Ein sicheres Haus
und sie knisterten, glühten und verloschen. Ich sah im Schuppen nach und fand eine fast leere Schachtel mit Zündwürfeln und eine Spülmittelflasche, die nicht mehr nach Spülmittel roch. Ich wickelte die ganze Schachtel in Zeitungen und schob sie tief in den Müllhaufen. Dann schüttete ich alles, was von der benzinähnlichen Flüssigkeit noch übrig war, darüber. Ich war nicht sicher, ob mein Müllhaufen zu brennen anfangen oder einfach in die Luft fliegen würde. Ich zündete ein Streichholz an und warf es auf den Haufen. Es gab einen lauten Knall, als sei ein Punchingball auf einen Betonboden gefallen. Ich sah ein gelbes Licht, hörte Knistern, und dann schlugen Flammen aus dem Haufen, und ein weiches, unsichtbares Kissen aus Hitze an meinen Wangen und meiner Stirn trieb mich zurück.
Wie immer faszinierte mich das Feuer am stärksten, wenn es sich nach dem Ende der ersten widerspenstigen Phase plötzlich nicht mehr stoppen ließ. Ich fing an, die Flammen mit Abfällen aus dem Garten zu füttern. Da waren alte, graue Holzgitter, ein Stapel alter Bretter an der Rückwand des Hauses, und alle knackten und knisterten bald mitten in der Glut und sprühten Funken. Ich spürte jemanden neben mir. Es war Finn. Die Flammen spiegelten sich tanzend in ihren Augen.
»Tolles Feuer, was?« sagte ich. »Ich hätte Pyromanin werden sollen. Ich bin Pyromanin. Ich kann mir nicht vorstellen, eine Bank auszurauben oder jemanden umzubringen, aber ich kann die Lust verstehen, ein großes Gebäude anzuzünden und zu beobachten, wie es verbrennt. Aber das hier muß reichen.«
Finn lehnte sich dicht an mich und legte eine Hand auf meine Schulter. Ich konnte die Berührung ihrer Lippen spüren, als sie mir ins Ohr flüsterte. Als sie alles gesagt hatte, trat sie ein wenig zurück, war aber immer noch nahe. Ich konnte den goldenen Flaum auf ihren Wangen sehen.
»Bist du sicher?« fragte ich.
Sie nickte.
»Möchtest du sie nicht in einen Secondhandladen bringen oder so?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Ich will nicht, daß jemand anders sie trägt.«
»Was immer du möchtest, ist richtig.«
Sie ging ins Haus zurück, und eine Minute später kam sie mit einem Arm voller Röcke, Kleider und Blusen zurück. Sie ging an mir vorbei und warf sie auf den brennenden Haufen. Die bunten Stoffe bliesen sich auf wie Luftballons, warfen Blasen und zerplatzten. Finn holte eine Tüte nach der anderen. Es waren ein paar schöne Kleidungsstücke darunter, Dinge, die sie gekauft haben mußte, nachdem sie abgenommen hatte. Finn mußte einen wehmütigen Ausdruck auf meinem Gesicht wahrgenommen haben, denn nach einem ihrer Gänge stülpte sie mir einen Filzhut auf den Kopf und wickelte mir einen pflaumenfarbenen Kaschmirschal um den Hals. Der Hut paßte mir genau.
»Miete«, sagte sie mit einem Lächeln.
Sie selbst behielt überhaupt nichts. Als alles vorüber war, betrachteten wir gemeinsam das Feuer, sahen zu, wie die Reste von Borten und Bändern von den Flammen verzehrt wurden, und mir war ein bißchen übel dabei.
»Und was machen wir jetzt?« fragte Finn schließlich.
»Ich denke, daß ich dich morgen zum Einkaufen fahre.«
»Es tut mir leid, Sam«, sagte Finn, während sie den Rest ihres Kaffees austrank. »Oh, ist der bitter. Schön. Ich weiß, daß es melodramatisch war, alles so zu verbrennen, aber mein Gefühl sagte mir, daß ich es tun müßte.«
»Du brauchst es mir nicht zu erklären.«
»Doch, ich möchte es aber. Es ist schwer für mich, das in Worte zu fassen, aber ungefähr so empfinde ich. In gewisser Weise fühle ich mich angesteckt von diesen Leuten, die versucht haben … Sie wissen schon. Durch sie ist mein Leben auseinandergerissen und völlig verändert worden. Verstehen Sie, was ich meine? Man möchte doch das Gefühl haben, daß das eigene Leben eine gute Richtung eingeschlagen hat. Aber ich fühlte, ich fühle, daß mein Leben von Menschen, die uns gehaßt haben, in eine bestimmte Richtung gedrängt worden ist.
Ich mußte all das kappen und noch einmal neu geboren werden.
Mich selbst neu definieren. Verstehen Sie, was ich meine?«
»Ich verstehe vollkommen«, sagte ich mit absichtlich freundlicher Billigung. »Aber du bist daran gewöhnt, nicht?«
»Wie meinen Sie das?«
»Du hast an Anorexie und Bulimie gelitten, und das war lebensbedrohlich. Aber du hast weitergemacht. Du weißt, wie man wieder gesund wird, und das ist wunderbar.« Ich schwieg einen Moment und fragte mich, wie weit ich gehen
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