Komplott
kannte Viola Vander-Browne.«
»Tatsächlich?«
»Ja, wir sind zusammen auf die Schule gegangen, in eines von diesen teuren Mädcheninternaten.«
»Waren Sie gut miteinander befreundet?«
»Wir kannten uns, das war alles. Und hier in London sind wir uns dann Jahre später zufällig über den Weg gelaufen und haben uns dann ein paarmal zum Tee oder auf ein Glas Wein getroffen.«
»Kannten Sie denn männliche Freunde von Miss Vander-Browne?«
»Nein. Aber ich weiß, dass Miss Partridge, meine Chefin, sehr wütend auf Viola war.
So wütend, dass ich mich schon gefragt habe, ob sie viel eicht etwas mit dem Mord an ihr zu tun hat.«
»Warum war sie denn wütend auf Miss Vander-Browne?«
»Weil Viola ein ziemlich lockeres Leben führte. Man soll ja über Tote nichts Schlechtes sagen, aber sie hat einen Haufen Geld verdient, indem sie hin und wieder eine Nacht mit einem reichen Mann verbracht hat. Wahrscheinlich brauchte sie das Geld für ihren enorm aufwendigen Lebensstil.«
»Wie oft hat sie denn diese reichen Männer empfangen?«
»Nur drei- bis viermal im Jahr, soviel ich weiß. So genau hat sie es mir nie erzählt.
Aber Sie dürfen Miss Partridge auf keinen Fall sagen, dass ich mit Ihnen über das gesprochen habe, was sie mir über Viola gesagt hat. Sie würde dann nämlich alles daran setzen, dass ich meinen Job verliere, den ich dringend brauche.«
»Von mir erfährt sie kein Sterbenswörtchen. Aber darf ich meinem Chef mitteilen, was Sie mir eben gesagt haben? Er leitet die Ermittlungen im Mordfall Vander-Browne.«
»Sagen Sie es ihm ruhig. Ich vertraue Ihnen«, erwiderte Coral und trank ihren Kaffee aus. »Vielleicht wollen Sie mich ja mal besuchen, dann können wir ausführlicher miteinander reden. Meine Wohnung ist nicht weit von hier. Hier, nehmen Sie meine Visitenkarte.«
»Vielen Dank«, sagte Paula und steckte die Karte ein.
»Da ist alles drauf: Adresse, Telefonnummer, Handynummer.«
Coral bestand darauf, Paula zu ihrem Kaffee einzuladen, und zahlte die Rechnung.
Als sie auf die Straße hinaustraten, sagte sie: »Wenn Sie wollen, können Sie mich noch zu meiner Wohnung begleiten.«
»Sehr gern«, sagte Paula.
Es dauerte nicht lange, bis sie an einen schmalen, drei Stockwerke hohen Neubau kamen. Vermutlich hatte hier mal ein altes Haus gestanden, das im Zuge der Stadterneuerung abgerissen wurde, dachte Paula.
»Die Miete ist zwar horrend hoch, aber mir gefällt die Lage. Nach hinten raus ist es sehr ruhig. Sehen Sie das Fenster hier im ersten Stock? Das gehört zu meinem Wohnzimmer. Ich habe mir eine Milchglasscheibe einsetzen lassen, weil der Ausblick auf die Straße sowieso nicht sonderlich schön ist.«
Beim Anblick des Fensters lief Paula ein Schauder über den Rücken. Auch das blutbespritzte Fenster in Viola Vander-Brownes Wohnung war aus Milchglas gewesen.
»Hier ist meine Karte«, sagte sie und zwang sich zu einem Lächeln. »Rufen Sie mich an, wann immer Sie wollen. Wenn ich nicht da bin, sprechen Sie mit Monica im Sekretariat. Sie müssen ihr nur Ihren Vornamen nennen, dann weiß sie schon Bescheid.«
»Vielen Dank für das Angebot«, sagte Coral und gab ihr die Hand. »War schön, Sie kennenzulernen. Hoffentlich sehen wir uns recht bald wieder.«
»Ich habe hier ein Foto, das möglicherweise Viola Vander-Brownes Mörder zeigt«, sagte Tweed gerade ins Telefon, als Paula ins Büro zurückkam. Außer ihm waren noch Newman und Nield im Büro, die sich böse ansahen.
Tweed hielt die Sprechmuschel mit einer Hand zu und sagte zu Paula: »Ich spreche gerade mit Chief Inspector Hammer.« Dann nahm er die Hand weg und fuhr fort: »Ja, vom Mörder…«
»Was?« Die Stimme aus dem Telefon war so laut, dass alle im Raum sie hören konnten.
»Sie haben mich schon verstanden«, sagte Tweed mit ruhiger Stimme. »Ich schicke es Ihnen per Kurier hinüber zum Scotland Yard, damit Sie es begutachten können. Nein, ich habe keine Ahnung, wer mir den Umschlag mit dem Foto in den Briefschlitz gesteckt hat. Die Aufschrift auf Umschlag und Foto ist in extra krakeligen Großbuchstaben und hat mehrere Rechtschreibfehler, die mir aber absichtlich eingefügt erscheinen. Ja, wir haben alles auf Fingerabdrücke untersucht und keine gefunden.
Aber jetzt muss ich wirklich Schluss machen. Tut mir leid. Auf Wiederhören.«
»Warum schicken Sie ihm denn das Foto?«, fragte Paula und deutete auf die Aufnahme.
»Weil er genauso wie ich diesen Fall untersucht. Ich mag ihn zwar nicht besonders, aber ich
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