur eine Bitte: Lassen Sie Karl möglichst
unbehelligt. Ich möchte ihm Aufregungen so weit wie möglich ersparen.«
»Das kann
ich Ihnen nicht versprechen, Frau Bennefeld.«
Dann solle
sie mit dem Gespräch wenigstens bis nach der Trauerfeier warten, bat Elisa. Wie
es ihrem Testament entsprach, würde Angelas Leiche verbrannt werden. Die Trauerfeier
war für den frühen Freitagnachmittag auf dem Schiersteiner Friedhof geplant.
»Nehmen
Sie an?«, fragte Elisa gespannt.
Zwei neue
Aufträge zusätzlich zu den Versicherungsrecherchen, wäre das zu schaffen?, überlegte
Norma, die
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