Kerzenlicht Für Eine Leiche
nichts heißen.«
»Das ist mir durchaus bewusst. Aber Partytime ist die einzige Spur, durch die ich mehr über Kimberleys Bewegungen in den letzten Monaten ihres Lebens erfahren kann. Ich muss jeder noch so kleinen Einzelheit nachgehen. Wir suchen noch immer nach ihrer Mutter. Sie wohnt nicht mehr an ihrer alten Adresse in Wales, und sie wird uns wahrscheinlich keine Hilfe sein. Das letzte Mal, als wir bei ihr vorstellig wurden, vor zwölf Jahren, als Kimberley verschwand, da war ihre einzige Sorge, einen Skandal zu vermeiden und ihre Ehe nicht zu gefährden. Wir wissen nicht, wie sie die Nachricht vom Tod ihrer Tochter aufnehmen wird. Vielleicht ist sie sogar erleichtert, wer weiß.«
»Sie scheint eine lausige Mutter zu sein.«
»Sie war erst sechzehn, als Kimberley geboren wurde. Wenn man Daisys Worten glauben darf – ich sage nicht, dass sie lügt, aber sie ist eine alte Dame –, dann war Susan Oates ein verzogenes Gör. Trotzdem war es unangenehm für sie, als Kimberley verschwand und die Polizei vor ihrer Tür auftauchte, um zu fragen, ob sie ihre Tochter gesehen hätte. Ihr damaliger Ehemann – vielleicht ist er es heute noch – hatte nichts von dem unehelichen Kind gewusst. Sie hatte Angst um ihre Ehe. Wenn Menschen Angst haben, legen sie oftmals Verhaltensweisen an den Tag, die in den Augen anderer schlimm aussehen.« Manchmal verlieren solche Menschen völlig den Kopf, dachte er. Nach einem Augenblick sagte Meredith:
»Wenn du am Montag zur Beerdigung der alten Mrs. Gresham gehst, komme ich mit.« Er blickte sie von der Seite her an.
»Schön. Dann hole ich dich um elf Uhr bei dir zu Hause ab.« Sie waren am Stadtrand von Bamford angekommen. Die ersten Straßenlaternen beleuchteten den Weg, und Alan blendete die Scheinwerfer ab. Auf dieser Seite der Stadt war ein neues Gewerbegebiet entstanden. Die Bürger hatten es mit gemischten Gefühlen begrüßt. Auf der einen Seite waren dringend notwendige Arbeitsplätze entstanden, doch auf der anderen Seite standen die modernen, nüchternen Werkstätten, Lagerhäuser und Büros wie Fremdkörper in der Landschaft und hatten den Verlust alter Wälder und Äcker bedeutet. Meredith erinnerte sich, dass Lars Holden sich sehr für dieses Entwicklungsprojekt eingesetzt hatte. Arbeitsplätze waren Wählerstimmen. Vielleicht wurde Alans Erinnerung ebenfalls vom Anblick der schmucklosen Gebäude mit den leeren Fenstern und den flackernden Sicherheitslampen über leeren Schreibtischen und Theken angeregt. Düster sagte er:
»Lars ist voll guter Absichten. Aber wie sagt das Sprichwort so schön: Der Weg zur Hölle ist gepflastert mit guten Absichten.« Meredith lehnte den Kopf gegen die Kopfstütze. Sie erinnerte sich, wie Alan davon gesprochen hatte, dass die Holdens Wald und Grundstücke verkauft hatten. War es möglich, dass Lars Holden aus dem Entwicklungsprojekt mehr als nur Wählerstimmen gewonnen hatte? Vor zehn Jahren waren die Grundstückspreise in dieser Ecke der Welt astronomisch gewesen. Wem hatte das Land gehört, auf dem sich jetzt das Gewerbegebiet befand?
»Er ist nicht das, was er im ersten Augenblick zu sein scheint, nicht wahr?«, sagte sie langsam.
»Ich meine, der erste Eindruck ist der eines offenen, ein wenig plumpen Burschen. In Wirklichkeit steckt mehr dahinter. Die Politik verlangt nach einer gewissen Verschlagenheit. Ich frage mich, ob Angie das bereits gemerkt hat.« Sie bogen in die Statin Road ein, wo Merediths bescheidenes Haus stand. Unvermittelt sagte Alan:
»Ich frage mich, was Margaret wegen ihrer Rivalin unternehmen wird. Sie ist nicht die Sorte Frau, die sich kampflos geschlagen gibt.« Er schaltete den Motor aus.
»Pass auf, was hinter deinem Rücken geschieht, Angie Pritchard.«
»Das ist ihr Problem, nicht unseres«, entgegnete Meredith entschieden. Sie hatten nicht so viel gemeinsame Zeit, als dass sie sie mit Spekulationen über Lars Holden und seine Frauen verschwenden konnten.
»Dieses Outfit gefällt mir«, sagte er später über ihr schwarzes Crêpe. Meredith, die gerade dabei war, es abzustreifen, hielt inne.
»Ich dachte, ich sehe darin aus wie eine Nonne.«
»Glaub mir, der Anblick einer Nonne hat mich noch nie angemacht. Aber du in diesem Kleid – ja. Und in den schwarzen Strümpfen.«
»Ich denke, Angie sah auch sehr glamourös aus.«
»Die affektierte Pritchard? Keine Chance.« Einige Zeit später sagte sie in der Dunkelheit:
»Dieser Fall … es ist einer von diesen besonderen, nicht wahr? Einer von
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