Goettin - Das Erwachen
dazu, an diesem Bild zu zweifeln. „Vampire und Wandler? Und die schlagen sich nicht gegenseitig die Köpfe ein?" Lee wunderte sich ehrlich darüber. „Dafür und dass sie bei beiden Völkern anerkannt werden, sorgt der General." Vielleicht war das Bild von den Soldaten doch nicht so verkehrt gewesen. Die Strukturen hatten sie jedenfalls.
Eine Weile gingen sie weiter. „Warum bist du von ihnen weggegangen? Du erzählst so voller Überzeugung von deinen Brüdern. So erzählt nur jemand, der damit noch nicht abgeschlossen hat." Langsam wurde der Wald lichter und flacher. Bald würden sie am Auto ankommen. „Wegen meiner Frau. Neyla. Sie war dir so ähnlich" gestand Chris leise. So voller Liebe und Schmerz, wie Chris diese Worte aussprach, war Lee sofort klar, dass das nicht irgendeine Frau gewesen war und es nicht gut ausgegangen war. Manchmal war es am Besten, einfach die Klappe zu halten und sein Gegenüber erzählen zulassen. Das war einer dieser Momente, entschied Lee. Chris leise, raue Stimme und seine gelockerter Griff zeugten davon, dass er sich mitten in seinen Erinnerungen befand. „Wir waren 1940 bei einem Einsatz auf Hawaii. Nur eine Kleinigkeit, die wir schnell geregelt hatten. Als der Auftrag beendet war, sind wir an einer kleinen Bar mitten in der Pampa vorbei gekommen. Wir hatten gute Laune und wollte noch ein wenig feiern. Es war eigentlich eine Bar, die nur von Einheimischen besucht wurde. Aber Neyla behandelte uns, als würden wir dazugehören. Ich habe bis dahin nie an diesen Schwachsinn von der einen großen Liebe geglaubt. Am Ende der Nacht hatte ich meine Meinung darüber grundlegend geändert. Sie war wunderschön, charmant und hatte immer einen Spruch auf Lager. Sie arbeitete alleine hinter der Bar und schien den Laden komplett im Griff zu haben. Auch etwas, dass du mit ihr gemein hast. Bei jedem Lächeln, das sie mir an diesem Abend schenkte, konnte ich spüren, wie mein Herz einen Schlag aussetzte. Der General und Nael sind am nächsten Tag wieder nach New York geflogen und ich blieb."
Sie hatten den Wald hinter sich gelassen und standen vor Liams SLS. Lee überschlug schnell, wenn Neyla 1940 eine junge Frau gewesen war, müsste sie jetzt um die 90 sein. Sie ahnte schon, wie die Geschichte ausging. „Es hat nicht funktioniert?", mutmaßte sie leise. Chris Blick haftete an irgendetwas auf dem Boden. Lee glaubte nicht, dass er noch etwas wahrnahm. Vielmehr schien nur noch sein Körper hier zu sein. Sein Geist schien im Jahr 1940 zu sein. „Doch hat es. Wir waren mehr als glücklich und haben kaum drei Monate später geheiratet. Da ihre Bar am Waldrand lag, konnte ich ungestört herumstreunen und Neyla liebte meine Luchs. Ich habe ohne einen Funken Reue gekündigt und habe ihr mit der Bar geholfen oder habe Soldaten der US Army trainiert." Sie hörte ein wehmütiges Seufzen von Chris. „Glaub mir, ich war der glücklichste Mann auf der ganzen, weiten Welt. Durch meine Markierung war ihr Leben an meines gebunden und sie wäre genau so langsam gealtert wie ich." Diese Wirkung des Markierens war ihr neu, aber sie fand es sofort unglaublich romantisch. Nur ein Biss und schon konnte man das ganze, lange Leben miteinander verbringen.
Sie lächelte, bis ihr ein Wort bewusst wurde. Wäre! Sie wäre langsam gealtert. Jetzt wusste sie wirklich, wie es ausgegangen war und ihr wurde schwer ums Herz. „Oh Gott." Sie hatte nicht bemerkt, dass sie das laut ausgesprochen hatte. Aber Chris sah zu ihr auf und blinzelte sie mit feuchten Augen traurig an. In ihren Augen sammelten sich langsam ebenfalls Tränen. Warum war diese Welt nur so verdammt ungerecht? „Nur ein Jahr.", stammelte Chris mit tränenerstickter Stimme. Sie kniff kurz die Augen zusammen und versuchte den Schmerz, der sich in ihrer Brust breitmachte, zu ignorieren. Sie konnte sich kaum vorstellen, wie sehr Chris leiden musste. Sie hatte nur ihre Mutter verloren. Das war eben der Lauf der Welt, dass Kinder ihre Eltern begruben, aber seine geliebte Frau nach nur einem Jahr zu verlieren. Das musste eine ganz andere Dimension von Leid und Trauer sein. Sie zog Chris in eine Umarmung und er klammerte sich sofort an ihr fest. So als würde sie ihn davor bewahren in seinem Schmerz zu ertrinken. Sie fühlte, dass er schluchzte und sie konnte einfach nicht anders und weinte mit ihm.
Nach einer Weile fragte sie leise, „Was ist passiert?" Chris hatte aufgehört zu weinen, hielt sie aber immer noch fest an sich gedrückt. Da er sein Kinn auf
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