Höhlenwelt-Saga 03 - Der dunkle Pakt
Unsterblichkeit wurde ihm nicht auf die Weise erfüllt, wie er es sich erhofft hatte. Und nun hat er gewisse Dinge im Sinn, um sein Problem zu lösen. Mehr kann ich euch nicht sagen, ohne wieder einmal die Spielregeln zu verletzen. Es wäre nur zu eurem Nachteil. Aber eines noch: Den gleichen Schritt wie Sardin zu tun war auch Chasts Triebfeder. Chast war nichts als ein von einer Idee besessener Mann. Er war klug, ja sogar brillant. Du hast ihn kennen gelernt, Victor. Nun ist er tot. Gescheitert an der Überheblichkeit seiner Wünsche. Ich kann euch nur warnen, niemals das anzustreben, was euch nicht zusteht. Aber... nun, eigentlich habe ich da auch keine Befürchtungen. Doch achtet auf die anderen! Nicht jeder mag sich so demütig und bescheiden verhalten wie ihr.
Wen meinst du?, fragte Leandra besorgt, während in Victors Kopf der Gedanke an Quendras aufblitzte.
Niemand im Besonderen, sagte Ulfa. Ich möchte, dass ihr wachsam seid. Vergesst nie - ich bin zwar ein geistig übergeordnetes Wesen, aber ich bin weder allmächtig noch allwissend. Ich habe selbst schon viele Fehler begangen. Ich kann euch nur manchmal Hinweise geben oder versuchen, etwas zu- bewirken, wenn ich Gefahren nahen sehe. Tirao nach Savalgor zu schicken war keine große Tat - nichts, was gewaltige Allmacht oder Allwissenheit vorausgesetzt hätte. Verlasst euch also nicht darauf, dass ich immer und in jedem Fall zur Stelle bin und alle Probleme löse. Und vor allem: dass ich alles richtig mache!
Leandra und Victor saßen schweigend da. Ulfas Offenbarungen waren eher verwirrend als aufschlussreich. Aber er beschrieb er sich ja auch als ein von Fehlern behaftetes Wesen. Das erleichterte es Leandra, ihre Rolle anzunehmen, in der sie ebenfalls Schwächen zeigen durfte. Sie war demnach eine fehlerhafte Zufallsheldin. Diesen Titel konnte sie schon leichter schlucken als den der Legende, den ihr der Hochmeister einst anheften wollte. Ein Fehler seinerseits. Sie lächelte in sich hinein. Alle machten Fehler. Wie schön.
Der eigentliche Grund, aus dem ich hier bin, ist aber, euch zu warnen, sagte Ulfa.
Uns warnen?
Ja. Vor Sardin. Während ich das Eintreten bestimmter Ereignisse oft gut voraussagen kann, zählen sein Handeln und seine Gedanken zu den Dingen, die mir fast völlig verschlossen sind. Allein mit meinem Gefühl kann ich versuchen zu ergründen, was er im Sinn hat. Und dieses Gefühl warnt mich jetzt. Sardin plant etwas. Seid auf der Hut vor ihm, vor seinen Tricks und Machenschaften. Er hat nicht euer Scheitern im Sinn - aber auch nicht euer Heil. Ihm geht es ausschließlich um seine eigenen Pläne.
Victor nickte. Ja. Bei aller Bescheidenheit: Das war mir vollkommen klar!
Leandra stöhnte. Du meinst, wir sollen ihn meiden?
Ja. Eigentlich wäre es das Beste.
Aber... wir brauchen den Pakt!
Ich weiß. Und deswegen müsst ihr dennoch zu ihm. Aber gebt Acht, dass ihr ihm keine Zugeständnisse macht. Lasst euch auf keinen Handel mit ihm ein, sonst wird allein er den Vorteil davontragen! Ich weiß nicht, was er sich davon erwartet, dich zu sehen, Leandra, und ich glaube auch, dass er die Drakken hier haben will, obwohl mir der Grund dafür ebenfalls verschlossen ist. Ich fürchte um die Freiheit unserer Welt, denn Sardin wird auf sie keine Rücksicht nehmen, wenn es darum geht, seine Pläne zu verwirklichen.
Damit entfaltete Ulfa seine Schwingen. Mehr kann ich euch im Augenblick nicht sagen. Versucht, nach eurem Herzen zu handeln. Dann werdet ihr das Richtige tun.
Er sprang in die Luft, wie Drachen es beim Start zu tun pflegten, und schoss in die Höhe. Augenblicke später schon war er aus ihrem Blickfeld verschwunden.
Leandra ließ sich wieder zusammensinken. Sie schmiegte sich seufzend an Victor.
»Weißt du, was ich am meisten an dir liebe?«, fragte er.
»Sag jetzt nicht, meine Fehler!«
»Doch. Genau das, mein Herz«, erwiderte er und küsste sie auf die Stirn.
27 ♦ Relikte
Sardins Turm war eine Enttäuschung. Denn er war nicht da.
Als Leandra die riesige dunkle Weite, die sich im Inneren des Turmes auftat, zum ersten Mal erblickte, wurde ihr ein bisschen übel. Wie schon Victor und Roya zuvor stand sie auf einer kleinen Rampe im Nichts, und vor ihr drehte sich in der unnennbaren Ferne im Innern des Turmes jenes seltsame, milchige Gebilde, in dessen Mitte Sardins Gesicht erschienen war. Es hing dort wie eine Spirale aus leuchtendem Nebel, die sich träge bewegte; kleine leuchtende Punkte umschwirrten sie, und sie schien in
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