Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heldensabbat

Heldensabbat

Titel: Heldensabbat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
Vom Netzwerk:
Wiederbegegnung mit Peter Steinbeil, dem früheren Mitschüler und Erzrivalen, als dem US Captain Peter Stone. Der Abflug in einer mit höheren US-Offizieren besetzten Kuriermaschine. Der üppige Lunch, den uns eine Ordonnanz servierte. Die unmittelbar bevorstehende Heimkehr nach Mainbach.
    »Prost!« sagte Bongo, der Freund und Organisator, und trank mir mit schwerem Bordeaux zu. »Mensch, Stefan, wir haben es geschafft. Auch wenn du davon noch überrumpelt bist, du mußt es einfach genießen, daß wir vermutlich die einzigen PoWs sind, die man per Luftfracht nach Hause schafft.«
    Ich sah zu Captain Stone, der sich weiter vorne mit einem Drei-Sterne-General zwanglos unterhielt. Er mußte innerhalb der US Army eine Position haben, die weit über seinen Dienstrang hinausreichte.
    »Der ganz große Zampano«, sagte Bongo, der meiner Blickrichtung gefolgt war. »Und ein prima Kerl, er paßt zu uns.«
    »Wie lange kennst du ihn schon?« fragte ich.
    »Ungefähr drei Wochen.«
    »Und wie viele Montmartre-Nächte?«
    »Montmartre ist falsch«, entgegnete Bongo. »Aber Nächte stimmt schon. Sieben oder acht, zu unserem Vergnügen, doch zu deinen Gunsten.« Er grinste. »Tarzan stellt auch als Mann seinen Mann.«
    »Wie ist er auf dich gekommen?« fragte ich.
    »Die Initiative ging von Mainbach aus«, erwiderte Kalle. »Captain Stone ließ dich suchen, und das war bei Millionen Kriegsgefangenen nicht leicht, es kostete Zeit. Als er auf unsere Dienststelle in Paris stieß, warst du schon das Opfer deiner heißen Nächte geworden. Ich hatte die US-Offiziere vom Bois de Boulogne immer wieder angeheizt, dir zu helfen. Ich hatte ja Beziehungen nach Lyon, und dieser Prenelle-Räuberpistole hab' ich nie getraut. Als wir den faulen Zauber aufgeklärt hatten, kam Captain Stone genau im richtigen Moment, um diesen gallischen Hahnrei hochgehen zu lassen. Du hast viel Schwein gehabt, Junge.«
    »Und Freunde«, entgegnete ich.
    Der US Captain mit der Schweizer Mutter verabschiedete sich von dem General und kam wieder zu uns zurück. Acht Jahre sind eine lange Zeit – und Zeit schafft Distanz. Ich bin nicht zimperlich, aber peinlich war es mir schon, einen Wohltäter zu haben.
    »Du bist noch ziemlich mitgenommen, Stefan«, stellte der vierschrötige Captain fest. »Und du bist in einer schlechteren Lage als ich.« Er lächelte ungezwungen, doch hintergründig. »Ich weiß viel mehr über dich als du über mich.«
    »Und Wissen ist Macht«, alberte ich.
    »Ich hab' nie daran gezweifelt, daß einer wie du selbst in einem miesen System noch eine gute Figur macht«, erklärte der US-Offizier. »Aber ich habe mich auch davon überzeugt. Ich will dir etwas verraten, Stefan: Ich hätte keinen Finger für dich gerührt, wenn es nicht so gewesen wäre.« Der ehemalige Schulfreund klopfte mir salopp auf die Schulter. »Du bist ein feiner Bursche geblieben – auch dein Freund Bongo ist okay.«
    »Dann wären wir ja drei prima Kerle«, entgegnete ich.
    »Und glaubt nicht, daß ihr mir dadurch imponiert habt, daß ihr Kriegshelden seid«, entgegnete Peter. »Das bin ich schließlich selbst. Take a drink and forget about it!« riet er und lächelte über sich selbst.
    »Leicht gesagt, Tarzan«, erwiderte ich und erschrak, weil ich ihn mit seinem früheren Spitznamen angeredet hatte.
    »Du machst schon Fortschritte«, quittierte er es und goss mir Bordeaux nach. »Du kannst mich ruhig wieder so nennen – du schon, du und Bongo auch – es erinnert mich an meine Jugendzeit.«
    »Paßt prima zusammen: Tarzan und Bongo, die Urwaldaffen«, versetzte ich lachend.
    Sie fuchtelten beide mit den Fäusten, aber es war nur eine Drohgebärde. Sie waren froh, mich aus der Erstarrung gerissen zu haben.
    Wir landeten glatt auf dem Airport Erbenheim. Ein Fahrer holte uns in einem Buick ab. Wir rollten durch das zerstörte Frankfurt in Richtung Heimat. Die vormals Freie Reichsstadt war zu einer Trümmerstätte geworden, sie teilte das Schicksal aller deutschen Metropolen.
    »Was mit deinen Eltern und deinem Onkel passiert ist, ist furchtbar«, wurde Peter auf einmal ernst. »Aber daß du überlebt hast, ist mir eine Genugtuung.«
    »Wir haben ja auch einiges dazu beigetragen«, sagte Bongo.
    »Aber auch dagegen«, erwiderte der hochgewachsene US-Offizier und holte aus seiner Tasche ein Schriftstück. »Lies das mal durch, alter Freund und Kupferstecher«, forderte er mich auf und überreichte mir das Blatt.
    »Aktennotiz der Kreisleitung.
    Mainbach, 26.

Weitere Kostenlose Bücher