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Geh nicht einsam in die Nacht

Geh nicht einsam in die Nacht

Titel: Geh nicht einsam in die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Westoe
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Erinnerung, welchen Weg er eingeschlagen hatte, und entsann sich all der Dinge, die er noch erreichen wollte. Er ließ die Erinnerung an Françoise Dorléac verblassen und gab Terhi keine Erklärung, er wusste, dass er sie verlassen würde, es war nur eine Frage der Zeit, und wenn sie ihm zu sehr auf die Nerven gehen sollte, würde er ihr anbieten, die Wohnung in Tallinge zu behalten, er konnte sich eine andere Wohnung suchen, am liebsten eine etwas zentraler gelegene.
    Weltweit war die Rede vom Sommer der Liebe, aber in Helsingfors schien eher selten die Sonne, und es war kalt, das Thermometer schaffte es nur an wenigen Tagen über die 20-Grad-Marke. Im August wurde es dann noch schlimmer, da kamen die Wolkenbrüche. Es regnete täglich, und an manchen Tagen goss es in Strömen, aber Jouni war das egal. Er bereitete sich schon auf das Diskussionsprogramm Poparena! vor, das Mitte September auf Sendung gehen sollte. Die Idee stammte von Keijo Kantola, der vom Rundfunk zum Fernsehen gewechselt war, und als Moderator hatte man, nach Probeaufnahmen mit verschiedenen Kandidaten, Jouni Manner ausgewählt. In Wahrheit waren die Aufnahmen ein Bluff, ein Spiel für die Galerie gewesen: Jouni war von Kantola und den anderen Chefs bei TV 1 ausgewählt worden.
    Das Format der Sendung war neu. Poparena! wollte ein knackiges und bissiges Diskussionsprogramm für junge Leute sein, Interviews und Debatten sollten sich mit Musik- und anderen Unterhaltungsdarbietungen abwechseln und die Studiogäste noch nicht von der Öffentlichkeit verbraucht und abgegriffen, sondern junge, frische Gesichter auf dem Weg nach oben sein. Geplant war, die Sendung jeden zweiten Donnerstagabend auszustrahlen und als eine Art kleiner Bruder der spät ausgestrahlten Talkshow Verlängerung aufzubauen, einer neuen, bissigen Samstagsshow mit bekannten Moderatoren wie Lenita Airisto und Aarre Elo.
    Doch bevor Poparena! begann, hatte Jouni einen letzten Auftrag für den Rundfunk zu erledigen. Er sollte nach Schweden reisen und vom Tag R berichten, dem großen Übergang vom Links- zum Rechtsverkehr Anfang September. An einem der Abende im Oiva Anfang Juli hatte er beunruhigende Dinge über Ariel Wahl gehört, der Ende Mai nach Stockholm abgehauen war und das nur Adriana mitgeteilt hatte. Seine Informationen kamen von einem gewissen Ruisma, der aus Stockholm nach Helsingfors zurückgekehrt war und versuchte, auf dem schmalen Pfad der Tugend zu wandeln. Ruisma hatte erzählt, Ariel habe in Schweden verloren gewirkt und sei völlig in den Händen Hurmes und anderer Banditen. Jouni hatte sich seine Worte gemerkt und beschlossen, einen Tag länger in Stockholm zu bleiben und nach Ariel zu suchen, aber er nahm das Flugzeug, ohne den kleinsten Anhaltspunkt zu haben, denn als er nach Tagen vergeblicher Versuche endlich Lydia Wahl an die Strippe bekommen hatte, stellte sich heraus, dass sie absolut nichts wusste: Sie klang nüchtern, aber bedrückt, und meinte, sie habe keine Ahnung, wo Ariel stecke, sie habe keine Adresse, keine Telefonnummer, keine Kontaktperson, nichts.
    Jouni traf am Freitagmorgen, den 1. September, in Stockholm ein. Es herrschte bereits Feierstimmung, in den Geschäften verkaufte man R-Kartenspiele, R-Handschuhe und R-Schokolade, und die Menschen waren mitteilsam, jeder hatte eine Meinung zum Tag R und es war nicht weiter schwierig, die Leute zum Reden zu bringen. Jouni lief mit seinem Nagra-Gerät den ganzen Nachmittag durch die Stadt, machte Interviews und nahm Stadtgeräusche auf. Die Interviews fielen ihm eher schwer: Das Schwedisch in Stockholm klang nicht wie daheim, nicht nur die Aussprache war anders als bei Addi und Ari und den anderen Finnlandschweden, die er gekannt hatte, die Stockholmer benutzten darüber hinaus Worte, die er nicht kannte.
    Er schaffte es, die Bänder mit der Abendmaschine nach Helsingfors zu schicken: Auf dem Flugplatz wartete ein Bote, und ein widerwilliger Tuomas Koskelo-Kajander war dazu auserkoren worden, den Schnitt zu überwachen und dafür zu sorgen, dass der Bericht am Samstag im Hauptprogramm laufen würde. Jouni kehrte ins Hotel Carlton zurück und bestellte ein Gespräch nach Helsingfors, und als die Leitung stand, instruierte er einen ärgerlichen Koskelo-Kajander, wie er den Beitrag schneiden sollte. Anschließend ging er in ein Restaurant namens Brända Tomten, aß ein Steak und trank Rotwein und zwei Drinks, und am Abend lag er auf seinem Hotelbett, rauchte und sah sich im Fernsehen ein Programm über

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