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Flavia de Luce 5 - Schlussakkord für einen Mord: Roman (German Edition)

Flavia de Luce 5 - Schlussakkord für einen Mord: Roman (German Edition)

Titel: Flavia de Luce 5 - Schlussakkord für einen Mord: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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lassen konnten.
    Weil Vater uns immer wieder ermahnte, dass sich neugieriges Gaffen nicht gehörte, zog ich rasch Notizbuch und Stift aus der Tasche meiner Strickjacke und tat so, als schriebe ich mir etwas auf.
    Der Wagen kam mit knirschenden Reifen zum Stehen. Die Wagentür wurde geöffnet und wieder zugeschlagen.
    Ich hob verstohlen den Blick. Ein großer Mann in einem hellbraunen Regenmantel war ausgestiegen.
    »Hallihallo!«, sagte er. »Ja, was haben wir denn da?«
    Als wäre ich eine Wachsfigur bei Madame Tussauds.
    Ich kritzelte eifrig weiter und widerstand der Versuchung, die Zungenspitze in den Mundwinkel zu stecken.
    »Was schreibst du denn?«, fragte er und trat näher, als wollte er auf das Blatt schauen. Wenn ich eines nicht leiden kann, dann sind es Leute, die einem über die Schulter gucken.
    »Ich sammle Nummernschilder«, antwortete ich und klappte das Notizbuch zu.
    »Soso.« Er schaute sich um. »In dieser gottverlassenen Gegend kriegst du wahrscheinlich nicht viele zusammen.«
    Ich erwiderte möglichst abweisend: »Jetzt habe ich ja schon mal das von Ihrem Auto.«
    GBX 1066.
    Er folgte meinem Blick.
    »Gefällt dir die alte Karre? Ein Phantom II von 1928. Der vorige Besitzer wollte damit sein Rennpferd transportieren und hat zur Metallsäge gegriffen.«
    »Der Kerl muss verrückt gewesen sein«, rutschte es mir heraus.
    »Genau genommen war es eine Sie. Aber verrückt war sie tatsächlich. Komplett verrückt. Lady Densley.«
    »Von den Keks-Densleys?«
    »Genau die.«
    Während ich noch über eine passende Erwiderung nachdachte, zog er ein silbernes Etui aus der Tasche, öffnete es und überreichte mir eine Visitenkarte.
    »Ich heiße Sowerby. Adam Sowerby.«
    Ich warf einen Blick auf das Stückchen Pappe. Immerhin war es geschmackvoll mit einer kleinen schwarzen Schrift bedruckt.
    Adam Tradescant Sowerby, M. A.
    Mitglied der Königlichen Gartengesellschaft
    Pflanzenarchäologe
    Alte Pflanzensamen – Nachzüchtungen – Recherchen
    Tower Bridge, London E.1 TN Royal 1066
    Sieh mal einer an, dachte ich. Die gleichen vier Ziffern wie auf seinem Nummernschild. Ein Mann mit Beziehungen.
    »Du musst Flavia de Luce sein.« Er streckte mir die Hand entgegen. Ich wollte ihm eben die Visitenkarte zurückgeben, begriff aber noch rechtzeitig, dass er mir nur die Hand schütteln wollte.
    »Der Vikar hat mir gesagt, dass ich dich hier finde. Entschuldige bitte, dass ich so unangekündigt aufkreuze.«
    Aber ja! Das war der Freund des Vikars, Mr. Sowerby. Mr. Haskins hatte sich in der Krypta nach ihm erkundigt.
    »Sind Sie mit Sowerby & Söhne verwandt, dem Bestattungsunternehmen im Dorf?«
    »Der jetzige Inhaber ist mein Cousin dritten Grades, glaube ich. Tja … manche von uns Sowerbys haben das Leben gewählt, andere den Tod.«
    Ich nahm seine Hand, schüttelte sie tüchtig und blickte ihm fest in die kornblumenblauen Augen.
    »Ja, ich bin Flavia de Luce. Es stört mich überhaupt nicht, dass Sie unangekündigt aufkreuzen. Wie kann ich Ihnen helfen?«
    »Denwyn ist ein alter Freund von mir«, erwiderte er, ohne meine Hand loszulassen. »Er meinte, du kannst meine Fragen bestimmt beantworten.«
    Denwyn hieß der Vikar mit Vornamen. Wie nett von ihm, dass er mich so zutreffend einschätzte.
    »Ich werde mein Möglichstes tun«, versprach ich.
    »Als du durch die Maueröffnung geschaut hast … Was hast du da als Erstes gesehen?«
    »Eine Hand. Eine ziemlich verschrumpelte Hand. Sie hielt ein zerbrochenes Glasröhrchen.«
    »Ringe?«
    »Keine.«
    »Fingernägel?«
    »Sauber und gepflegt. Obwohl Hände und Kleidung verdreckt waren.«
    »Sehr gut. Was hast du noch gesehen?«
    »Das Gesicht. Beziehungsweise die Gasmaske vor dem Gesicht. Blonde Locken. Dunkle Linien am Hals.«
    »Noch etwas?«
    »Nein. Die Taschenlampe war zu schwach.«
    »Bravo! Du machst deinem Ruf wirklich alle Ehre.«
    Meinem Ruf? Anscheinend hatte ihm der Vikar von den früheren Mordfällen erzählt, bei denen ich die Polizei auf die richtige Spur geführt hatte. Das ging runter wie Öl!
    »Keine getrockneten Blütenblätter … Pflanzenreste … etwas in der Art?«
    »Mir ist nichts aufgefallen.«
    Mr. Sowerby gab sich einen Ruck, als müsste er sich dazu durchringen, eine besonders heikle Frage zu stellen. »Das war für dich doch bestimmt ein Riesenschreck«, sagte er mit leiserer Stimme. »Der Anblick der Leiche, meine ich.«
    Ich nickte nur.
    »Die Polizei hat den Fundort beim Abtransport des Toten ziemlich ruiniert. Alles, was für mich

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