Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Inspector Alan Banks 16 Im Sommer des Todes

Titel: Inspector Alan Banks 16 Im Sommer des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
Vom Netzwerk:
weitere Überlegung wert. Die Frage war: Hatte Soames verschwiegen, dass er über Barber und Kelly Bescheid wusste? Banks konnte es nicht sagen. Und wenn es Soames gewesen war, warum hatte er dann Barbers Sachen mitgenommen?
      Aber eigentlich hatte Banks das Gefühl, dass es die Story über die Mad Hatters war, die Barber das Leben gekostet hatte. Einen Grund dafür wusste er nicht. Wenn man nicht gerade etwas mit Soul oder Rap zu tun hatte, war Musik eigentlich kein mörderischer Beruf. Die Vorstellung, dass alternde Hippies mit Schürhaken durch die Gegend liefen und sie anderen über den Kopf zogen, wirkte ein bisschen weit hergeholt. Aber so war es geschehen. Die Suche nach einem zurückgezogen lebenden ehemaligen Rockstar hatte Nick Barber nach Yorkshire geführt. Dort hatte er ihn gefunden, und wenige Tage später war Barber tot, und all seine Aufzeichnungen, sein Handy und sein Laptop waren verschwunden.
      Banks bedankte sich bei Butler, sich Zeit genommen zu haben, und meinte, er käme vielleicht noch einmal auf ihn zurück. Butler brachte ihn zum Aufzug und suchte auf dem Weg dahin mehrere alte MOJO-Ausgaben heraus. Etwas klüger als vor dem Betreten von Mappin House begab Banks sich auf die geschäftige Oxford Street. Er stellte fest, dass er direkt vor einem HMV stand, und ging hinein.
     
     
    * Montag, 15. September 1969
     
    An jenem Montagabend war die Stimmung im Grove ziemlich gedämpft. Die Lampen waren ausgeschaltet, und auf den Tischen standen Kerzen. Yvonne saß mit Steve, Julie und ein paar anderen hinten in dem kleinen Raum, nahe der Tür. McGarrity war auch da, hielt sich zum Glück aber woanders auf. Zwischendurch erklomm er die Bühne und rezitierte Gedichte von 1. S. Eliot. Typisch für ihn, dachte Yvonne. Er kanzelte die Dichtversuche der anderen ab, besaß aber nicht genug Phantasie, selbst etwas zu schreiben. Es wurde von einem Konzert am vergangenen Samstag in Toronto gesprochen, wo John Lennon und Yoko aufgetaucht waren und mit einigen Rock-'n' -Roll-Legenden gespielt hatten. Vereinzelt redete man über die Morde in Los Angeles, aber die meisten Leute waren eher in sich gekehrt. Natürlich hatten sie am letzten Montag erfahren, was in Brimleigh geschehen war, und jetzt wusste jeder Bescheid. Der Name des Opfers hatte am Morgen in der Zeitung gestanden und war abends in den Nachrichten gefallen. Viele hatten Linda gekannt, zumindest vom Sehen oder Hörensagen.
      Yvonne war immer noch sprachlos über die LP mit den Autogrammen der Mad Hatters, die ihr Vater ihr geschenkt hatte, bevor sie am Abend ausgegangen war. Sie konnte sich nicht einmal vorstellen, dass er mit dieser unglaublichen Band in einem Raum war, ganz zu schweigen davon, dass er die Hatters bat, ihm Autogramme auf ihrer LP zu geben. Aber momentan steckte der Alte voller Überraschungen. Vielleicht gab es noch Hoffnung für ihn.
      Abgesehen von McGarritys Eliot-Nummer, gehörte der Großteil des Abends den örtlichen Folkmusikern. Ein untersetztes, kurzhaariges Mädchen in Jeans und T-Shirt sang »She Walks Through the Fair« und »Farewell, Farewell«. Ein lockenköpfiger Troubadour mit einer Lücke zwischen den Vorderzähnen gab »The Trees They Do Grow High« und »Needle of Death« zum Besten, gefolgt von mehreren frühen Bob-Dylan-Stücken.
      Die Atmosphäre war gedrückt, und ohne dass es jemand sagen musste, wusste Yvonne, dass der Abend dem Abschied von Linda galt. Viele andere hier hatten sie weitaus besser gekannt als Yvonne; Linda hatte sogar mehrmals im Grove gesungen, wenn sie ihre Freunde in Leeds besuchte. Alle hatten sich immer auf ihr Kommen gefreut. Yvonne wäre gerne so gewesen wie Linda, ein Mensch mit einer großen Ausstrahlung, zu dem sich andere hingezogen fühlten. Doch Yvonne konnte nicht vergessen, dass sich jemand so stark von Linda angezogen gefühlt hatte, dass er sie tötete.
      Sie dachte an das Foto, das ihrem Vater aus der Aktentasche gefallen war: Linda mit ausdruckslosem Gesicht und leeren Augen. Die traurige kleine Kornblume auf ihrer Wange, die tote Linda, nur eine Hülle, ihr Geist auf dem Weg zum Licht.
      Yvonne merkte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen, während sie gedankenverloren den traurigen Liedern von früher lauschte, Balladen von Mord und Verrat, von übersinnlicher Liebe, Verwandlungen, von Unglück zur See und verschwendeter Jugend. Eigentlich durfte Yvonne nichts trinken, doch im Grove ging sie ohne weiteres für achtzehn durch, und Steve brachte ihr

Weitere Kostenlose Bücher