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EONA - Das letzte Drachenauge

EONA - Das letzte Drachenauge

Titel: EONA - Das letzte Drachenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Goodman
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Macht, um zu verhandeln, Lord Ido.
    Und Ihr habt keine Macht ohne mich.
    Als er diese Wahrheit so unverblümt aussprach, riss ich die Hand jäh von seiner Menschenbrust. Am anderen Ende der Zelle senkte sich der Drachenkopf und musterte mich. Ido wusste, dass sein letzter Satz gesessen hatte. Ich konnte ihn dazu zwingen, Farbe zu bekennen, doch uns beiden lief die Zeit davon.
    Was wollt Ihr?, fragte ich.
    Das rote Buch.
    Natürlich. Ido hatte es immer haben wollen. Er hatte es schon zweimal gestohlen, doch er hatte die schwarzen Perlenwächter nicht überwinden können. Hastig wog ich die Gefahren ab; die Frauenschrift und die Verschlüsselungen würden alle Geheimnisse bewahren, die ich nicht teilen wollte. Und doch war mir klar, dass Ido Informationen nutzen konnte wie ein Mörder ein Messer. Ein Kompromiss also.
    Ihr könnt das Buch nicht bekommen, aber ich werde Euch sagen, was darinsteht.
    Einverstanden. Doch ich spürte seine Unzufriedenheit.
    Seid Ihr so weit?
    Die riesigen opalfarbenen Krallen spreizten sich und wappneten sich gegen meine Macht. Schnell, Eona. Ich bin schon fast zu lange weg .
    Zum ersten Mal war ein ängstlicher Unterton in seiner Geiststimme. Ich presste die Hand auf seine kalte, blutige Brust und nahm meine schwindende Kraft zusammen, um meinen Drachen zu rufen. Schon als der erste Vokal unseres gemeinsamen Namens in der Zelle erklang, durchströmte mich ihre Macht und erfüllte meine sieben Energiepunkte mit roher goldener Energie, die zu einem trommelnden Gesang freudiger Vereinigung anwuchs.
    Meine Wahrnehmung teilte sich zwischen Himmel und Erde, und helles Hua umwogte Idos dunkle Gestalt. Heile ihn , dachte ich. Heile ihn, bevor sie kommen . Es war keine Zeit, seinen Leib langsam gesund zu singen und Fleisch und Knochen vorsichtig wieder zusammenzuflicken. Heile ihn jetzt! Durch Drachenaugen sahen wir die hauchdünnen Fäden, die ihn und sein Tier verbanden, die irdische Welt und die Welt der Energie. Doch sie waren zu schwach, zu dunkel. In der Ferne hörten wir zehn schrille Trauerschreie – die anderen Drachen waren unterwegs und beklagten den Verlust ihrer Drachenaugen. Und durch den gellenden Lärm drang ein weiteres Geräusch: das unaufhörliche Läuten einer Glocke.
    Ein pulsierendes Muster des Hua, das wir als Ryko kannten, rannte zur Tür. »Alarm! Sie müssen uns entdeckt haben. Eona, macht schnell!«
    Wir spürten, wie unsere Macht sich fest und stark anspannte, wie sie von überall her Energie zog – aus der Erde, aus der Luft, aus dem Wasser und aus dem Herzschlag von tausend belebten Dingen – und sie in ein gewaltiges pulsierendes heilendes Heulen verwandelte. Wir waren Hua und hämmerten unseren rohen Gesang in Idos irdische Gestalt.
    Er schrie, als unsere Macht ihn in seinen gefolterten Leib zurückriss. Dann durchbrandete ihn das Hua wie ein Feuerball, verschmolz zerfetztes Fleisch, schweißte Knochen zusammen, reinigte seine bleierne Lebenskraft und verwandelte sie wieder in helle Silberströme.
    Keuchend fiel Ido auf alle viere. Er sah zu uns hoch und einen Augenblick lang verwandelte sich sein Energiegesicht in festes Fleisch, und Schultern und Rücken wurden wieder zu festen Muskeln und glatter Haut. Dann begannen seine Züge wieder zu zittern und veränderten sich erneut im Ansturm heilenden Huas. Das Silber strömte durch seine sieben Energiepunkte, und die Kugeln drehten sich wieder in der richtigen Richtung. Ich entdeckte den Herzpunkt, den ich schon einmal geheilt hatte. Obwohl nun starkes Hua darin strömte, war er wieder kleiner und trüber als die anderen. Hatte Ido noch das Mitgefühl, das ich ihm aufgezwungen hatte? Und noch etwas war anders, und das lenkte meinen Blick zum Kraftpunkt unter seiner Schädeldecke, dem Sitz des Geistes. Tief in der sich drehenden purpurnen Kugel war ein kleines Loch, schwarz und bösartig. Eine solche Dunkelheit hatte ich noch nie in einem Kraftpunkt gesehen.
    Jenseits von Ido streckte sich die vibrierende Gestalt des Rattendrachen in geschmeidiger Kraft. Der himmelblaue Leib des Tiers dehnte sich in Wellen aus und pulsierte vom Austausch von Energie. Mit bebenden Nüstern legte der Drache den Kopf zurück und nun hörten auch wir den kreischenden Kummer, und dessen Druck um uns herum baute sich auf. Unsere schweren Muskeln spannten sich kampfbereit.
    » Hinaus mit euch! «, schrie ich Ryko zu.
    Die zehn Drachen stürzten in die enge Zelle. Ihre ungeheure Macht brach große Steinbrocken aus den Wänden. Sie wirbelten

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