Herr Klee und Herr Feld | Roman
auch kriegen ein Autograph?
Harold war etwas kleiner als Alfred.
Howard!
Howard?, meinte Harold und sah sich um, du hast noch ein Sohn?
Alfred gab abwesend das Autogramm an den Jungen, der sich bedankte.
Habe ich Howard gesagt? Sorry. Dein Onkel Moritz sagt immer Howard. Er macht mich ganz meschugge.
Er hielt Harold von sich weg.
Lass dich anschauen. Gut siehst du aus!
And you look like a million Euro!, sagte sein Sohn daraufhin.
Das hätte er nicht sagen sollen. Alfreds Miene verfinsterte sich.
Let’s go.
Das Taxi hielt vor dem Haus. Während Alfred bezahlte, war Harold bereits ausgestiegen und holte seinen Koffer aus dem Kofferraum.
Alfred ging ins Haus, während Harold vor der Villa stehen blieb.
Ein schöne Haus. Ich kenne es von Google Street View, sagte er.
Eine Ruine, knurrte Alfred, kostet ein Vermögen. Immer ist irgendwas. Heute die Heizung, morgen das Dach. Komm.
Zamira öffnete die Tür und lächelte.
Hallo, sagte sie.
Harold lächelte zurück.
Was grinst er so?, dachte Alfred.
Hello, sagte Harold.
Welcome, Mister Kleefeld.
Erste Peinlichkeit.
Mein Sohn heißt Winter. Wie seine Mutter. Das ist Zamira, der gute Geist des Hauses.
Zamira und Harold fanden offensichtlich Gefallen aneinander.
Alfred bemerkte es.
Wie lange soll ich noch im Zug stehen?
Zamira schloss die Tür.
Dabei sagte sie:
Ihr Bruder hat sich hingelegt.
Hingelegt? Jetzt, um die Zeit?
Er fühlt sich nicht gut. Ich habe ihm einen Verveine-Tee gemacht.
Ist er krank?, fragte Harold, als sie im Flur standen.
Alfred schaute zu seinem Sohn und sagte abfällig:
Krank?! A kallike! Immer hat er was. He is an »old kacker«. Was kann man machen? Komm.
Zamira hätte gern etwas dazu gesagt, aber verkniff es sich.
Die Männer betraten das Wohnzimmer.
Harold drehte sich noch einmal nach Zamira um, als sie zurück in die Küche ging.
Wie ein Patriarch saß Moritz im Korbsessel im Wintergarten. Er trug seinen Bademantel und einen Schal. Er hustete. Alfred und Harold saßen am Tisch.
Sie ist sehr nervös, sagte Harold.
Das war sie immer, meinte Alfred, deine Mutter war schon nervös, als ich sie kennenlernte.
Du hast sie nervös gemacht, sagte Moritz. Er lachte über seine Bemerkung und musste wieder husten.
Vielleicht du kannst helfen ihr, uncle Moritz, sagte Harold.
Uncle Moritz is retired, entgegnete Moritz.
Aber vielleicht du weißt ein therapy, erwiderte Harold.
Sie hat das »Jewish-Princess-Syndrom«! Für Alfred war die Sache klar. Sie hat sich immer für etwas Besseres gehalten und sie wollte immer etwas Besseres. Sie glaubt, sie hat ihr Schicksal nicht verdient. Und alle sind schuld daran, nur sie nicht.
Das ist erst mal nichts Außergewöhnliches, sagte Moritz, fast jeder glaubt das. Was ist mit dir? Du hättest ein Weltstar sein können, wenn nicht der oder der das verhindert hätte. Jeder, der etwas Pech im Leben hatte …
Ich hatte Pech? Wo hatte ich Pech?
Well, sie hatte viel Pech, meinte Harold, zuerst du bist weggelaufen …
Alfred sprang auf.
So! Ich bin weggelaufen? Fabelhaft! Ich weiß nicht, was sie dir erzählt hat, aber zwischen uns war immer klar, dass wir nie zusammenleben würden. Dazu waren wir zu unterschiedlich. Sie war nicht die Frau, die ich mir für mein Leben gewünscht habe …
Zamira kam mit Tee, Kaffee und Gebäck.
Alfred sprach leise weiter:
… und ich war nicht der Mann.
Zamira stellte das Tablett ab. Keiner sagte ein Wort. Alle beobachteten sie. Moritz wollte die Stimmung auflockern.
Wie ist das Wetter in London?
Regen, sagte Harold.
Was du sagst. Moritz hustete wieder.
Sie müssen inhalieren, Herr Feld, sagte Zamira.
Wie Sie meinen.
Alfred bemerkte daraufhin:
Sie können gehen. Danke, Zamira.
Sie verließ den Wintergarten.
Die Männer schauten ihr nach. Jeder hatte seine Gedanken.
Auf jeden Fall, es muss passieren was mit Mutter und ich kann nicht das tun selbst, no way.
Alfred fragte:
Gibt es keine Heime?
Alfred! Moritz war verärgert.
Was ist schlimm an einem nursing home?, fragte Alfred unschuldig.
Sure, da sind nursing homes, meinte Harold. Aber die sind zweitausend Pfund ein Monat. Wie kann ich das tun?
Alfred sah ihn an:
Was schaust du mich dabei an? Wie komme ich dazu, nach hundert Jahren deine Mutter zu unterstützen? Was habe ich mit ihr zu tun? Jeder lebt sein Leben!
Harold stand auf, ging zum Fenster, sah in den Garten.
Ich habe, wie sagt man, I’m bankrupt …
Alfred war aufgebracht.
Bankrott! Der große businessman!
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