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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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ohne Frühstück auf den Weg zur ersten Trambahn in die Stadt. Als sie Edendale erreichte, fiel die Sonne auf die Berge im Osten, und die Schreiner schleppten gerade ihr Werkzeug auf das Filmgelände. Liberty expandierte gewaltig und schnell.
    Die gelben Kiefernholzwände des Anbaus am Haupthaus standen bereits. Nach langer Diskussion zwischen B. B. Kelly und Hayman war eine neue Abteilung ins Leben gerufen worden. Sie sollte ausschließlich abendfüllende Filme produzieren, also Fünf- und Sechsspuler.
    Diese langen Filme wurden jetzt immer häufiger produziert, trotz ständiger Klagen von den Filmvorführern, die sie nicht mochten, weil sie erheblich mehr Gebühren kosteten, zwischen vierzig und fünfzig Cent pro Meter, während Einspuler und zweiteilige Einspuler immer noch zehn Cent kosteten. Lange Filme verringerten die Einnahmen zudem, weil dadurch an einem Abend weniger Zuschauer in das Filmtheater kamen. So kurzsichtig und stur der Widerstand auch war, weigerten sich doch viele Verleiher deshalb, einen abendfüllenden Film in einem Stück zu verleihen. Statt dessen gaben sie ihn als zwei Einspuler heraus. Die Studios vertraten die Meinung, Kurzfilme kämen zwar niemals aus der Mode, aber die Spielfilme fänden ein immer größeres Publikum, was zum Teil auf eine Welle aufwendiger Historienfilme aus Italien zurückzuführen sei, die sehr beliebt waren. Der Fall von Troja und Quo vadis? füllten die Filmtheater bis auf den letzten Platz. Ebenso Griffith’ amerikanischer Film mit dem Titel Judith von Bethulia. Bekannte Bühnenschauspieler, darunter Mrs. Fiske und Beerbohm Tree, hatten ihre hochmütige Zurückhaltung
    aufgegeben und lukrative Filmverträge unterschrieben.
    Auf dem rückwärtigen Gelände hob man den Boden aus für Libertys stolzestes Projekt, eine neue Bühne mit aufschiebbaren Außenwänden und einem Schiebedach, alles aus Glas. Vitagraph, Edison, Pathe, Lubin bauten ähnliche Bühnen oder hatten sie bereits.
    In einem neuen, kleineren Gebäude für die Maskenbildner, fand Fritzi ihr Kuhmagd-Kostüm auf einem Ständer. Sie nahm es mit in die Garderobe und machte sich ans Umziehen, aber sie merkte, daß sie zwei linke Hände hatte, die außerdem noch zitterten. Eine der Sicherheitsnadeln, die das Polster in ihrer Korsage befestigten, war aufgegangen. Sie steckte sie hastig wieder zu. Eddie hatte Windy und Loy für diesen Film engagiert; er hatte Fritzi erzählt, daß er die beiden nur bis Freitag bekommen könne.
    »Sie arbeiten in Griffith’ großem Bürgerkriegsepos mit. Mir scheint, daß er alle Reiter von hier bis Tihuana braucht. Er hat jeden Saloon und jede Tenne ausgeräumt. Zwei Dollar pro Tag und noch ein Mittagessen dafür, daß einer entweder blau oder grau trägt. Muß was ganz Großes sein.«
    Die erste Szene des Tages wurde vor einem Mietstall in der Alessandro Street gedreht, unweit von Liberty. Eddie hatte jetzt einen eigenen Assistenten, eine Bohnenstange namens Morris Isenhour, kurz Mo gerufen. Mo begeisterte sich seit seiner Schulzeit in Los Angeles für Filme. Er brach die Ausbildung vorzeitig ab, um sich in der Branche einen Job zu suchen. Mit zwanzig konnte er schon zwei Jahre Berufserfahrung nachweisen. Er war gewissenhaft und nicht aus der Ruhe zu bringen.
    Mo fuhr mit dem gebrauchten Modell T vor, das für den Film gekauft und umlackiert worden war. Er parkte an dem eingezäunten Stallgrundstück. Eddie besprach sich mit Jock Ferguson wegen des Hintergrunds. »Mir gefällt das hohe Unkraut hinter dem Wagen nicht«, mäkelte Jock. Eddie hieß Mo, eine Sense aufzutreiben und das hohe Unkraut abzumähen.
    Die drei Statisten Loy, Windy und ein Mann namens Luther erschienen pünktlich am Drehort, gekleidet wie Viehhirten, die sie auch darstellen sollten. Loy schlenderte auf Fritzi zu und tippte an seinen kegelförmigen Hut. »Wie geht’s Ihnen, Ma’am?«
    »Sehr gut, danke, Loyal«, erwiderte sie etwas zu freudig; ihre Stimme kam ihr zu hoch vor.
    »Ich freue mich auf diesen Film. Soll eine Komödie sein.« Damit wandte er sich um und schlenderte davon. Enttäuscht sah sie ihm nach; sie beobachtete, wie sich sein altes Halfter und sein sehr echt aussehender Revolver im Takt seiner Hüften bewegten. Dieser Mann erregte sie in unvorstellbarem Maße.
    Dann steh nicht so dumm herum. Reiß dich zusammen, und geh ihm nach.
    Der Film handelte unter anderem von einem modern eingestellten Ranchbesitzer, der seiner Tochter zum einundzwanzigsten Geburtstag einen Ford geschenkt hatte.

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