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Geisterlicht: Roman (German Edition)

Geisterlicht: Roman (German Edition)

Titel: Geisterlicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elaine Winter
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doch einen Sinn machen, dann hat er zwar gezaubert, aber es ist ihm nicht bewusst.«
    Um Dawns Lippen spielte beim Gedanken an ihren Schüler ein so liebevolles Lächeln, dass eine riesige Welle von Schwesternliebe Fiona durchlief. »Du bist sicher eine tolle Lehrerin«, sagte sie leise.
    »Danke. Zwar bin ich noch nicht lange in dem Job, aber er macht mir sehr viel Spaß. Und was arbeitest du?«
    »Ach, nichts Besonderes. Ich bin Notargehilfin in der Kanzlei unseres Vaters. Das hat sich irgendwie so ergeben.« Fiona zuckte mit den Schultern und schämte sich ein bisschen, weil sie nicht wie ihre Schwester mit leuchtenden Augen von ihrer Arbeit erzählen konnte.
    »Das stelle ich mir ganz schön schwierig vor. All die Paragrafen und Bestimmungen und so.«
    Sie waren jetzt an einer Stelle, wo die Straße steil anstieg. Dawn trat das Gaspedal durch und der Motor heulte gequält auf. Dennoch wurde das alte Auto immer langsamer, bis sie schließlich nur noch im Schritttempo bergauf zuckelten.
    »Ich weiß nicht, ob ich dort überhaupt noch arbeiten möchte, nachdem ich erfahren habe, dass Papa … dass unser Vater die Briefe von Noreen abgefangen hat.«
    Fiona war nicht in der Lage, darüber zu sprechen, ohne dass es ihr die Kehle zuschnürte. Seltsamerweise dachte sie an ihre Mutter aber immer noch nur als »Noreen«, wie sie es all die Jahre getan hatte. Offenbar brauchte sie noch Zeit, um in ihrem Inneren ein neues Bild ihrer Mutter entstehen zu lassen.
    »Es tut mir so leid, dass du glauben musstest, sie und ich hätten dich vergessen«, sagte Dawn leise. Dann deutete sie aufgeregt nach vorn. »Da ist es! Da wohnt Aidan.«
    Sie hatten inzwischen die Hügelkuppe erreicht, und vor ihnen breitete sich ein liebliches grünes Tal aus – in dem Fiona allerdings kein einziges Haus entdecken konnte. Sie sah nur Wiesen, ein paar Baumgruppen und einen ziemlich großen See mit einer Insel in der Mitte. »Wo soll er wohnen?«, erkundigte sie sich irritiert und versuchte vergeblich, das Flattern in ihrem Magen zu ignorieren.
    »Da oben.« Wieder streckte Dawn den Zeigefinger vor, und jetzt erkannte Fiona, dass sie auf den Hügel zeigte, der sich auf der anderen Seite des Tals erhob. Er war niedriger als der kleine Berg, den sie eben so mühsam überwunden hatte. Oben auf diesem Hügel stand eine Burg. Sie war nicht besonders groß, besaß aber zwei Türme mit Zinnen, ein großes Tor und wirkte insgesamt so trutzig, wie eine Burg eben auszusehen hatte.
    »In dem alten Gemäuer da?« Fiona reckte den Hals in alle Richtungen, konnte aber nichts erspähen, was wie ein Wohnhaus aussah.
    »Das ist nicht irgendein altes Gemäuer, sondern Sinclair Castle, der Familiensitz der MacNaughtons. Aidans Vorfahre Sinclair MacNaughton baute die Burg 1563«, erklärte Dawn in so stolzem Ton, als hätte sie höchstpersönlich jeden einzelnen Stein auf den Hügel geschleppt. »Aidan ist dort aufgewachsen, aber vor zehn Jahren, als er die Schule beendet hatte und anfing, in Edinburgh zu studieren, haben seine Eltern beschlossen, lieber in die Stadt zu ziehen. Na ja, für ein älteres Ehepaar ist das ein ziemlich großes Gebäude, und im Winter wohl auch ein bisschen zugig. Dann kam der Unfall der beiden.« Dawn schwieg einen Moment und nahm dann den Faden wieder auf. »Jedenfalls stelle ich es mir sehr romantisch vor, auf Sinclair Castle zu wohnen. Mit Aidan zusammen, meine ich natürlich.« Verträumt schaute sie hinauf zu der Burg, deren sandfarbene Steine im Nachmittagslicht warm leuchteten.
    »Und jetzt ist Aidan allein wieder hierhergezogen? Für einen einzelnen Mann scheint mir das erst recht eine ziemlich … äh … geräumige Unterkunft zu sein.« Fiona fragte sich, ob Aidan sie wohl von einem der Burgfenster aus sehen konnte. Zu dem seltsamen Gefühl in ihrem Magen gesellte sich nun auch noch heftiges Herzklopfen.
    Das alte Auto tuckerte nun überraschend flott die bergauf führende Straße zur Burg entlang. Lillybeth war schon vorausgeflogen und kreiste um den rechten Turm.
    »Bis jetzt hat Aidan noch nicht vor, für immer hier zu leben«, erzählte Dawn. »Er ist nur hier, weil er zum Schreiben Ruhe braucht, damit sein Roman fertig wird. Aber, wer weiß. Wenn er vielleicht schon bald heiratet und Kinder hat…« Dawn kicherte nervös. »Für eine Familie wäre das doch wirklich ein schöner Wohnsitz. Jede Menge Platz, ein großer Innenhof, viel freie Natur ringsum. Ich möchte jedenfalls mindestens vier Kinder.«
    Als ihre Schwester

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