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Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Titel: Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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niemand erwartete.
    Ein unpassender Vergleich in diesem Augenblick und an diesem Ort, dachte Jana. Oder einer, der viel zu gut passt. Sie ertappte sich dabei, wie ihr Blick wieder an den matt schimmernden Stäben voller Tod und Vernichtung entlangglitt. Das bisschen Menschenkenntnis, das sie aus Literatur und ihrer drogenumnebelten Zeit im Institut bezog, nützte angesichts des enormen Fleischberges, der neben ihr auf dem Boden saß, nicht viel. Der Mann war Karnese. Aufgewachsen unter einer viel höheren Schwerkraft als normale Leute und gezeugt von Menschen, deren Vorfahren sich mit genetischen Tricks an eine ganz andere Welt hatten anpassen wollen. Kaddok hatte seine Kindheit und Jugend in einer Umgebung zugebracht, in der fünf Grad unter Null als ungewöhnlich warm galten. Sein erster Schritt in ein Raumfahrzeug des Flottenkommandos hatte ihn einem Hitzschlag nahegebracht. Nur ein Dunkelweltmensch, direkt von Utragenorius eingetroffen, hatte einen größeren Kulturschock zu verarbeiten. Aber die waren ja niemals alleine unterwegs. Karnesen dagegen schon. Wer weiß, was all die halb verstandene Wissenschaft in den Köpfen dieses Volkes angerichtet hatte. Jana hatte nicht die geringste Ahnung, auf welche Weise Kaddok dachte. Das machte ihr Angst, erkannte sie. Sie wollte keine Angst haben.
    »Es gibt Dinge, vor denen man Angst hat«, sagte Kaddok, »und manche Dinge, die wir hier tun, machen uns eine Menge davon.«
    Veruca Salt sah zu ihm, versuchte, in seinem Gesicht zu lesen; der Karnese arbeitete weiter. Er blickte nicht zu ihr hinüber. Und es wies nichts darauf hin, dass er plötzlich gelernt haben könnte, Gedanken zu lesen.
    »Zum Beispiel diese Ladungen«, sprach Kaddok weiter. »Sie dienen einem deutlichen Zweck. Sie sind nicht böse. Keine terroristischen Anschläge, keine heimtückischen Mordversuche. Sie dienen nur dazu, im äußersten Notfall eingesetzt zu werden und eine titanisch große Maschine in viele kleine Maschinen zu teilen. Die dann vielleicht eine größere Chance haben, das Ganze zu überstehen.«
    Jana sagte nichts. Sie war überrascht. Veruca Salt musste über alle Maßen erstaunt sein, ließ die Hände sinken und arbeitete nicht weiter. Kaddok tat ungerührt so, als habe er den Blick seiner Partnerin nicht bemerkt. Machismo, konstatierte Jana.
    »Die Leute wissen zuviel«, sagte Kaddok und hörte seinerseits auf, den Leib des ungeborenen Weltenkreuzers mit Vernichtung zu füttern. »Und sie haben Phantasie«, sprach der Karnese weiter. »Sie malen sich aus, was geschieht, wenn irgendwann einmal irgendeines dieser Babys aktiviert wird. Das ist nicht gut. Es gibt Beispiele. Das ist alles schon vorgekommen. Und manchmal verbinden sich die Informationen und die Phantasie zu einem üblen Gebräu. Es gibt die wildesten Spekulationen. Etwa, wenn man Leute von der Goldenen Bruderschaft auf der Werft herumführt, und alles zerreißt sich wochenlang das Maul darüber.«
    Kaddok warf einen hilfesuchenden Blick zu Veruca Salt. Hast du es jetzt verstanden, sagte er, und begreifst du es jetzt oder muss ich weiterreden. Jana reagierte nicht. Sollte er weiterreden.
    Die Stimme des Karnesen war raumfüllend, selbst wenn er sich bemühte, leise zu sprechen. »Die überhitzte Phantasie ist das eine. Die Wirklichkeit ist anders. Es sind Unfälle vorgekommen«, sagte er, »hin und wieder ist jemand unvorsichtig oder hastig oder leichtsinnig, was auf dasselbe hinausläuft.« Seine Hände arbeiteten weiter. Sie führten ein Eigenleben und hatten nichts zu tun mit dem, was die tiefe Stimme sagte. »Hin und wieder geht so eine Ladung los, obwohl sie nach allem, was man darüber weiß, niemals hätte detonieren können. Die Mutmaßungen über die Gründe sind unnütz. Es bleibt nicht genug Beweismaterial übrig, um irgendwelche Theorien zu stützen. Um genau zu sein: Es bleibt überhaupt kein Beweismaterial übrig.«
    Jana versuchte, sich eine Explosion vorzustellen, die sie beide und die blecherne Schachtel, in der sie saßen, spurlos vernichten würde. Es gelang ihr nicht. Die Zahlen waren unfassbar. Sie konnte abschätzen, wie hoch die Sprengkraft war, die in den Stäben steckte. Ihre Phantasie reichte jedoch nicht aus, sich eine solche Explosion auszumalen. Sie wünschte, ihre Augen auf so etwas scharfstellen zu können, auf die Zukunft oder eine mögliche Zukunft. Aber das war selbst den schärfsten Augen Galdäas unmöglich.
    »Das setzt die fiesen Rädchen in den Hinterköpfen in Bewegung«, murmelte

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