Firelight 1 - Brennender Kuss (German Edition)
zuwendet, bleibt ihr der Mund offen stehen. »Jace! Du glühst ja!«
Damit hat sie mich wieder in die Wirklichkeit zurückgeholt. Ich schaue mir meine Arme an. Meine Haut schimmert leicht und leuchtet, als hätte mich jemand mit Goldstaub besprüht.
Der Draki in mir regt sich, brennt darauf, freigelassen zu werden.
»Himmel, reiß dich am Riemen, okay?«, zischt Tamra und beugt sich zu mir. »Kaum siehst du einen heißen Typen, da fängst du schon an, dich zu verwandeln? Ein bisschen mehr Beherrschung, Süße!«
Aber das geht nicht – auch wenn Tamra genau das noch nie verstanden hat. Wenn die Gefühle mit mir durchgehen, dann kommt mein Draki zum Vorschein. Wenn ich Angst habe, mich aufrege oder freue … dann kommt der Draki in mir raus. So sind wir nun mal.
Ich blicke wieder zu Will hinüber und spüre, wie ein Glücksgefühl durch meine Adern jagt – und gleichzeitig eine leise Furcht vor dem, was seine Anwesenheit hier zu bedeuten haben mag.
Meine Schwester packt mich am Arm und drückt beinahe brutal zu. »Jacinda, lass das! Hör sofort auf damit!«
Ruckartig wie ein Raubtier, das seine Beute gewittert hat, fährt Wills Kopf in die Höhe und ich frage mich, ob Jäger überhaupt normale Menschen sind. Oder ob sie genau wie die Drakis nicht ganz von dieser Welt sind. Er sieht sich um und durchforstet mit Blicken den Gang, während ich um meine Selbstbeherrschung kämpfe. Schnell, bevor er mich sieht! Bevor er begreift!
In meinen Lungen ballt sich Hitze zusammen und das vertraute Gefühl von Feuer stellt sich ein, in genau dem Moment, als unsere Blicke sich treffen.
Ein lauter Knall weckt mich aus meiner Starre und ich reiße mich von ihm los. Verwirrt schaue ich zu Tamra. Ihre Hand ruht noch immer auf meiner Spindtür, die sie zugeworfen hat. Ihre Finger sind ganz weiß, so fest drückt sie gegen das Metall.
Es läutet zum Stundenanfang.
Schnell wie der Wind bückt Tamra sich, hebt meine Bücher auf und zerrt mich in die Mädchentoilette. Ich schaue mich noch einmal um, während der Gang sich rasch leert und all die Schüler in den Klassenzimmern verschwinden, eingehüllt in eine Wolke aus unnatürlichen Gerüchen. Parfum, Aftershave, Bodylotion, Haarspray, Haargel … meine Sinne werden ganz verklebt. Hier fühlt sich nichts echt an – abgesehen von dem Jungen, der mir nachblickt und mich beobachtet. Sein stechender Blick folgt mir, er verfolgt mich, wie das Raubtier, das ich in seinem Inneren schlummern fühle. Flink und geschmeidig wie ein Panther entfernt er sich von den Schließfächern.
Noch immer regt sich der Draki in mir, hellwach und aufgescheucht vom forschenden Blick dieses Jungen. Meine Haut bebt und es juckt mich am Rücken, dort, wo meine Flügel ausbrechen wollen. Doch ich halte sie in Schach – in Schach, aber nicht gezähmt.
Tamra zieht noch stärker an mir und schubst mich schließlich weiter, bis ich ihn aus den Augen verliere. Er wird verschluckt vom Trubel der Menschen um mich herum, die den Gang verstopfen – wie eine Schar Motten, die das Licht umschwirrt.
Doch fühlen kann ich ihn noch immer. Noch immer sehne ich mich nach ihm – weiß, dass er da ist, auch wenn ich ihn nicht länger sehen kann.
Der beißende Geruch von Säure steigt mir in die Nase und augenblicklich zieht sich der Draki in mir zurück – flieht vor dem unnatürlichen Gestank. Ich halte mir Mund und Nase zu. Der Funke in meinen Lungen erlischt und auch mein Rücken hört auf zu kitzeln.
Tamra mustert mich eingehend und atmet dann hörbar aus, eindeutig froh, dass ich wieder ganz Mensch bin. Die Jacinda, die sie akzeptiert, die Einzige, die sie um sich haben will – vor allem hier in dieser neuen Welt, die sie so gerne für sich erobern möchte.
»Gott sei Dank! Endlich hast du aufgehört zu glühen! Willst du uns alles kaputt machen?«
Ich starre die Tür an, fast als ginge ich davon aus, dass er uns folgt. »Hat er mich gesehen?«
»Glaube ich nicht.« Sie zuckt mit den Schultern. »Aber selbst wenn, hätte er keine Ahnung, was er da sieht.«
Vermutlich hat sie recht. Nicht einmal die Jäger wissen, dass Drakis sich in Menschen verwandeln können. Das ist unser größtes und am strengsten gehütetes Geheimnis – unsere wichtigste Verteidigung. Glücklicherweise sind mir nicht mitten im Flur Flügel gewachsen oder so. Zumindest nicht ganz.
Ich schlinge meine Arme um mich, als das belebende Summen in meinem Inneren erstirbt. Plötzlich wird mir klar, dass das jetzt meine Chance ist – jetzt
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